Recyclingquoten führen zu "grotesken Kapriolen"

Würzburger Verpackungsforum diskutiert neue Wege für die Abfallentsorgung

Auf dem fünften Würzburger Abfallforum, organisiert vom Witzenhausen-Institut, hat Professor Peter Michaelis vom Sachverständigenrat für Umweltfragen eine Abkehr von staatlichen Quotenvorgaben für das Recycling von Verpackungen gefordert. „Über Verwertungsquoten versucht der Gesetzgeber, bestimmte Recyclingmengen zu erzwingen, die der Markt bei den gegebenen Preisen nicht freiwillig erzeugt“, betonte Michaelis in seinem Vortrag vor rund 250 Fachleuten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Medien. Wenn man staatlich erzwungene Verwertungsaktivitäten nur mit Subventionen leisten könne, entstünden Ausweichreaktionen. Das könne man am Kunststoffrecycling des Grünen Punktes erkennen.

„Über die an das Duale System (DSD) gezahlten Lizenzgebühren werden nicht nur Sammlung und Sortierung finanziert, sondern auch Subventionen für die Verwertung von Plastikverpackungen“, so Michaelis. Es sei aber nicht immer möglich, den tatsächlichen Verbleib der zur Verwertung abgegebenen Kunststoffabfälle lückenlos nachzuprüfen. „Das lockt auch unseriöse Anbieter in den Markt, die die Subvention mitnehmen und die Kunststoffabfälle dann anderweitig entsorgen“, kritisierte Michaelis. Der Umweltrat nehme deshalb in seinem neuen Umweltgutachten eine sehr distanzierte Position ein zu dem Versuch, Abfallströme durch Vorgabe von Quoten in bestimmte, vorab definierte Entsorgungswege zu lenken. Besser wäre es, auf hohem Niveau harmonisierte Umweltstandards festzulegen und die dann noch verbleibenden Umweltbelastungen durch die Erhebung von Abgaben zu internalisieren.

Der administrativ induzierte Überhang des Angebots an Sekundärrohstoffen verführt auch nach Auffassung von Wolfgang Schertz, Vorstandschef der Landbell AG in Mainz, zu grotesken Kapriolen. „Negativpreise etwa für Altkunststoff verderben gleichermaßen Charakter, Gewissen und Rohstoffmärkte im Inland und im Ausland. Da der Grüne Punkt als Umsetzungsinstrument der Verpackungsverordnung zwangsläufig an einem Maximum an Lizenzeinnahmen interessiert war, gab es und gibt es bis heute kaum eine nennenswerte Vermeidung von Verpackungen. Etwaige Rückgänge sind überwiegend konjunkturell bedingt“, monierte Schertz in seinem Referat. Was der Markt nachfrage, soll er sich holen. „Der Staat verordnet das Sammeln, die Wirtschaft muss schauen, was sie damit macht“. Hier liege der Kern der Produktverantwortung, die sich auf alles Produzierte beziehe und nicht nur auf Verpackungen, die nur einen geringen Anteil des Gesamtmülls ausmachten.

Die Reduzierung der Umweltdebatte auf Verpackungen sei ein Stellvertreterkrieg, greife zu kurz und führe zu Verwerfungen. Das könne man am Beispiel der Glashütten erkennen. „Dort werden teils vereint und teils getrennt diverse Sekundärrohstoffströme angeliefert: Scherben aus der Mehrweggebindeabfüllung, Scherben von Altglas-Sammelgefäßen aus nicht bepfandeten Verpackungen wie Senf- und Marmeladegläsern, Pfandflaschen aus der Abfüllung carbonisierter Erfrischungsgetränke, Bierflaschen aus der Automatenrücknahme oder manuellen Rücknahme, Einweggebinde aus dem Kastenverkauf, Spezial- und Laborglas und auch Flachglas. Das alles teilweise farbgetrennt. Im Schmelzofen vereinigt sich vieles inniglich“, so Schertz. Ideal wäre es, wenn nicht die Verpackung, sondern die darin enthaltenen Sekundärrohstoffe in einer Gesamtschau aller Rohstoffe zu Bündeln gleicher Verwertungswege zusammengefasst würden. „Der Staat sollte nicht die Wege und Verfahren, sondern die Ziele vorgeben und lediglich indirekte Lenkungsmittel einsetzen“, forderte Schertz.

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Gunnar Sohn pressetext.deutschland

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