"Weidende Hirsche statt rollender Panzer" – ForschungsReport des Instituts für Agrartechnik Bornim (ATB)

Die Beweidung mit Wildtieren stellt eine interessante Möglichkeit zur Pflege von von Offenlandschaften dar. (Foto: ATB)

Truppenübungsplätze sind für den Naturschutz von außerordentlicher Bedeutung. Die offenen Flächen und zumeist nährstoffarmen Böden bilden einen idealen Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere. Doch diese Flächen erhalten sich nach Aufgabe der militärischen Nutzung nicht einfach von allein. Innerhalb eines Verbundprojektes hat eine Arbeitsgruppe aus dem Institut für Agrartechnik Bornim (ATB) in Potsdam untersucht, welche Pflegemaßnahmen sich aus ökonomischer Sicht anbieten, um die landschaftsökologische Substanz dieser Offenlandflächen zu erhalten. In der neuen Ausgabe des ForschungsReports stellen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse vor.

Die potenziell in Frage kommende Fläche ist enorm: Rund 200.000 Hektar sind in den letzten zehn Jahren in Deutschland aus der militärischen Nutzung entlassen worden, weitere Liegenschaften stehen zur Überführung in zivile Nutzung an. Darunter befinden sich häufig Biotope, die andernorts weitgehend verschwunden sind: offene Sandflächen, Trockenrasen oder Zwergstrauchheiden. Sorgten in der Vergangenheit Kettenfahrzeuge wie Panzer und ähnliches Gerät für die Offenhaltung der Flächen, so müssen nach Abzug des Militärs andere Maßnahmen ergriffen werden, um eine Verbuschung des Geländes zu verhindern. In einem vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Projekt erarbeiten das Institut für Agrartechnik Bornim (ATB), die Universitäten Cottbus, Potsdam und Freiburg sowie das Naturkundemuseum Görlitz gemeinsam ein umfassendes Konzept zum Offenland-Management.

Die möglichen Pflegemaßnahmen sind vielfältig: Neben der maschinellen Bodenbearbeitung bietet sich auch die Beweidung mit verschiedenen Tieren an. Am verbreitetsten ist bislang die Schafbeweidung. Die laufenden Kosten sind hier allerdings relativ hoch und die Leistungen, etwa durch den Verkauf von Fleisch oder Wolle, gering. Denn aufgrund der kargen Vegetation kann meist nur mit genügsamen Extensivrassen gearbeitet werden, deren Lebendmassezunahme gering und deren Wolle von schlechter Qualität ist. Laut Berechnungen des ATB ist mit Kosten von 175-385 Euro pro Hektar zu rechnen, dem stehen nur 13-36 Euro Markteinnahmen gegenüber. Eine Schafbeweidung muss also mit relativ hohen Fördermitteln bezuschusst werden. Günstiger sieht die Beweidung mit robusten Rinderrassen oder eine weitgehend ungesteuerte Beweidung mit Wildtieren – Hirschen oder Mufflons – aus. Ziel dieses Ansatzes ist nicht das statische Konservieren eines bestimmten Zustandes, sondern die ungleichmäßige Rücknahme der Vegetationsentwicklung auf wechselnden Teilflächen, sodass Offenbiotope innerhalb der Areale an immer neuen Stellen entstehen. Ein beispielhaft untersuchtes, 164 Hektar umfassendes Wildfreigehege auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Glau (Brandenburg), das mit Rot- und Damhirschen, Mufflons und Islandpferden bewirtschaftet wird, kann unter günstigen Umständen in den nächsten Jahren sogar die Rentabilitätsschwelle erreichen. Die laufenden Kosten sollen durch Eintrittsgelder der Besucher, Spenden und künftig auch durch Einnahmen aus dem Verkauf von Wildbret gedeckt werden.

Auf Heideflächen bietet sich als Offenhaltungsmaßnahme das regelmäßige Mähen und Räumen an. Zwar sind diese Maßnahmen mit rund 300 Euro pro Hektar relativ teuer, der Verkauf des Aufwuchses kann aber die Kosten annähernd decken. Vergleichsweise preiswert ist mit 25-175 Euro/ha das Mulchen, bei dem der Aufwuchs in einem Arbeitsgang gemäht und zerkleinert wird und auf den Flächen verbleibt. Speziell für Calluna-Heiden ist das Abplaggen – also das Abtragen der obersten Rohhumus- und Wurzelschicht – eine Pflegemaßnahme, um einer Nährstoffanreicherung und Überalterung entgegenzuwirken. Die Kosten können hierfür allerdings bis zu 5.000 Euro/ha betragen.

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Dr. Michael Welling idw

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