Daten für bessere Luft

Die Luftqualität in Europa wird hauptsächlich von anthropogenen (vom Menschen verursachten) Quellen negativ beeinflusst. Ein gewisser Anteil wird jedoch auch durch natürliche Quellen verursacht.

Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aus Wäldern und Wiesen übersteigen die Emissionen aus anthropogenen Quellen im Sommer teilweise sogar um das dreifache und tragen in Smogperioden erheblich zu hohen Ozonwerten bei.

Unter Führung der Universität Stuttgart optimierte ein internationales Konsortium renommierter Institute im EU-Forschungsprojekt NatAir die Berechnungsmethoden der Emissionen aus natürlichen und biogenen Quellen. Die Ergebnisse des Projektes unterstützen die EU-Kommission bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Europa und wurden in der aktuellen im April 2008 beschlossenen EU-Luftqualitätsrichtlinie berücksichtigt.

Vor allem im Zusammenhang mit den in vielen Ländern Europas zu beobachtenden Überschreitungen des Kurzzeitgrenzwertes für Feinstaub von 50 µg/m3 (Mikrogramm pro Kubikmeter) an mehr als 35 Tagen im Jahr spielen natürliche Quellen eine erhebliche Rolle. In Südeuropa führen oft Saharastürme zu stark erhöhten Werten. Und auch Seesalzaerosole, die sich vor der niederländischen Küste bei starkem Wind bilden, sorgen bis ins Ruhrgebiet für Überschreitungen der Grenzwerte.

Die Wissenschaftler entwickelten im Rahmen von NatAir verbesserte Berechnungsmethoden für die Emissionen aus natürlichen und biogenen Quellen auf der Basis von Auswertungen aktueller Messergebnisse und vorhandenen Daten. Untersucht wurden die Emissionen von Stickstoffoxiden, flüchtigen organischen Verbindungen, Methan, Schwefeldioxid, Ammoniak, Kohlenmonoxid, Staub verschiedener Partikelgröße, organisches Material und Seesalz sowie Dimethylsulfid, das von Ozeanen abgegeben wird.

Am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Uni Stuttgart stellten die Forscher dann auf Grundlage dieser verbesserten Berechnungsmethoden sowie von aktualisierten Eingangsdaten (beispielsweise Landnutzungskarten, Baumartenkarten und Bodendatenkarten) Emissionsdaten für Europa zusammen. Das Ergebnis waren Emissionsdatensätze von vier verschiedenen Jahren mit ihren jeweiligen meteorologischen Besonderheiten, dargestellt in einer räumlichen Auflösung von zehn Quadratkilometern und einer zeitlichen Auflösung von einer Stunde. Dabei bezogen die Stuttgarter Wissenschafter auch die Auswirkungen des Klimawandels anhand veränderter Temperaturprofile in Europa mit ein. Gemessene und modellierte Werte stimmen durch die gewonnenen Erkenntnisse nun deutlich besser überein, wie die Forscher beispielsweise bei den gemessenen und modellierten Überschreitungen des Acht-Stunden-Grenzwertes für Ozon zeigen konnten.

Die Ergebnisse des Projekts NatAir flossen nicht nur in die aktuelle EU-Luftqualitätsrichtlinie mit ein; die umfangreichen Emissionsdatensätze und die neuen Berechnungsmethoden dienen der EU auch als Grundlage für weitere Strategien zur Verbesserung der Luftqualität. Weitere Informationen zum Projekt NatAir (Improving and Applying Methods for the Calculation of Natural and Biogenic Emissions and Assessment of Impacts on Air Quality) unter http://natair.ier.uni-stuttgart.de/. Näheres zum Simulationsmodell CHIMERE mit dem beim Projekt NatAir die Daten berechnet wurden unter http://euler.lmd.polytechnique.fr/chimere/.

Ansprechpartner: Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung, Abteilung Technikfolgenabschätzung und
Umwelt der Universität Stuttgart, Prof. Dr.-Ing. habil. Rainer Friedrich, Tel. 0711/685-87812, e-mail:

rainer.friedrich@ier.uni-stuttgart.de; Dr.-Ing. Jochen Theloke, Tel. 0711/685-87856, e-mail: jochen.theloke@ier.uni-stuttgart.de

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Ursula Zitzler idw

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