Mathematik beflügelt Hirnforschung

Wissenschaftlern der Universität Basel ist es gelungen, einzelne Gedächtnisprozesse wie Lernen, Erinnern und Vergessen in einem mathematischen Modell zu beschreiben. (Bild: Universität Basel, Transfakultäre Forschungsplattform Molecular and Cognitive Neurosciences)

Dank dem Gedächtnis können wir Fremdsprachen lernen, Prüfungen bestehen und uns an schöne Erlebnisse erinnern. Dabei wirken verschiede kognitive Prozesse zusammen, um eine optimale Gedächtnisfunktion zu gewährleisten. Informationen werden zunächst gelernt und dann abgespeichert. Später, wenn wir uns erinnern möchten, sind wir darauf angewiesen, dass auch der Abrufprozess einwandfrei funktioniert.

Ob die diversen Gedächtnisprozesse von identischen oder unterschiedlichen Genen und molekularen Mechanismen gesteuert werden, ist weitgehend unbekannt. Ein Grund dafür ist, dass viele dieser Prozesse nicht direkt messbar – und damit für die Forschung unzugänglich – sind.

Der Mathematiker Dr. Gediminas Luksys von der transfakultären Forschungsplattform der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel und der Fakultät für Psychologie der Universität Basel hat nun erstmals mit einem Computermodell die verschiedenen Gedächtnisprozesse beim Menschen beschrieben. Dazu wurden Daten von über 1700 Personen verwendet. Dank diesem Modell ist es gelungen, diese Prozesse messbar zu machen und genetische Analysen spezifisch für die einzelnen Gedächtnisvorgänge durchzuführen.

Einzelne Prozesse beruhen auf verschiedenen genetischen Grundlagen
Die Resultate zeigen, dass bei unterschiedlichen Gedächtnisprozessen auch unterschiedliche Gen-Netzwerke involviert sind: So konnte beispielsweise ein Transportprotein-Netzwerk mit dem Lernprozess und ein Zellhaftungs-Netzwerk mit der Gedächtnisabspeicherung in Verbindung gebracht werden. Diese Ergebnisse tragen dazu bei, die komplexen Abläufe des menschlichen Gedächtnisses zu verstehen, um später auch spezifische Therapien für unterschiedliche Gedächtnisstörungen zu entwickeln.

Die aktuelle Studie ist Teil des Basler Genetik-Gedächtnis-Projekts, welches von Prof. Dominique de Quervain und Prof. Andreas Papassotiropoulos geleitet wird. Die beiden Leiter der transfakultären Forschungsplattform setzen sich dafür ein, diese Ergebnisse aus der Grundlagenforschung schnellstmöglich in Therapieprojekte zu überführen.

Originalbeitrag
Gediminas Luksys, Matthias Fastenrath, David Coynel, Virginie Freytag, Leo Gschwind, Angela Heck, Frank Jessen, Wolfgang Maier, Annette Milnik, Steffi G. Riedel-Heller, Martin Scherer, Klara Spalek, Christian Vogler, Michael Wagner, Steffen Wolfsgruber, Andreas Papassotiropoulos, and Dominique J.-F. de Quervain
Computational dissection of human episodic memory reveals mental process-specific genetic profiles
PNAS (2015), doi: 10.1073/pnas.1500860112
http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1500860112

Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Dominique de Quervain, Universität Basel, Transfakultäre Forschungsplattform Molecular and Cognitive Neurosciences, Tel. +41 61 267 02 37, E-Mail: dominique.dequervain@unibas.ch

Media Contact

Olivia Poisson Universität Basel

Weitere Informationen:

http://www.unibas.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer