Kein Rezept gegen Rohstoffknappheit – Handel und Konsumgüterindustrie vernachlässigen Versorgungsrisiken

Das globale Bevölkerungswachstum, wachsender Wohlstand in den Schwellenländern und die zunehmende Energieerzeugung aus Biomasse lassen die Nachfrage nach Rohstoffen stetig steigen.

Diese Entwicklung bekommen auch Handel und Konsumgüterindustrie in Deutschland zu spüren: Da sich das Rohstoffangebot nur begrenzt ausweiten lässt und die Spekulationen an den Rohstoffmärkten zunehmen, erwarten gut acht von zehn befragten Unternehmen Preissteigerungen.

Über 40 Prozent rechnen in den kommenden fünf Jahren auch häufiger mit Versorgungsengpässen als bisher, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervor geht.

„Obwohl sich die Unternehmen der Problematik bewusst sind, gibt es in der Praxis noch erhebliche Schwächen beim Management der Versorgungsrisiken. So werden Risiken häufig nicht systematisch erfasst und analysiert, sondern eher auf Basis von Erfahrungswerten Einzelner bewertet. Zudem fehlt oft eine Notfallstrategie für den unerwarteten Ausfall wichtiger Lieferanten“, kommentiert Gerd Bovensiepen, Leiter des Bereichs Retail & Consumer bei PwC.

Für die Studie wurden 89 Unternehmen in Deutschland befragt, darunter 42 aus der Konsumgüterbranche und 41 Handelsunternehmen. Eine besonders hohe Beteiligung kommt aus den Branchen Lebensmittel und Bekleidung.

Beschaffung wird schwieriger – Wertschöpfungsstrukturen verändern sich

Knapp jedes dritte befragte Unternehmen geht davon aus, dass die Beschaffung von Rohstoffen und Vorprodukten in den kommenden Jahren insgesamt schwieriger wird. Von besonderer Bedeutung für das eigene Unternehmen sind dabei Marktverzerrungen durch Spekulationen an den Rohstoffmärkten, die gut 40 Prozent der Befragten für ein sehr hohes Risiko halten. Ebenso viele fürchten, dass Teile des Rohstoffhandels unter die Kontrolle weniger globaler Konzerne geraten und Monopole oder zumindest Oligopole mit entsprechender Markmacht entstehen könnten.

„Versorgungsengpässe bei Rohstoffen führen bereits heute zu einer tiefgreifenden Veränderung der Wertschöpfungskette in Handel und Konsumgüterindustrie. Groß- und Zwischenhändler werden weiter unter Druck geraten und müssen ihr Geschäftsmodell dringend überdenken“, rät Bovensiepen.

Entsprechend setzen sowohl Handelsunternehmen als auch Konsumgüterhersteller auf die Etablierung langfristiger Beziehungen zu den Rohstoffproduzenten. Ein wichtiges Instrument zur Lieferantenbindung ist die gemeinsame Durchführung von Nachhaltigkeitsprojekten. Diese Projekte werden vor allem für die Sicherung bestimmter Rohstoffqualitäten wie zum Beispiel Bioprodukten weiter an Bedeutung gewinnen.

Schwächen beim Risikomanagement

Der angemessene Umgang mit Versorgungsrisiken setzt voraus, dass diese überhaupt bekannt sind. Von den befragten Unternehmen schätzen jedoch nur 40 Prozent den eigenen Wissensstand zum Thema als gut oder sehr gut ein, während 27 Prozent ihre Kenntnisse als gering oder sogar sehr gering bezeichnen. Die Handelsunternehmen schätzen sich dabei deutlich schlechter ein als die Konsumgüterhersteller.

Eine Betrachtung der gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette bleibt bisher die Ausnahme. Tatsächlich stehen bei der Risikoanalyse vor allem die direkten Lieferantenbeziehungen im Vordergrund. Diese überprüfen gut 60 Prozent der Unternehmen regelmäßig, und zwei Drittel der Befragten achten auch auf eine möglicherweise zu starke Abhängigkeit von Einzellieferanten. Länderrisiken betrachten hingegen nur 38 Prozent der Unternehmen kontinuierlich.

Für ein effizientes Management der Versorgungsrisiken fehlen zudem in vielen Unternehmen geeignete Strukturen und Methoden. So haben drei von vier Befragten weder eine eigene Abteilung zur Erfassung von Versorgungsrisiken noch eine Unterabteilung im allgemeinen Risikomanagement. Stattdessen vertrauen knapp zwei Drittel der Unternehmen auf die persönliche Risikoeinschätzung von Mitarbeitern und Führungskräften. Entsprechend existiert nur bei einer Minderheit der Befragten (17 Prozent) eine ausformulierte Strategie zum Umgang mit Versorgungsrisiken.

„Besonders bedenklich ist allerdings, dass die Erkenntnisse über bestehende und künftige Risiken noch nicht nachhaltig in die Unternehmensprozesse eingebunden werden“, warnt Bovensiepen. So fließen die Informationen zu Versorgungsrisiken bei jedem dritten Unternehmen nicht in die Unternehmensplanung ein. Und nur jedes fünfte Unternehmen hat einen konkreten Notfallplan für unvorhergesehene Versorgungsengpässe.

Über PwC:

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Claudia Barbe presseportal

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