Milliardenschäden durch Computerkriminalität / Datendiebstahl größtes Risiko

Unter e-Crime werden wirtschaftskriminelle Handlungen unter Einsatz von Computer- oder Kommunikationssystemen verstanden. Mit der zunehmenden Präsenz solcher Systeme in unserer Unternehmenswelt und der voranschreitenden globalen Vernetzung wachsen auch die Angriffsflächen der Unternehmen.

KPMG-Partner Alexander Geschonneck, Leiter des Bereichs Forensic Technology: „Vor allem dort, wo es viel zu holen gibt, treten die häufigsten Delikte auf. Wertvolle Konstruktionsunterlagen können mit dem Handy abfotografiert, Millionen von Kunden- und Mitarbeiterdaten ausgespäht und bequem auf einem USB-Stick oder einem iPod in der Westentasche transportiert werden.“

Häufigstes Delikt ist der Diebstahl von Kunden- oder Arbeitnehmerdaten. 61 Prozent der von e-Crime betroffenen Unternehmen waren in den letzten drei Jahren Opfer von Datenraub. Ein weiteres hohes Risiko ist mit dem Diebstahl von geschäftskritischem Know-how verbunden: Jedes zweite Unternehmen (52 Prozent) war davon betroffen.

Enorme Schadenshöhen

Erstmals wurde in dieser Studie eine differenzierte Betrachtung der Schadenshöhen vorgenommen. Anders als in früheren Untersuchungen wurden nicht nur Angaben zu Schäden durch Systemausfälle gemacht, sondern auch der betriebswirtschaftliche Verlust beziffert.

Geschonneck: „Wir kommen zu dem Schluss: Der Schaden, der der deutschen Wirtschaft pro Jahr durch Computerkriminalität entsteht, geht sogar in den zweistelligen Milliardenbereich und liegt damit deutlich höher als bisher angenommen.“

Die in der KPMG-Studie ermittelten Schadenshöhen bei e-Crime-Delikten können pro Einzelfall viele Millionen Euro betragen. Das gilt vor allem für die Verletzung von Schutz- und Urheberrechten, das Ausspähen von geschäftskritischen Unternehmensinformationen und Datendiebstahl. Geschonneck: „Für ein mittelständisches Unternehmen kann das das Ende seiner Existenz bedeuten.“

Der Täter im eigenen Haus

Bisher ging man davon aus, dass die größte Gefahr vom Spion aus dem Ausland droht. Alexander Geschonneck: „Dieses Bild haben die befragten Unternehmen deutlich korrigiert: 70 Prozent nennen in erster Linie ehemalige Mitarbeiter oder Insider als Risikogruppe.“

Laut Umfrage kamen in 48 Prozent der von e-Crime-Fällen tatsächlich betroffenen Unternehmen die Täter aus dem eigenen Haus. In 24 Prozent der Fälle waren es sonstige Insider. Insbesondere die folgenden Delikte werden von Mitarbeitern verübt: Datendiebstahl bzw. Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (jeweils 62 Prozent), Erpressung (60 Prozent), Manipulation von Finanzdaten (58

Prozent) und Betrug (55 Prozent).

Unbekannte Dritte sind an 47 Prozent der e-Crime-Delikte beteiligt. Sie sind vor allem verantwortlich für Wirtschaftsspionage (70 Prozent), für die Verletzung von Schutz- und Urheberrechten (56 Prozent), für Computersabotage (ebenfalls 56 Prozent) oder für das Ausspähen bzw. Abfangen von Daten (55 Prozent).

Das Angriffsrisiko aus fremden Ländern ist in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich. Als nach wie vor durch aufstrebende Wirtschaftsmächte besonders gefährdet müssen exportintensive Bereiche wie der Maschinenbau, die Automobilindustrie sowie die Elektronik- und Softwarebranche gelten. In der Umfrage werden als Gefahrenquelle vor allem China (89 Prozent) und Russland (69 Prozent) genannt; zu ähnlichen Einschätzungen kommt auch das Bundesministerium des Innern.

Nur jeder zweite Täter wird überführt

Die KPMG-Studie hat ergeben, dass es nur in gut der Hälfte der Fälle gelingt, die Täter zu ermitteln – unabhängig von Unternehmensgröße und Branche. Alexander Geschonneck: „Damit bleibt die abschreckende Wirkung einer hohen Aufklärungsquote auf der Strecke.“ Allerdings: Wenn Fälle aufgedeckt werden, dann werden sie auch konsequent sanktioniert. So haben 64 Prozent der von Computerkriminalität betroffenen Unternehmen Delikte zur Anzeige gebracht, bei Großunternehmen lag die Quote sogar bei 72 Prozent.

Prävention hinkt hinterher

86 Prozent der Unternehmen beklagen, dass die Angriffe aus dem Netz immer komplexer werden und die Spur immer seltener zum Täter zurückverfolgt werden kann. Alexander Geschonneck: „In den letzten Jahren hat sich viel getan: Firewalls und Antivirenprogramme als Standardschutz halten die e-Crime Täter längst nicht mehr fern. Der größte Schaden entsteht allerdings, wenn die Angriffe ganz gezielt auf relevante Geschäftsbereiche und sensible Daten ausgerichtet sind – und dazu gehört in den meisten Fällen eine gehörige Portion Insiderwissen um die wirklichen Schätze im Unternehmen.“

Um die Gefahren abzuwehren, wurde trotz Finanz- und Wirtschaftskrise viel in die IT-Sicherheit investiert. Im Durchschnitt haben die befragten Unternehmen ihre Stellen in diesem Bereich in den vergangenen zwei Jahren um 50 Prozent aufgestockt.

Maßnahmen zur Sensibilisierung der Mitarbeiter sind heute fast überall gang und gäbe. Aber nicht einmal jedes zweite Unternehmen (48 Prozent) überprüft regelmäßig, ob die Verhaltensregeln auch tatsächlich eingehalten werden.

Geschonneck: „Das ist ein Alarmzeichen. Zwar ist das Wissen um die mit e-Crime verbundenen Risiken in den Führungsetagen der Unternehmen angekommen. Aber bei Prävention, Aufklärung und Reaktion gibt es noch erhebliche Defizite.“ Um das Risiko und den Schaden durch e-Crime-Delikte möglichst gering zu halten, empfiehlt er den Unternehmen vor allem, den potenziellen Innentäter in das Schutzkonzept einzubeziehen. Da, wo der interne Zugriff auf geschäftskritisches Know-how möglich ist, müssen gesonderte Schutzmaßnahmen her. Außerdem sollten regelmäßige Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden; mit Hilfe von Notfalltests sowie Schulungs- und Kommunikationsmaßnahmen kann das Bewusstsein aller Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden geschärft werden. Klar definierte Prozesse im Unternehmen können helfen, auf einen e-Crime Verdacht oder auf konkrete Vorfälle schnell und professionell zu reagieren.

* Das Emnid-Institut hat im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG 500 Führungskräfte aus Unternehmen aller Größenklassen und Branchen befragt. Etwa ein Drittel davon sind
(inhaber- oder familiengeführte) mittelständische Unternehmen. Der Fragebogen wurde von KPMG mit Unterstützung des Bundeskriminalamts

(BKA) und des Bundesministerium des Innern (BMI) konzipiert.

Sie finden die „e-Crime-Studie 2010 – Computerkriminalität in der deutschen Wirtschaft“ unter www.kpmg.de

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Marita Reuter presseportal

Weitere Informationen:

http://www.kpmg.de

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