Bürger akzeptieren Umweltzonen – Große Mehrheit macht mit

Die ersten zum Jahreswechsel in Deutschland eingerichteten Umweltzonen in Berlin, Köln und Hannover werden von der großen Mehrheit der Autofahrer offenbar akzeptiert. Diese vorläufige Bilanz zog die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), nachdem am Morgen „Feinstaub-Kontroll-Teams“ der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation ihre Arbeit aufgenommen und in den drei Metropolen die Einhaltung der Fahrverbote für „Dieselstinker“ beobachtet und Autofahrer zu „aktiver Luftreinhaltung“ aufgefordert hatten.

Erste Zählungen der DUH-Mitarbeiter in den Umweltzonen ergaben, dass am Tag zwei nach der Einführung etwa drei Viertel aller Pkw an der Windschutzscheibe mit grünen, gelben oder roten Plaketten gekennzeichnet waren und damit ihre Fahrerlaubnis korrekt für die Mitarbeiter von Polizei und Ordnungsämtern nachweisen. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Städten: In Köln trugen 84 Prozent der Pkw eine Plakette, in Berlin waren es 75 Prozent und in Hannover 64 Prozent. Die Mehrzahl der Plaketten trug jeweils die grüne Farbe.

Die DUH interpretiert die globalen Zahlen als Ergebnis unterschiedlich intensiver Aufklärungsbemühungen und öffentlicher Diskussionen in den betroffenen Städten.

„Die Zahlen belegen: Die Umweltzonen werden von der überwiegenden Mehrzahl der Bürger akzeptiert. Das Signal, dass es sich bei den hohen Feinstaubbelastungen in den Ballungszentren um das schwerwiegendste Luftreinhalteproblem in Deutschland handelt, ist bei der Mehrzahl der Autofahrer angekommen. Das unterscheidet sie von manchen Politikern, Verbandvertretern und Automobilclubs“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch mit Blick auf Proteste und Klagedrohungen, die es im Vorfeld der Einführung gegen die Umweltzonen gab.

Die „Feinstaub-Kontroll-Teams“ der DUH prüfen in den Umweltzonen stichprobenartig die Einhaltung der Fahrverbote. Auch Fahrer von korrekt gekennzeichneten Fahrzeugen werden angesprochen und auf Möglichkeiten zur aktiven Luftreinhaltung, zum Beispiel durch den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel oder die Nachrüstung von Dieselpartikelfiltern hingewiesen. Als symbolischen Dank für die Einhaltung der Regelungen vom ersten Tag an erhalten sie einen „Schokoladen-Glückskäfer“. Autofahrer, die es bisher versäumt haben, eine Feinstaubplakette anzubringen oder gar ihren Dieselstinker unberechtigterweise in der Umweltzone bewegen, erhalten einen, optisch einem Knöllchen nachempfunden Hinweiszettel, in dem sie auf ihre Pflichten, die drohenden Sanktionen (40 Euro und ein Punkt in Flensburg für jeden Verstoß) aber auch den gesundheitlichen und finanziellen Nutzen beim Einbau eines Nachrüstfilters hingewiesen werden. In Fällen besonderer Ignoranz will die DUH Anzeige erstatten, um Präzedenzfälle zu schaffen. Insbesondere bei schweren Geländewagen ohne Plakette sollen die Verwaltungen gezwungen werden, die Einhaltung der Vorschriften für die Umweltzonen auch konsequent zu überwachen – und zwar bereits vom ersten Geltungstag an.

Die Mitarbeiter der DUH berichteten, dass die Mehrzahl der angesprochenen Autofahrer ihre Aktion ausgesprochen freundlich und interessiert aufnehmen. Selbst Autofahrer ohne Plakette reagierten ohne Aggressionen, mit erkennbar schlechtem Gewissen und mehr oder weniger phantasievollen Ausreden. Die DUH-Feinstaubkontrolle soll in den nächsten Tagen und Wochen fortgeführt und auf Städte wie Stuttgart, Tübingen oder München ausgedehnt werden, wenn dort zum 1. März 2008 oder später die jeweiligen Umweltzonen eingerichtet werden.

Insgesamt haben nach Angaben des Umweltbundesamts derzeit 17 weitere Kommunen Umweltzonen angekündigt, weitere sollen in den kommenden Wochen folgen. Unter www.duh.de erfahren Freiwillige, wie sie sich an der DUH-Aktion aktiv beteiligen können.

Nach Überzeugung der DUH ist die Einrichtung von Umweltzonen in Deutschland der bisher wichtigste Schritt, dem Recht jedes Einzelnen auf gesunde Luft zum Atmen näher zu kommen. „Das Instrumentarium ist da, jetzt kommt es darauf an, es kreativ einzusetzen und zukunftsfähig zu machen“, sagte Resch. In frühzeitig angekündigten Schritten müssten sukzessive nicht nur Fahrzeuge ganz ohne Plakette, sondern auch solche mit roter, später mit gelber Plakette und in einem letzten Schritt alle Diesel-Fahrzeuge ohne Rußfilter aus den Innenstädten verbannt werden. Schon jetzt könnten die Kommunen darüber hinaus, wie in anderen Ländern, durch Verschärfungen auf akute Hochbelastungsphasen reagieren. So könne bei anhaltenden Inversionswetterlagen die Belastung durch tageweise Aussperrung von Fahrzeugen mit roter und gelber Plakette abgemildert werden. Resch erinnerte daran, dass italienische Großstädte bereits seit Jahren in Phasen hoher Feinstaubbelastung mit Maßnahmen bis hin zu rigorosen Fahrverboten an Wochenenden versuchen, für Entlastung zu sorgen.

Resch: „Wenn wir wollen, dass unsere Städte wieder mehr urbane Lebensqualität bieten, ist der wichtigste erste Schritt, dass sie uns und unsere Kinder nicht mehr krank machen. Dazu können alle einen Beitrag leisten, nicht nur die Stadtväter- und -mütter, sondern insbesondere jeder einzelne Autohalter, der z. B. mit der Nachrüstung seines Diesel-Pkw dafür sorgt, dass die Umweltzonen zu einem Erfolg werden.“

Die Brisanz des Feinstaubproblems, insbesondere in verkehrsreichen Ballungsgebieten, wurde von Medizinern und Epidemiologen in den 90er Jahren erkannt, als bei der Bekämpfung des traditionellen Smogs in vielen Industriestaaten beeindruckende Erfolge erzielt wurden, die gesundheitlichen Probleme jedoch nicht in gleichem Maße abnahmen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die EU-Kommission gehen in Deutschland von jährlich 75.000 vorzeitigen Todesfällen durch Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs aus. Als wichtigste Einzelursache, insbesondere in den städtischen Hochbelastungszonen, gelten Feinstaubpartikel aus Dieselmotoren (Pkw, Lkw, Baumaschinen etc.). Während der Anteil der verkehrsbedingten Feinstaubemissionen zwar im Landesdurchschnitt unter 20 Prozent liegt, beträgt er in den stark befahrenen innerstädtischen Straßenschluchten bis zu 50 Prozent und führt dort neben den vorzeitigen Todesfällen zu vielen hunderttausend Atemwegs- und Kreislauferkrankungen.

Media Contact

Jürgen Resch presseportal

Weitere Informationen:

http://www.duh.de

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