Hoher Grad der Vernetzung, aber sinkendes Interesse an der Integrierten Versorgung

Mit dem Thema „Vernetzte Versorgung“ hat der IT-Report Gesundheitswesen erneut ein aktuelles Thema der Qualität in der Patientenversorgung aufgegriffen. Angeschrieben wurden die Geschäftsführer aller deutschen Krankenhäuser. Die Befragung zeigt, dass mehr als drei Viertel der Häuser über Kooperations- und/oder Integrierte Versorgungsverträge vernetzt ist.

Aber nur ein Drittel der Häuser schätzt das Potenzial der Integrierten Versorgung als hoch oder sehr hoch ein. Mit den Hauptpartnern der Vernetzung sind integrierte Informationssysteme beziehungsweise Einweiserportale geplant. Die Sicherstellung der betrieblichen Effizienz in Kombination mit Prozessmanagement beschäftigt viele Häuser vorrangig. IT wird dabei zunehmend als ein Instrument zur Lösung von unternehmerischen Problemen angesehen. In der Hälfte der Häuser existiert deshalb ein strategischer IT-Plan und in einem Drittel setzt dieser bereits die Krankenhausstrategie direkt um.

Wie auch in den vergangenen Jahren fragte der IT-Report nach dem Einsatz von Krankenhausinformationssystemen, dem Stand der elektronischen Patientenakte sowie nach den Themen im Gesundheitswesen, die die Krankenhäuser derzeit bewegen. In der aktuellen Ausgabe wurde zusätzlich nach der Kooperation von Gesundheitsunternehmen und dem Stand der Integrierten Versorgung gefragt. In einem Vergleich mit dem Stand von 2005/2006 konnten aussagekräftige Trends aufgezeigt werden.

So ist der Anteil der Häuser ohne Vernetzung deutlich zurückgegangen und die Kombination aus Kooperationsvertrag und Integriertem Versorgungsvertrag (IV Verträge) im Gegenzug bedeutsam angestiegen. Der Prozentsatz der Häuser mit reinen IV Verträgen nahm dagegen ab. Schätzten noch 2005/2006 44 % der deutschen Krankenhäuser das Potenzial für die IV als hoch ein, waren dies 2009 nur noch 28 %. Als Hindernisse benannten die Häuser eine zu hohe Bürokratie bei IV Verträgen.

Kooperationen allgemeiner Art stünden häufig noch Finanzierungsprobleme im Wege. Hier werden anscheinend Instrumente jenseits der Integrierten Versorgung benötigt, die eine Zusammenarbeit reibungsloser gestalten lassen. Hauptsächliche Partner, mit denen sich Krankenhäuser vernetzen, waren Radiologische Praxen, andere Krankenhäuser, Arztpraxen, externe Apotheken und medizinische Labore. Derzeit erfolgt der elektronische Datenaustausch immer noch im Wesentlichen über E-Mail-Verkehr. Geplant sind jedoch tiefer integrierte Informationssysteme. Auch bei den sektorübergreifenden Klinischen Pfaden, die eine gute Koordination der Partner erst ermöglichen, gibt es noch Entwicklungsbedarf. Weniger als ein Viertel setzte solche Pfade routinemäßig ein oder entwickelte sie gerade.

Hausintern konnte sich die IT-Ausstattung in den deutschen Krankenhäusern weiter konsolidieren. So ist der Einsatz der elektronischen Patientenakte von Häusern, die entweder eine voll funktionsfähige EPA besitzen oder diese implementieren, innerhalb von 3 ? Jahren von ca. 42 % auf 57 % gestiegen. Bezogen auf Krankenhausinformationssysteme (KIS) nahm die Verbreitung von Patientenmanagementsystemen, PACS1, RIS2, Ambulanz- und klinischen Arbeitsplatzsystemen überzufällig zu. Eine gute hausinterne Verfügbarkeit von IT macht eine Vernetzung mit externen Partnern umso leichter. Das KIS scheint weiterhin ein Dauerthema zu sein, denn auch in der aktuellen Umfrage nannte eine Vielzahl von Häusern die Neueinführung bzw. das Update eines KIS als erste Priorität. Die Verbesserung des Einsatzes bestehender Systeme und die Einführung von Workflowmanagementsystemen folgten mit jeweils gleichem Prozentsatz auf Platz zwei. Obwohl die Krankenhäuser in der Mehrheit mit ihren IT-Systemen zufrieden waren, gaben sie ihrem Haupt-IT-Lieferanten im Mittel nur die Schulnote „befriedigend“. Das IT-Budget für laufende Aufwendungen lag zwischen 1,6 % und 2,0 %, dasjenige für IT-Investitionen zwischen 1,1 % und 1,5 %. Allerdings gaben 45 % der Häuser an, dass ihre IT-Ausgaben auch auf anderen Kostenstellen gebucht wurden, so dass es schwer ist, einen vollständigen Überblick über alle IT-Ausgaben zu erhalten. Knapp ein Viertel der Häuser besaß keine eigene IT-Kostenstellengruppe. Vor diesem Hintergrund sind die Prozentangaben für das IT-Budget in Krankenhäusern weiterhin vorsichtig zu interpretieren.

Der aktuelle IT-Report Gesundheitswesen spiegelt die Veränderungen der deutschen Krankenhäuser während der letzten Jahre wider, die mehr und mehr eine umfassende IT-Infrastruktur aufbauen, um ihre internen Prozesse informatorisch zu begleiten. Dem Chandler'schen Leitsatz „structure follows strategy“ getreu werden diejenigen Krankenhäuser IT-Strukturen zur Vernetzung implementieren, deren Strategie in Richtung Kooperation ausgelegt ist. Und das sind laut Erkenntnis des IT-Reports Gesundheitswesen nicht wenige Häuser.

Der IT-Report Gesundheitswesen wurde durch die Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen der Fachhochschule Osnabrück unter Leitung von Frau Professor Dr. Ursula Hübner in Kooperation mit der nordmedia Hannover herausgegeben. Der IT-Report Gesundheitswesen ist Bestandteil der Landesinitiative eHealth.Niedersachsen des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Hannover. Er wurde durch öffentliche Drittmittel finanziert und ist frei zugänglich unter www.it-report-gesundheitswesen.info.

Hübner U., Sellemann B., Egbert N., Liebe J.D., Flemming D., Frey A. (2010) IT-Report Gesundheitswesen – Schwerpunkt Vernetzte Versorgung. Schriftenreihe des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, Hannover.

Kontakt:
Wiss. Mitarbeiter Björn Sellemann
Fachhochschule Osnabrück, Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen
http://www.it-report-gesundheitswesen.info
E-Mail: b.sellemann@fh-osnabrueck.de

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Miriam Riemann idw

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