Wie die dörfliche Wasserversorgung zum Schutz der Regenwälder beiträgt

DFG-Förderung für den SFB „Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indoniesien“

Weltweit wird die Vernichtung tropischer Regenwälder mit großer Sorge betrachtet. Besonders gefährdet sind, so Wissenschaftler der Universität Göttingen, die Waldränder. Besiedelung, Rodung, Holzeinschlag und Landwirtschaft bedrohen diese „sensibelsten Bereiche des gesamten Ökosystems“, deren Zustand Einfluss auf alle Prozesse des Waldes hat, so Prof. Dr. Gerhard Gerold, bisheriger Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien“. Im SFB 552 werden seit drei Jahren die Wechselbeziehungen zwischen ökologischen Anforderungen, ökonomischen Rahmenbedingungen und sozialen Faktoren im Lore-Lindu-Nationalpark und den angrenzenden Regionen auf der indonesischen Insel Sulawesi analysiert. Auf der Basis dieser Ergebnisse entwickeln die Göttinger Wissenschaftler mit ihren Kollegen vor Ort die Grundlagen für nachhaltige Landnutzungskonzepte, die einerseits die Lebenssituation der dörflichen Bevölkerung berücksichtigen und andererseits eine Stabilisierung der Waldrandgebiete mit dem Erhalt der Artenvielfalt und dem Schutz der Stoffkreisläufe zum Ziel haben. Nach der Begutachtung des Sonderforschungsbereichs durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Frühjahr 2003 hat inzwischen die zweite dreijährige Förderphase begonnen. Die DFG stellt dafür Fördermittel in Höhe von 3,7 Milionen Euro zur Verfügung.

Eine starke Bevölkerungszunahme hat in Indonesien in den vergangenen Jahren zu einem wachsenden Landbedarf geführt. „Mit der zunehmenden Zahl der Landnutzer können die bisherigen Formen einer nachhaltigen Brandrodung mit langer Brachdauer immer seltener praktiziert werden“, erläutert Prof. Gerold, der die Abteilung Landschaftsökologie am Geographischen Institut der Universität Göttingen leitet. Ein weiteres Problem: Viele der in die feuchten Waldzonen eingewanderten Siedler kennen die alten Methoden konservierender Bodennutzung nicht und neigen dazu, die Baumvegetation vollständig zu entfernen. Der Wissenschaftler: „Wenn der Zyklus zur Erholung der Bodenfruchtbarkeit und die natürliche Unkrautkontrolle unterbrochen werden, verwandeln sich ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen mit der Zeit in kaum nutzbares Grasland, das in Indonesien heute schon eine Größe von 8,5 Millionen Hektar erreicht hat.“ Die Folge: Die Bauern sehen sich gezwungen, immer neue Waldflächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Mais oder Bohnen zu roden.

Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, arbeiten die Wissenschaftler im Sonderforschungsbereich an vier zentralen Fragestellungen. Im Projektbereich „Soziale und ökonomische Dynamik“ untersuchen sie die kulturgeographische und sozio-ökonomische Entwicklung der Region und die Situation der Menschen in ländlichen Haushalten. Das Projektgebiet umfasst 119 Dörfer mit rund 24.000 Haushalten. Bereich zwei befasst sich mit dem „Wasser- und Nährstoffumsatz“ in der Waldrandzone. Wie sich das Artenspektrum, die Tier- und Pflanzenpopulationen und deren Wechselwirkungen im Ökosystem bei Eingriffen durch Landnutzung entwickeln, steht im Mittelpunkt des dritten Bereichs „Biodiversität“. Der vierte Projektbereich trägt den Titel „Landnutzungsmodellierung“. Hier beschäftigten sich die Wissenschaftler mit der integrativen Modellierung der Landnutzungsentwicklung und der Szenarienentwicklung zu den ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen, die in den untersuchten Randgebieten ablaufen und diese dauerhaft verändern. Prof. Dr. Manfred Zeller, der seit Juli dieses Jahres Sprecher des Sonderforschungsbereiches ist: „Unsere Forschungsergebnisse werden nicht direkt in Entwicklungsprogramme umgesetzt. Sie sind aber für die staatliche Regionalplanung und die entwicklungsorientierten Organisationen von erheblicher Bedeutung, die in den Waldrandgebieten tätig sind und dort komplexe Probleme im Schnittfeld von Ökonomie, Ökologie, und sozialer Gerechtigkeit zu lösen haben, ohne jedoch über entsprechende wissenschaftlich basierte Informationen und Mittel für eine eingehende Analyse der Region zu verfügen.“

Koordiniert werden die Forschungsarbeiten im Tropenzentrum der Universität Göttingen, das über langjährige Erfahrungen mit internationalen Kooperationen verfügt und enge Beziehungen zu Indonesien aufgebaut hat. Kooperationspartner vor Ort sind Wissenschaftler der Universität Bogor auf der Insel Java, zu der bereits seit mehr als zehn Jahren über das Tropenzentrum intensive Lehr- und Forschungskontakte bestehen, Nachwuchsforscher der regionalen Hochschule Tadulako in Palu sowie Experten verschiedener außeruniversitärer agrar- und forstwissenschaftlicher Forschungseinrichtungen in Indonesien. Am SFB 552 ist außerdem die Universität Kassel beteiligt. Kennzeichnend für den Sonderforschungsbereich sind die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Gesellschafts- und Naturwissenschaftlern, die Einbindung lokaler Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen und die Einbeziehung der Bevölkerung im Projektgebiet. Nach Angaben von Prof. Zeller haben die Bewohner der Region die Möglichkeit, „einheimisches Wissen und lokale Prioritäten in allen Phasen des Forschungsprozesses einzubringen“.

Eine Reihe wichtiger Forschungsergebnisse können die Wissenschaftler am Sonderforschungsbereich „Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien“ bereits vorweisen, wie Prof. Gerold und Prof. Zeller am Beispiel der Wasserversorgung deutlich machen: In einem Dorf am Rand des Lore-Lindu-Nationalparks haben die Forscher die Verfügbarkeit und die Qualität des Wassers mit Blick auf bewaldete und gerodete Flächen untersucht, den Wasserverbrauch in verschiedenen Haushalten erfasst sowie Gründe und Formen der Landnutzung ermittelt. Die Ergebnisse dieser hydrologischen und sozio-ökonomischen Untersuchungen wurden in gemeinsamen Szenarien verknüpft, um die Auswirkungen der fortschreitenden Waldrodung abzuschätzen und Aussagen über die zukünftige Wasserverfügbarkeit und -qualität zu treffen. Die Szenarienmodellierungen werden lokalen Organisationen zur Verfügung gestellt, damit sie diese Erkenntnisse in ihre Umweltbildungsprogramme einfließen lassen. Prof. Gerold: „Wenn das Interesse der lokalen Bevölkerung an einer gesicherten Wasserversorgung zum Schutz des Regenwaldes beiträgt, können damit auch weitere Ziele wie etwa der Erhalt der biologischen Vielfalt besser erreicht werden.“

Informationen über den SFB 552 können im Internet unter www.storma.de abgerufen werden.

Kontaktadressen:

Prof. Dr. Manfred Zeller
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Institut für Rurale Entwicklung
Waldweg 26, 37073 Göttingen
Tel. (0551) 39-3901, Fax (0551) 39-3076
e-mail: m.zeller@agr.uni-goettingen.de
Internet: www.gwdg.de/~uare/

Prof. Dr. Gerhard Gerold
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Geowissenschaften und Geographie
Geographisches Institut
Abteilung Landschaftsökologie
Goldschmidtstraße 5, 37077 Göttingen
Tel. (0551) 39-8011, Fax (0551) 39-12139
e-mail: ggerold@gwdg.de
Internet: www.geogr.uni-goettingen.de/loe/index.html

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Marietta Fuhrmann-Koch idw

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