Mundhygiene gut erklärt – Individuelle Hinweise motivieren mehr

Auf die Bedeutung individueller Mundhygieneinstruktionen weist eine jüngst veröffentlichte Studie aus dem Institut für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen unter der Leitung von Frau Prof. Deinzer hin.

Die Wissenschaftlerinnen hatten Studierende per Zufall vier verschiedenen Instruktionsbedingungen zugeordnet. Eine Gruppe erfuhr über eine Patientenbroschüre, wie sie die Zähne am besten von Zahnbelägen befreien soll. Einer zweiten Gruppe wurden die gleichen Informationen standardisiert mündlich durch eine angehende Zahnärztin vermittelt.

Bei der dritten Gruppe kannte die angehende Zahnärztin die individuellen Hygienedefizite ihres Gegenübers und ging speziell darauf ein. Eine Kontrollgruppe erhielt keine Instruktion zur Mundhygiene sondern zu einem anderen medizinischen Thema. Vor der Instruktion hatten alle Probanden einen professionelle Zahnreinigung erhalten, um gleiche Mundhygiene- und Mundgesundheitsbedingungen herzustellen. Vier Wochen nach der Instruktion wurden die Mundhygienefertigkeiten und die Zahnfleischgesundheit der Probanden erfasst. Die besten Erfolge stellten sich dabei in der Gruppe mit der individualisierten Information ein.

Damit wurde nun erstmals in einer randomisierten kontrollierten Studie gezeigt, dass die Vermittlung von Hygienefertigkeiten am besten individualisiert erfolgen sollte. Weiter geht hervor, dass dieser individualisierte Zugang weniger die Fertigkeiten verbessert als das Mundhygieneverhalten selbst. Die Hygienefertigkeiten der Probanden waren auch nach der Intervention weit von dem entfernt, was zahnärztlich erwünscht ist. Offensichtlich hatten aber die Probanden mit der individuellen Instruktion in der vierwöchigen Wartezeit nach der Zahnreinigung und der Instruktion am gründlichsten geputzt, denn sie wiesen danach die geringste Rate an neuen Zahnfleischentzündungen auf.

Auf Mängel in der Mundhygiene weisen auch die Daten der vierten Deutschen Repräsentativerhebung zur Mundgesundheit (Deutsche Mundgesundheitsstudie IV) hin, die bei über 90% der untersuchten Erwachsenen Zahnfleischentzündungen nachweisen konnte. Die Studie der Arbeitsgruppe von Frau Prof. Deinzer zeigt, dass auch Angehörige höherer Bildungsschichten möglicherweise gar nicht über die notwendigen Fertigkeiten verfügen, um solche Erkrankungen zu vermeiden. In weiteren Studien untersucht die Arbeitsgruppe daher in multidisziplinärer Zusammenarbeit mit Zahnmedizin und Bewegungswissenschaften, mit welchen Methoden man Mundhygienefertigkeiten weiter verbessern kann.

Diese multidisziplinäre Zusammenarbeit liegt Frau Prof. Deinzer, die zugleich Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie ist, besonders am Herzen. „Gesundsein und gesund werden ist nie nur eine Frage der körperlichen Verfassung. Oft sind psychologische und soziale Faktoren bedeutsam, in unserem Beispiel spielen sogar motorische Fertigkeiten eine Rolle. Es lohnt sich daher, die verschiedenen Disziplinen an einen Tisch zu holen und gemeinsam zu überlegen und zu erforschen, wie man Fortschritte zum Nutzen der Patienten erreichen kann.“

Publikationsverweis:
Harnacke D, Beldoch M, Bohn GH, Seghaoui O, Hegel N, Deinzer R (2012). Oral and Written Instruction of Oral Hygiene: A Randomized Trial. J Periodontol. 2012 Jan 20 (Epub), doi:10.1902/jop.2012.110550, PMID:22264206.
Kontakt zur Autorin:
Prof. Dr. Renate Deinzer, Institut für Medizinische Psychologie, Justus-Liebig-Universität Gießen, Friedrichstraße 36, 35392 Gießen. Tel.: 0641 99 45680, Fax: 0641 99 45689
Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Psychologie http://www.dgmp-online.de:

Prof. Dr. Peter Kropp, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Universitätsmedizin, Gehlsheimer Straße 20, 18147 Rostock http://www.imp.med.uni.-rostock.de

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