Vorboten der Gewalt

Schwere Gewalttaten am Arbeitsplatz haben fast immer im Vorfeld erkennbare Warnsignale. Zu diesem Ergebnis kommt die erste deutsche Studie zu schweren Fällen von „Workplace Violence“, wie das Phänomen fachsprachlich genannt wird.

An der Arbeitsstelle für Forensische Psychologie der Technischen Universität Darmstadt wurden hierbei Ermittlungs- und Gerichtsakten von 20 Fällen von schwerer Gewalt am Arbeitsplatz in Deutschland ausgewertet. Bei den Taten starben 21 Menschen, mehr als zehn wurden zum Teil schwer verletzt. Neben Unternehmen fanden viele der Gewaltakte in Behörden und Gerichten statt.

„Wir waren überrascht wie leicht es war, solche Fälle in Deutschland zu identifizieren. Sogar mehrere Amokläufe waren dabei. Ganz offensichtlich handelt es sich hierbei nicht nur um Phänomen aus den USA“, resümierte der Leiter der Studie, der Kriminalpsychologe Dr. Jens Hoffmann. Die Studie wurde bei einem Pressegespräch am Montag, den 7. September, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Hoffmann gelang es mit seiner Kollegin Claudia Dölitzsch, eine ganze Reihe von Warnsignalen zu identifizieren. Fast alle der Taten waren geplant, und in der Mehrzahl der Fälle sprach der Täter im Vorfeld über seine Pläne oder äußerte sogar Gewaltdrohungen. So kündigte beispielsweise ein Mitarbeiter eines Handelskonzerns seinen späteren Amoklauf im eigenen Unternehmen gleich mehrfach gegenüber Kollegen an. Niemand nahm ihn ernst und so wurde nichts unternommen.

Kurz vor der Tat kamen nahezu immer noch mehrere private und berufliche Krisen zusammen. Häufig zeigten die späteren Täter paranoide oder querulatorische Persönlichkeitszüge und kamen deshalb immer wieder in Konflikte mit ihrem Umfeld. Ihre Arbeitsgeschichte war oftmals durch Probleme und Unbeständigkeit charakterisiert. Die Täter attackierten häufig Personen, die Entscheidungsmacht über ihr Leben hatten, wie Vorgesetzte, Mitarbeiter der Verwaltung, Richter, Anwälte oder Behördenmitarbeiter. Als weitere Warnsignale traten Vorbereitungshandlungen auf wie Abschiedsbriefe oder das Beschaffen einer Waffe.

Das Wissen um solche Risikodynamiken hat unmittelbare Bedeutung für Unternehmen, Behörden und Universitäten. „Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Krisen steigt das Risiko von schweren Gewalttaten, wie neue epidemiologische Studien nahe legen“, gibt Jens Hoffmann zu bedenken. Er berät seit Jahren Firmen, Behörden und Universitäten, wie sie Gewalt verhindern können.

„Die Einrichtung eines systematischen Bedrohungsmanagements bewirkt, dass sich Warnsignale früh erkennen lassen und gegengesteuert wird, bevor es zu einer Eskalation kommt. Dadurch wird nicht nur Gewalt verhindert, sondern auch psychisches Leid und Arbeitausfall, der in Folge von Stalking und Drohungen entsteht. Wir führen ein solches Programm erfolgreich bereits an der TU Darmstadt durch“, so Hoffmann.

Expertenkontakt:
Dr. Jens Hoffmann, Arbeitsstelle für Forensische Psychologie der Technischen Universität Darmstadt, jens.hoffmann@t-p-s.org

Media Contact

Jörg Feuck idw

Weitere Informationen:

http://www.tu-darmstadt.de/

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