Wirtschaftlichkeit des Ausbaus der Saale immer noch fraglich

Aus Sicht der Forscher ist es problematisch, wenn in dem eingeleiteten Raumordnungsverfahren die Prüfung auf der Grundlage einer veralteten und methodisch zweifelhaften Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgt.

Wenn die Prognose für die Transportmengen und die Schiffbarkeit von Elbe und Saale aktualisiert würde, dann könne dies ein deutlich schlechteres Nutzen-Kosten-Verhältnis ergeben als in einem Gutachten von 2004 zuletzt prognostiziert. In diesem Fall würde sich die Investitionssumme von 80 Millionen Euro dann nicht mehr lohnen, und die Pläne für den Bau eines Schleusenkanals bei Tornitz am Unterlauf der Saale sollten nicht weiter verfolgt werden.

2005 veröffentlichte das UFZ die Ergebnisse einer mehrjährigen Studie zum Ausbau der Saale. Die Forscher kritisierten darin massiv die mangelnde Transparenz der Bundesverkehrswegeplanung und der zugrunde liegenden Wirtschaftlichkeitsberechnungen.

Vor dem Hintergrund dieser Studie haben die Forscher das derzeit laufende Raumordnungsverfahren in den Blick genommen. In dem Verfahren soll geprüft werden, ob der Saaleausbau im öffentlichen Interesse liegt. Denn ob sich die 80 Millionen Euro teuren Investitionen an der Saale lohnen, hängt entscheidend von der Schiffbarkeit der Elbe ab. Nur wenn die Elbe genügend Wasser führt, ist die Saale mit dem Wasserstraßennetz verbunden. Wesentliche Grundlage für das Raumordnungsverfahren ist ein Gutachten der Firma PLANCO Consulting GmbH aus dem Jahre 2004 zur Wirtschaftlichkeit des Saaleausbaus.

In diesem Gutachten wird der Zusammenhang der Schiffbarkeit von Elbe und Saale nicht ausreichend berücksichtigt. Es wird dort nämlich unterstellt, dass an allen Tagen, an denen die Elbe in einem wirtschaftlichen Maße schiffbar ist, und das ist laut PLANCO nur an 230-260 Tagen im Jahr der Fall, das Transportpotenzial für die Schifffahrt auf der Saale tatsächlich realisiert wird. Unternehmen und Schifffahrtsverbände haben jedoch immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Belebung der Schifffahrt und damit die tatsächliche Verlagerung der Transporte an eine verlässliche, ganzjährige Schiffbarkeit gebunden sind.

Angesichts der nicht gesicherten Schiffbarkeit der Elbe ist zu erwarten, das viele Unternehmen der Schifffahrt in ihren Logistikkonzepten auch nach einem Ausbau der Saale keinen prominenten Platz einräumen. Zahlen unter anderem des Wasser- und Schifffahrtsamtes Magdeburg zeigen, dass sich die Befahrbarkeit der Elbe verschlechtert hat, und Untersuchungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zufolge steht zu befürchten, dass sich diese im Zuge des Klimawandels auch zukünftig weiter verschlechtern wird. Weiterhin wurden in dem PLANCO-Gutachten die Verlagerungsmöglichkeiten von der Straße auf die Schiene nicht ausreichend ausgelotet.

Die UFZ-Forscher halten es für problematisch, wenn in dem eingeleiteten Raumordnungsverfahren die Prüfung, ob der Saaleausbau den landesplanerischen Erfordernissen entspricht, auf der Grundlage einer zweifelhaften Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgt. Sie fordern vielmehr, die Transportmengenprognose unter der Maßgabe einer adäquaten Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen der Schiffbarkeit von Elbe und Saale zu aktualisieren und die Wirtschaftlichkeit neu zu berechnen. Die Forscher wären nicht überrascht, wenn sich dabei gegenüber dem veralteten Gutachten herausstellen würde, dass diese 80-Mio.-Euro-Investition aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist.

Weitere Informationen:
Dr. Bernd Klauer
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1702
http://www.ufz.de/index.php?de=1653
oder über die Pressestelle
Tilo Arnhold
Telefon: 0341-235-1269
E-mail: presse@ufz.de
Links:
Wissenschaftler kritisieren Bundesverkehrswegeplanung – Studie zum Saaleausbau zeigt Schwachstellen auf (Pressemitteilung vom 16. Juni 2005):
http://www.ufz.de/index.php?de=5742
Informationen des Wasserstraßen-Neubauamt Magdeburg zum Schleusenkanal Tornitz:
http://www.wsv.de/ftp/presse/00063_2008.pdf
http://www.wna-magdeburg.wsv.de/tornitz/index.html
Literatur:
Petry, Daniel; Klauer, Bernd mit Beiträgen von Döring, Thomas; Rauschmayer, Felix (2005):
Umweltbewertung und politische Praxis in der Bundesverkehrswegeplanung –
Eine Methodenkritik illustriert am Beispiel des geplanten Ausbaus der Saale.
Metropolis-Verlag, Marburg, 320 S.
http://www.metropolis-verlag.de/Umweltbewertung-und-politische-Praxis-in-der-Bundesverkehrswegeplanung/533/book.do

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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