3,5 Millionen Euro für innovativen vorbeugenden Hochwasserschutz

Naturkatastrophen mit natürlichen Maßnahmen die bedrohlichen Spitzen nehmen

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück, setzt konsequent fort, was sie mit ihrem 2,8 Millionen schweren Sofortprogramm nach der Flutkatastrophe im letzten Sommer begonnen hat: 3,5 Millionen Euro hat sie 2003 in neun innovative Ideen zum vorbeugenden Hochwasserschutz investiert. Auf einer Pressekonferenz in Dresden stellte Dr. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der DBU, heute gemeinsam mit Prof. Dr. Irene Schneider-Böttcher, Präsidentin der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft (Dresden), und Prof. Dr. Friedhelm Sieker von der Universität Hannover, Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und landwirtschaftlichen Wasserbau, eines dieser Projekte vor. „Hier wird erstmals das gesamte Einzugsgebiet eines Flusses, das der sächsischen Mulde, hinsichtlich seines bisher ungenutzten Wasserrückhalts bewertet“, so Brickwedde. Auf Grundlage der gewonnen Erkenntnisse könnten zukunftsfähige Konzepte zum vorbeugenden Hochwasserschutz entwickelt und umgesetzt werden.

Drei Institute der Universität Hannover widmen sich gemeinsam mit der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft einem ganzheitlichen Ansatz zum vorbeugenden Hochwasserschutz. Am Beispiel der Mulde soll demonstriert werden, dass es auf land- und forstwirtschaftlichen, aber auch auf Siedlungs- und Verkehrsflächen große, bisher nicht ausgeschöpfte Potenziale für den Hochwasserschutz gibt. Das Institut für Wasserwirtschaft erstellt für das Flussgebiet sogenannte „Potenzialkarten“, die den theoretisch möglichen Wasserrückhalt darstellen. Auf Basis dieser Karten werden realisierbare Maßnahmen für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft und die Siedlungs- und Verkehrsflächenerwirtschaftung erarbeitet. Mithilfe von Niederschlags- und Abflusssimulationen ausgeprägter Hochwasserereignisse werden die gewählten Vorschläge bewertet. Das Institut für Landschaftspflege und Naturschutz kombiniert die Entwicklung von Biotopen mit den Potenzialkarten, um geeignete Gebiete und naturschutzfachlich sinnvolle Maßnahmen zur Hochwasservorsorge zu bestimmen. Die Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft bewertet verschiedene landwirtschaftlich genutzte Flächen bezüglich der Möglichkeiten, die sich hier für den Hochwasserschutz ergeben. Der Lehrstuhl für Ordnungs- und Prozesspolitik der Universität Hannover beschäftigt sich mit den Kosten, die diese Umstrukturierungen in der Landschaft erzeugen.

Auf diese Weise werden die Ausgaben für den vorbeugenden Hochwasserschutz vergleichbar mit denen des herkömmlichen, aber vor allem vergleichbar mit den Schäden, die eine erneute Katastrophe verursachen würde. Die DBU unterstützt die Partner mit 497.000 Euro.

In enger Zusammenarbeit mit diesem Projekt beschäftigt sich ein weiteres der Technischen Universität Bergakademie Freiberg mit dem Hochwasser- und Naturschutz im Weißeritzkreis. Das Weißeritztal im Erzgebirge wird von den Flüssen Rote und Wilde Weißeritz geprägt. Es gehörte im August 2002 zu den am stärksten von der Flut betroffenen Gebieten in Sachsen. Zukünftig seien bei großen Niederschlagsmengen daher ähnliche Katastrophen möglich, dieses Risiko gelte es zu minimieren. Bei den zu ergreifenden Maßnahmen muss der Naturschutz stark eingebunden werden, da Teile des Gebietes als FFH-Gebiete (Fauna-Flora-Habitat-Gebiete) unter besonderem Schutz stehen. Zunächst sollen die Defizite der betroffenen Landstriche kartiert werden. Ein Abflussmodell soll helfen, Problemzonen im Wasserabfluss zu entlarven, um in diesen Gebieten die Maßnahmen zum vorbeugenden Hochwasserschutz zu bündeln. Durch einen intensiven Austausch der beteiligten Partner soll ein Abgleich von naturschutzfachlichen Maßnahmen mit Maßnahmen, die dem Hochwasserschutz dienen, erreicht werden. Angedacht sind eine Erhöhung des Grünlandanteils auf Kosten von Ackerflächen oder die Neuanlage von Steinrücken. Hier könne jeder von den Ergebnissen des anderen profitieren und die Verbesserung für die Hochwassergebiete somit schneller vorangetrieben werden. Die DBU fördert dieses Projekt mit 295.000 Euro.

Gemeinsam mit dem Landesverein Sächsischen Heimatschutz e. V. (Dresden) und dem Sächsischen Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft will das Institut für Allgemeine Ökologie und Umweltschutz der Technischen Universität (TU) Dresden in den bewaldeten Durchbruchstälern von Müglitz, Trebnitz und Gottleuba im Osterzgebirge ökologisch und ökonomisch vertretbare Initial- und Pflegemaßnahmen zur naturschutzgerechten Waldbehandlung und Hochwasservorsorge durchführen. „Mit diesem Projekt begeben sich die drei Partner direkt in ein ausgeprägtes Hochwasserentstehungsgebiet.

Es gilt, hier die Ursachen durch forstwirtschaftliche und naturgerechte Maßnahmen einzudämmen“, so Brickwedde. Die DBU unterstützt dieses Vorhaben mit 421.000 Euro. Gegenwärtig besitzen die meisten Flusseinzugsgebiete des Osterzgebirges, aber auch vieler weiterer Gebirge, ein deutlich eingeschränktes Vermögen, große Niederschläge aufzunehmen. Ursächlich an dieser Entwicklung beteiligt sind intensive land- und forstwirtschaftliche Eingriffe in die Natur in der Vergangenheit, die geringe Bewaldung sowie eine nicht dem Standort angemessene Waldstruktur aus gebietsfremden Baumarten wie der Fichte. In einer Projektvorphase, die von der DBU mit 72.000 Euro unterstützt wurde, entwickelte die TU ein Konzept, diese Missstände zugunsten eines vorbeugenden Hochwasserschutzes zu beseitigen.

Doch nicht nur in Sachsen beschäftigen sich Projektpartner der DBU mit dem vorbeugenden Hochwasserschutz. Auch in Hessen, Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden insgesamt sechs Vorhaben unterstützt. So widmet sich der Naturschutzbund Deutschland (NABU) der Revitalisierung des Rheins an drei Flussabschnitten. In einer ebenfalls von der DBU geförderten Vorphase wurden konkret umsetzbare Maßnahmen mit Modellcharakter erarbeitet. Jetzt, mithilfe einer DBU-Unterstützung von 540.000 Euro, werden bis zu 18 dieser entwickelten Ideen umgesetzt. „An einer der meist befahrenen Binnenwasserstraße Europas soll wieder Raum für naturnahe Flussbett- und Uferstrukturen geschaffen werden“, erläuterte Brickwedde. So sollen Uferbefestigungen wie Steinpackungen und -schüttungen zurückgebaut und durch naturnahe Ufer- und Biotopstrukturen ersetzt werden. Dem Fluss solle ein Teil seines geraubten Raumes wiedergegeben werden, ohne die wichtige Funktion des Rheins als sichere Wasserstraße zu gefährden.

In Niedersachsen realisiert der Verein zur Revitalisierung der Haseauen (Meppen) gemeinsam mit dem Landkreis Emsland den Wiederanschluss von zwei Altarmen der Hase bei Haselünne. Die Fließstrecke der Hase wird dadurch um mehr als drei Kilometer verlängert, und durch die Umstrukturierung der ufernahen Flächen werden neue Wasserrückhalteflächen in der Größe von 600.000 Kubikmetern geschaffen. „Die Verlängerung des Flusslaufes wirkt sich positiv auf die Geschwindigkeit des Wassers aus, das durch den verlangsamten Ablauf zugleich weniger Bodenerosion im Flussbett verursacht“, hob Brickwedde hervor. Zukünftigen Sommerhochwässern, die als natürliches Phänomen jedes Jahr auch weiterhin auftreten werden, werde durch die zusätzlich geschaffenen Flächen mehr Raum gegeben und so dem Hochwasser die Spitzen genommen, die vor allem die Städte Haselünne und Meppen bedrohen. Auch aus Sicht des Naturschutzes sei ein Wiederanschluss der seit 1934 als Stillgewässer etablierten Altarme sehr wünschenswert. Die DBU greift dem Verein zur Revitalisierung der Haseauen mit 520.000 Euro unter die Arme.

Media Contact

Franz-Georg Elpers DBU

Weitere Informationen:

http://www.dbu.de

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