Studie zu Arbeitsverhältnissen im Dienstleistungssektor – Viele Jobs, wenig Geld

Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung ist in den vergangenen 20 Jahren um 14 Prozent gestiegen, in der Industrie sind entsprechend weniger unter Vertrag. In diesem Strukturwandel haben sich aber die Bedingungen dramatisch verschlechtert.

„In manchen Dienstleistungsbranchen ist prekäre Arbeit zum Normalfall geworden“, kritisieren Prof. Dr. Gerhard Bosch und Dr. Claudia Weinkopf vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE). Ihre Analyse ist in den aktuellen WSI-Mitteilungen der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlicht.

Den Forschern zufolge ist bundesweit die Gesamtbeschäftigung gestiegen.
Ein Großteil entfällt aber auf Teilzeit- oder befristete Stellen, Leiharbeit und Minijobs. Solche atypischen Arbeitsverhältnisse betrafen

2009 jeden Vierten, 1996 war es erst ein knappes Fünftel aller Jobs.

Die Steigerung geht nach IAQ-Berechnungen zu über 90 Prozent auf den Dienstleistungssektor zurück. Häufig werden diese Jobs zudem schlecht

bezahlt: Im Verarbeitenden Gewerbe arbeitet jeder zweite atypisch Beschäftigte für Niedriglohn, im Gastgewerbe sind es dagegen sogar 76 Prozent, im Handel 60 Prozent.

Allerdings muss Dienstleistungsarbeit nicht automatisch mit schlechteren Arbeitsbedingungen verbunden sein, meinen die IAQ-Wissenschaftler. Der große Lohnabstand zwischen Industrie- und Servicebeschäftigten scheine ein ausschließlich deutsches Phänomen: Bei den durchschnittlichen Arbeitskosten beträgt der Unterschied 6,60 Euro, während es z.B. in Frankreich nur 60 Cent sind. Zudem sind Beschäftigte des Dienstleistungssektors in vielen anderen Ländern sozial besser abgesichert.

Um die Armutsrisiken von Arbeitnehmern zu verringern, empfiehlt das IAQ, Regulierungsdefizite aufzuarbeiten: Anders als in den meisten EU-Mitgliedsländern fehle ein gesetzlicher Mindestlohn ebenso wie allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge. Zudem müssten wirksame Equal-pay-Regelungen für Leiharbeiter geschaffen werden. Die weit verbreiteten Minijobs – die es in dieser Form nur in Deutschland gibt – stehen sicheren Arbeitsverhältnissen entgegen und sollten abgeschafft werden. Ein Problem sind auch die unterfinanzierten öffentlichen Haushalte und Sozialversicherungen, wodurch die Mittel für Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen oft nicht ausreichen.

Weitere Informationen:
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/wsi_37658_37670.htm
Prof. Dr. Gerhard Bosch, Tel. 0203-379-1827, gerhard.bosch@uni-due.de; Dr. Claudia Weinkopf, Tel. 0203-379-1353, claudia.weinkopf@uni-due.de

Redaktion: Claudia Braczko, Tel. 0170-8761608, presse-iaq@uni-due.de

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Ulrike Bohnsack Universitaet Duisburg-Essen

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