ÖsterreicherInnen sind mit dem Leben zufriedener als Deutsche

ÖstereicherInnen sind zufriedener mit ihrem Leben und ihren Lebensumständen als Deutsche. Zu diesem Schluss kommen Priv.-Doz. Mag. Dr. Stefan Höfer von der Medizinischen Universität Innsbruck und Prof. Dr. Willibald Ruch von der Universität Zürich in einer gemeinsam durchgeführten internationalen Studie.

Über 5000 ProbandInnen unterschiedlicher Berufs- und Altersgruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben bislang an der Erhebung teilgenommen. Nun soll die Stichprobe für die Befragung zur Lebenszufriedenheit mit einem gezielten Fokus auf Jugendliche erweitert werden.

Um Lebensqualität und Lebensstandard einer Gesellschaft zu beschreiben, bedienen sich Autoren oftmals wirtschaftlicher Kennzahlen, wie dem Bruttoinlandsprodukt (BIP). Zwei Wissenschaftsteams der Medizinischen Universität Innsbruck und der Universität Zürich haben diese oft hergestellte Kausalität von hohem BIP und hoher Lebensqualität jedoch nicht als Hypothese für ihre Studie herangezogen, sondern durch eine andere Messgröße ersetzt. „Die Lebenszufriedenheit ist ein wesentlich aussagekräftigerer Parameter, um Lebensqualität und Lebensstandard zu beschreiben, als es abstrakte Wirtschaftszahlen vermögen. Denn in das BIP fließen auch Kosten, die durch negative Ereignisse wie Umweltkatastrophen entstehen ein, wodurch dieses künstlich erhöht wird und so zu falschen Interpretation führt“, weiß Studienautor Priv.-Doz. Dr. Stefan Höfer von der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Auf Basis der laufenden Studie können die Forscher die durchschnittliche Lebenszufriedenheit der befragten ÖsterreicherInnen mit 70 Prozent, jene der deutschen StudienteilnehmerInnen mit 64 Prozent festlegen.

Der Well-being Index als effizienter Parameter

In der Analyse des subjektiven Wohlbefindens nimmt die Universitätsklinik für Medizinische Psychologie eine führende Rolle ein und befindet sich damit sogar in einem internationalen Umfragetrend. Immerhin wollen sich immer mehr europäische Staaten das Wohlbefinden ihrer Bevölkerung als Gradmesser für politische und wirtschaftliche Strategien zu Nutze machen.

International Well-being Index (IWI) nennt sich das Instrument, welches in der aktuellen Untersuchung zum Einsatz kam und im Vorfeld von der Arbeitsgruppe Dr. Höfers an die deutsche Sprache und Kultur angepasst wurde, indem der Index 2009 an knapp 600 Innsbrucker MedizinstudentInnen getestet worden war. Der IWI misst sowohl das persönliche (PWI) als auch das nationale Wohlbefinden (NWI). Der PWI ist dabei mit Fragen nach dem eigenen Lebensstandard oder dem jeweiligen gesundheitlichen Zustand assoziiert, der NMI leitet sich von der Beurteilung allgemeiner Bedingungen, wie politischer oder umweltbezogener Konditionen, ab.

So gelang mit dieser Studie eine gültige und zuverlässige Anpassung des IWI an österreichische Maßstäbe. Dabei wurde festgestellt, dass Innsbrucker MedizinstudentInnen wesentlich zufriedener mit ihrer eigenen gesundheitlichen Situation sind als die Durchschnittsbevölkerung, jedoch signifikant mehr unter Zukunftsängsten leiden und bedeutend unzufriedener mit der Regierung sind. Im Ländervergleich zu Deutschland fällt auf, dass die ÖsterreicherInnen in fast allen Bereichen zufriedener (insbesondere mit dem persönlichen Lebensstandard, der eigenen Gesundheit, den sozialen Bedingungen, dem wirtschaftlichen Umfeld bis hin zur nationalen Sicherheit) sind. Einzig im Bereich Spiritualität und Religiosität unterscheiden sich die ÖsterreicherInnen von ihren Nachbarn nicht. Zufriedene TeilnehmerInnen wiesen zudem einen höheren PWI und auch NWI auf.

Angelpunkt Charakterstärken

Nach diesen Vorarbeiten kommt dem Verständnis darüber, welche Konditionen zu einer hohen Lebenszufriedenheit führen können, zentrale Bedeutung zu. Die ForscherInnen um Prof. Willibald Ruch, Leiter der Fachgruppe Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik am Psychologischen Institut der Universität Zürich und Priv.-Doz. Dr. Stefan Höfer sind deshalb insbesondere an Charakterstärken interessiert. Von insgesamt 24 nachgefragten Charakterstärken weisen insbesondere sechs Ausprägungen eine enge Korrelation mit hoher Lebenszufriedenheit auf. „Wir konnten nachweisen, dass die Förderung eigener Charakterstärken, insbesondere von Optimismus, Dankbarkeit, Humor, Hoffnung, Liebe(n)sfähigkeit und Neugier, verbunden mit der optimalen Nutzung dieser Stärken im Alltag zu erhöhter Lebenszufriedenheit und allgemeinem Wohlbefinden, zu mehr Arbeitszufriedenheit, aber auch zu reduzierter Depressivität führen können“, betonen die beiden Wissenschafter.

Die Förderung von individuellen Charakterstärken und deren Verwertung im Alltag sollten bereits in den Schulen und im Laufe der weiteren Ausbildung zentraler Bestandteil der Sozialisation sein. Man nimmt an, dass richtige Mentoren und Vorbilder, sowie die Teilnahme in pädagogisch geführten Jugendverbänden aber auch wichtige Lebenserfahrungen Einfluss auf den Charakter nehmen. Vor diesem Hintergrund, und um die Repräsentativität der Befragung auch für einen jüngeren Personenkreis zu gewährleisten, soll die angelegte Studie zur Lebenszufriedenheit nun mit der gezielten Befragung von jungen Menschen von zehn bis 18 Jahren erweitert und vertieft werden.

Kennen Sie Ihre Charakterstärken? – Aufruf zur Testteilnahme

„Unsere Erfahrung zeigt, dass vor allem Eltern, LehrerInnen und Jugendverbände Interesse an unserer Aktion haben und Jugendliche gezielt auf unser Angebot hinweisen“, unterstreicht Prof. Ruch. Im Rahmen der kooperativen Forschungsarbeit stellt die Universität Zürich deshalb kostenlos einen Online-Test zur Verfügung, der auf Erwachsene aber auch auf Kinder und Jugendliche zugeschnitten ist. „Wir hoffen auf die zahlreiche Beteiligung von Jugendlichen. Der Test kann in einfachen Schritten durchgeführt werden und wird mit umfangreicher Rückmeldung der Ergebnisse beantwortet, betonen die Forscher.

Der Online-Test ist unter http://www.charakterstaerken.org zu finden.

Kontakt:
Dr. Stefan Höfer [PhD, MSc, FESC]
Medizinische Universität Innsbruck
Universitätsklinik für Medizinische Psychologie
Schöpfstraße 23a
A-6020 Innsbruck
+43-512-504-26227
stefan.hoefer@i-med.ac.at
Mag. Doris Heidegger
Medizinische Universität Innsbruck
Öffentlichkeitsarbeit (Leitung: Mag. Amelie Döbele)
Innrain 52
A-6020 Innsbruck
+ 43 512 9003 70083
doris.heidegger@i-med.ac.at
Links:
Universitätsklinik für Medizinische Psychologie
http://www.i-med.ac.at/medpsy/
Prof. Dr. Willibald Ruch, Universität Zürich
http://www.psychologie.uzh.ch/fachrichtungen/perspsy/ueber-uns/team/ruch.html
Studie: International Well-being Index: The Austrian Version. Renn, D; Pfaffenberger, N; Platter, M; Mitmansgruber, H; Cummins, R A; Höfer, S. Soc Indic Res. 90: 243-256 (2009)
http://dx.doi.org/10.1007/s11205-008-9255-2
http://www.springerlink.com/content/t2n752276h542l2v/
ORF: Cameron sucht das Glück
http://www.orf.at/stories/2025534/2025522/
Details zur Medizinischen Universität Innsbruck
Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.800 MitarbeiterInnen und ca. 2.800 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden drei Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. In der Forschung liegen die Schwerpunkte im Bereich der Molekularen Biowissenschaften (u.a. bei dem Spezialforschungsbereich „Zellproliferation und Zelltod in Tumoren“, Proteomik-Plattform), der Neurowissenschaften, der Krebsforschung sowie der molekularen und funktionellen Bildgebung. Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck in der hochkompetitiven Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

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Doris Heidegger Medizinische Universität Innsbru

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