Planktonwolken im Ozean

Wissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) haben jetzt einen Sonderband der renommierten meereskundlichen Fachzeitschrift „Deep-Sea Research II: Topical Studies in Oceanography“ zusammengestellt. Unter dem Titel „Mesoscale Physics, Biogeochemistry and Ecology of the Antarctic Polar Front, Atlantic Sector“ schildern Dr. Volker Strass, Prof. Dr. Ulrich Bathmann und Prof. Dr. Victor Smetacek, neue Erkenntnisse über das Ökosystem im Antarktischen Zirkumpolarstrom.

Satellitenaufnahmen des Antarktischen Zirkumpolarstroms zeigen vielfältige Wirbelstrukturen und wellenförmige Bänder, die aus Ansammlungen mikroskopisch kleiner Algen, dem so genannten Phytoplankton, bestehen. Diese Strukturen haben große Ähnlichkeit mit dem Verteilungsmuster von Wolken in der Atmosphäre, sind mit einer horizontalen Ausdehnung von wenigen hundert Kilometern aber kleiner als diese. Als Anfang der Nahrungskette und potenzielle Senke für das Treibhausgas Kohlendioxid sind solche Planktonwolken von großer Bedeutung. Warum sie entstehen, war bisher unbekannt. Mit dem Forschungseisbrecher „Polarstern“ reiste eine internationale und interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe von Meeres-Physikern, -Chemikern und -Biologen unter AWI-Leitung in die Mitte des Zirkumpolarstroms, um diese Wolken zu untersuchen. Der Sonderband von „Deep Sea Research“, Vol. 49, No. 18, fasst die Ergebnisse der Reise (4.12.95 – 24.1.96) zusammen.

Algenwolken in der Strömung

Der Zirkumpolarstrom ist das mächtigste Stromsystem der Erde. Die Messungen der Strömungsmuster im Südpolarmeer ergaben, dass sich das Phytoplankton in bestimmten Bereichen von Strombändern und Wellen aufhält.
„Das Auftreten von Planktonwolken im Ozean wird von Prinzipien der Strömungsdynamik bestimmt“, sagt Dr. Volker Strass, einer der Herausgeber. Entlang von Strombändern entwickeln sich Gebiete von Auf- und Abtrieb. Mit dem Auftrieb im Meer gelangen frische Pflanzennährsalze an die Oberfläche. Dort können die Algen sie bei der Photosynthese nutzen und sich stark vermehren. Ausgleichsströmungen zwischen Auf- und Abtrieb führen zu Schichtungen unterschiedlich dichter Wassermassen: Wärmeres Wasser gelangt an die Oberfläche, kälteres nach unten. Das wirkt der vom Wind getriebenen tiefen Verwirbelung des planktonreichen Oberflächenwassers entgegen, die in diesen Breiten eine große Rolle spielt. So kann das Phytoplankton in einer oberen Wasserschicht verbleiben und sich dort vermehren.

Zusammenspiel von Biologie und Physik

Die Untersuchung des Planktons aus verschiedenen Wassertiefen ergab, dass auch zahlreiche Kleinsttiere (Ruderfußkrebse) in diesen Wolken leben. Sie folgen den Planktonwolken und begrenzen durch ihren Fraß das Wachstum der Algen. „Ohne die Krebse wären die Planktonwolken noch dichter gewesen“, nennt Dr. Volker Strass ein wichtiges Ergebnis. Beobachtungen an Seevögeln zeigten darüber hinaus, dass Tiere am oberen Ende der Nahrungskette ebenfalls dem strömungsbedingten Verteilungsmuster folgen. Die Zusammensetzung des Planktons und die Dominanz einiger Algen- und Tierarten werden damit bestimmt durch physikalische Eigenschaften des Ozeans wie seine Temperatur, die Eindringtiefe des Sonnenlichtes und seine chemische Zusammensetzung.

Ausblick: Klima

Die Wissenschaftler am AWI untersuchen jetzt, wann die Wolken im Ozean „abregnen“. Erst beim Absinken des Planktons wird das aufgenommene Kohlendioxid langfristig im Meer oder am Meeresboden gespeichert. Da im Antarktischen Zirkumpolarstrom die Nährsalzkonzentration höher ist als anderswo, könnte dieses Gebiet als Kohlendioxid-Senke eine besondere Rolle bei globalen Klimaveränderungen spielen.

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Dipl.-Phys. Claudia Ratering idw

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