Vegetation der Städte ähnelt sich

In deutschen Städten wachsen zwar mehr Pflanzenarten als auf dem Land. Die Pflanzenarten in der Stadt sind jedoch stärker untereinander verwandt und übernehmen oft ähnliche Funktionen.

Dadurch sind Ökosysteme in der Stadt empfindlicher gegenüber Umwelteinflüssen. Zu diesem Ergebnis kommen Ökologen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) nach der Auswertung von 14 Millionen Einträgen der bundesweiten Datenbank FLORKART, die mehrere tausend ehrenamtliche Helfer in den letzten Jahren zusammengetragen haben.

Der Naturschutz müsse sich wegen der verändernden Umweltbedingungen nicht nur um den Erhalt einer möglichst großen Anzahl an Arten, sondern auch um deren verwandtschaftliche Vielfalt kümmern. Da die Urbanisierung bereits weit fortgeschritten ist und noch weiter fortschreiten werde, sei es nötig, Strategien zum Schutz der Artenvielfalt auch innerhalb von Städten zu entwickeln, schreiben die Wissenschaftler in der Oktober-Ausgabe des Fachjournals Ecology Letters.

Die Urbanisierung der Welt nimmt stark zu. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Städten, in Europa sind es sogar über 70 Prozent. Dass die Anzahl der Arten in Städten größer ist als im Umland, hat verschiedene Ursachen: Viele Städte sind in geologisch und strukturell vielfältigen Landschaften entstanden und daher schon von Natur aus artenreich, die Städte selber sind sehr vielfältig strukturiert, die Temperaturen sind höher als im Umland, einheimische und neue Arten werden häufig in Städte eingeführt.

Städte beherbergen zwar mehr Arten als ihr Umland, für den Erhalt der biologischen Vielfalt ist jedoch nicht nur die reine Anzahl an Arten von Bedeutung, sondern auch deren Verwandtschaftsbeziehungen: Jede Art ist Träger ererbter Informationen, zum Beispiel über die Art ihrer Bestäubung oder die Struktur ihrer Blätter. Je größer die verwandtschaftliche Vielfalt einer Artengemeinschaft ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie Arten mit verschiedenen Merkmalen beinhaltet. Die Merkmale, und folglich auch die verwandtschaftliche Vielfalt, sind also das Rüstzeug, das Pflanzengemeinschaften die Reaktion auf verschiedene Umweltereignisse ermöglicht. Ohne das Wissen um Merkmale und Verwandtschaftsbeziehungen (ihre Phylogenie) wäre das Verständnis, wie Artengemeinschaften sich entwickeln und wie sie mit veränderten Umweltbedingungen zurechtkommen, unvollständig.

Für ihre Studie legten die Wissenschaftler ein Gitter mit rund 12 Kilometer breiten Zellen über die Bundesrepublik und charakterisierten die Zellen anschließend anhand der Landnutzung. 59 Zellen wurden als Stadt-, 1365 als Agrar- und 312 als Wald- bzw. naturnahe Landschaften eingestuft. „Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass in städtischen Gebieten andere Umweltfilter wirken als in ländlichen Gebieten“, erklärt Sonja Knapp vom UFZ. Der Verlust an phylogenetischer Information verringert die Chancen von Artengemeinschaften, auf Veränderungen in der Umwelt zu reagieren und könnte langfristig die Funktionen von städtischen Ökosystemen negativ beeinflussen.

Vom 15. bis 19. September 2008 findet in Leipzig die bisher größte Konferenz von Ökologen aus ganz Europa statt. Über 1000 Teilnehmer aus mehr als 30 Ländern haben sich zur „EURECO-GFOE 2008“ angemeldet. Die Tagung wird von der European Ecological Federation (EEF) und der Gesellschaft für Ökologie (GfÖ) im Congress Center Leipzig ausgerichtet und vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sowie den Universitäten Halle-Wittenberg und Leipzig organisiert. Die EEF ist die Dachorganisation aller nationalen ökologischen Gesellschaften in Europa. In ihr sind über 8000 Ökologen organisiert. Die GfÖ dagegen ist die nationale Gesellschaft der Ökologen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz.

Publikation:
Sonja Knapp, Ingolf Kühn, Oliver Schweiger, Stefan Klotz:
Challenging urban species diversity: contrasting phylogenetic patterns across plant functional groups in Germany.
Ecology Letters
DOI: 10.1111/j.1461-0248.2008.01217.x
http://www3.interscience.wiley.com/journal/120749881/abstract
Die Untersuchungen wurden teilweise vom Virtuellen Institut für Makroökologie gefördert.
Weitere fachliche Informationen:
Sonja Knapp, Dr. Ingolf Kühn
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0345-558-5308, -5311
http://www.ufz.de/index.php?de=7278
http://www.ufz.de/index.php?de=821
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1269
E-mail: presse@ufz.de
Weiterführende Links:
FloraWeb – Informationsportal des Bundesamtes für Naturschutz (BfN):
http://www.floraweb.de
Mehr zum Thema Biodiversität finden Sie in einer Spezialausgabe des UFZ-Newsletters zur 9. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention zur Biologischen Vielfalt (COP9), die im Mai 2008 in Bonn stattgefunden hat:

http://www.ufz.de/index.php?de=16853

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 25.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

Media Contact

Tilo Arnhold idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer