Wie wirksam sind Gruppentherapien bei psychischen Störungen?

Ziel des Projektes, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, sind Empfehlungen für den effektiven Einsatz von Gruppentherapien in der psychotherapeutischen Praxis, vor allem im ambulanten Bereich.

Psychotherapie in Gruppen gehört vor allem in psychotherapeutisch-psychosomatischen und in psychiatrischen Kliniken zum Standardrepertoire. In der ambulanten Versorgung werden Gruppentherapien allerdings nach wie vor eher selten angeboten. Denn viele Patienten stehen einer Gruppentherapie eher skeptisch gegenüber.

Sie finden es schwierig, negative Gefühle, persönliche und vertrauliche Inhalte mit fremden Personen zu teilen, und befürchten, dass die Gruppensituation die eigene Individualität beeinträchtigt.

Gerade in der Gruppensituation sieht Prof. Dr. Bernhard Strauß einen wichtigen therapeutischen Aspekt: „Hier werden Mechanismen wirksam, die sich in der Einzeltherapie häufig nicht realisieren lassen“, so der Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie am Jena Uniklinikum. Als Beispiele nennt er Identifizierungs-, Zusammengehörigkeits- und Akzeptanzgefühle oder die Bearbeitung zwischenmenschlicher Probleme, die genauso therapeutisch genutzt werden können wie das Feedback von Gruppenmitgliedern zum eigenen Verhalten. Hinzu kommt, dass die Gruppenpsychotherapie auch unter ökonomischen Gesichtspunkten als viel versprechender Behandlungsansatz gilt, da mehrere Patienten simultan behandelt werden.

Eine Vielzahl von Einzelstudien beschreibt die Wirksamkeit von Gruppentherapien, für einzelne psychische Störungsbilder gibt es auch systematische Übersichtsarbeiten. Anhand standardisierter Parameter wollen Prof. Strauß und seine Mitarbeiter diese Studien und Publikationen jetzt in Meta-Analysen zusammenfassen. Das gerade gestartete Forschungsprojekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

„Wir bewerten die Wirksamkeit bei den häufigsten psychischen Störungen, wie affektiven Störungen, Panikstörung, sozialer Phobie, Zwangsstörungen, substanzinduzierten Störungen, Traumafolgestörungen und Essstörungen hinsichtlich psychologischer und auch ökonomischer Kriterien“, beschreibt Psychologin Dr. Jenny Rosendahl das Vorhaben. Dabei wird die Gruppentherapie sowohl mit der Einzel-Psychotherapie und der Pharmakotherapie verglichen, als auch mit verschiedenen Kontrollgruppen. Projektpartner ist die Arbeitsgruppe von Prof. Gary M. Burlingame an der Brigham Young Universität in Provo, Utah, die sich derzeit mit der Zusammenfassung von Studien zur Wirksamkeit von Gruppenpsychotherapie bei Schizophrenie und Persönlichkeitsstörungen beschäftigt.

Die entstehenden Meta-Analysen sollen zur besseren Vergleichbarkeit und Bewertung vorliegender Studien beitragen, um die jeweils wirksamsten Therapiemethoden identifizieren und so Empfehlungen für die Praxis zum effektiven Einsatz von Gruppenpsychotherapien ableiten zu können. „Mit diesem Projekt können wir das therapeutische Potential von Gruppen weiter verdeutlichen und das Image der Gruppenpsychotherapie bei Patienten, insbesondere auch im ambulanten Bereich, verbessern“, ist sich Bernhard Strauß sicher.

Kontakt:
Prof. Dr. Bernhard Strauß
Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/936700
E-Mail: bernhard.strauss[at]med.uni-jena.de

Media Contact

Dr. Uta von der Gönna idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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