Was Greise glücklich macht

Glücklich ein hohes Alter zu erreichen ist ein Traum vieler. Was zur Zufriedenheit von hochbetagten Menschen beiträgt und was sie im Gegenteil depressiv machen kann, haben nun Forscher der Iowa State University untersucht.

In der Zeitschrift „Gerontology“ berichten sie, dass Leistungen in früheren Jahren und auch der Erhalt der Eigenständigkeit eine wichtige Rolle spielen. Das Thema ist aktueller denn je, wird doch jedes zweite heute geborene Baby mindestens hundert Jahre alt (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/091002012/ ).

Keine Wende im Alter

Die Forscher befragten 100- und 80-Jährige nach Gesundheit, sozialer und finanzieller Sicherheit sowie Lebenszufriedenheit. Es stellte sich heraus, dass besonders das Denken an frühere Leistungen und Glückerfahrungen die Stimmung hebt. Als man nach depressiven Symptomen suchte, zeigte sich bei den 100-Jährigen ein Zusammenhang zum Ausgeliefertsein an die Pflege und die Sorge um die Zukunft der Welt. Die 80-Jährigen schmerzte der Verlust der Fähigkeit, Probleme zu lösen und die Kontrolle allmählich zu verlieren. Materielle Ressourcen und Intellekt hatten weder für Glück noch für Depression besondere Auswirkung.

„Die Vergangenheit ist die beste Vorhersage für die Zukunft. Das Leben nimmt keine entscheidende Wendung mehr, wenn man 85 oder 90 Jahre alt ist. Deshalb kann die Erinnerung an ein früher verspürtes Glück auch in den letzten Lebensjahren tragen“, betont Studienleiter Peter Martin. Für die Betreuung alter Menschen schlägt er vor, die Rückerinnerung und den strukturierten Lebensrückblick gezielt einzusetzen. Auch könne schon eine kurzes Gespräch über die Vergangenheit uralte Menschen für mehrere Stunden glücklich machen.

Alter bringt kristalline Intelligenz

„Alle Menschen sind auf manches im Leben stolz und ein kleines Lächeln überkommt sie, wenn sie daran denken. Warum sollte sich das im hohen Alter ändern?“, fragt Katharina Pils von der österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie http://www.geriatrie-online.at im pressetext-Interview. Ob man Positives von früher halten könne, sei auch eine Frage des Charakters, des Selbstbewusstseins und der Integration. Letztere werde Senioren allerdings oft zum Problem. „Sie erleben ständig Verluste wie etwa Todesfälle im nahen Umfeld, die viel Trauerarbeit erfordern und zur Isolation beitragen können. Immer wieder sind Senioren sozial abgeschnitten.“

Um dem entgegenzuwirken sei es wichtig, Alte in ihrer Eigenverantwortlichkeit zu stärken. „Was zählt, ist die aktive Teilhabe an der Gesellschaft. Heute sind die 80- bis 90-Jährigen körperlich und geistig meist noch agil und können etwa Betreuungsaufgaben oder Ehrenämter übernehmen“, so Pils. Sei der Verlust von Faktenwissen und Lernfähigkeit auch vorprogrammiert, steige selbst im Alter noch die Fähigkeit des vernetzten Denkens. „Die Stärke alter Menschen ohne Demenz ist, dass sie viele gespeicherte Informationen zusammentragen können. Das wird als 'kristalline Intelligenz' bezeichnet.“

Senioren im Studentenheim

Die Frage, wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, drängt angesichts der zunehmenden Überalterung immer mehr (siehe auch http://pressetext.com/news/090124002/ ). Pils berichtet von Projekten, die auf Senioren-spezifische Stärken wie Kurrentschrift-Lesen, Wissen über alte Rezepte oder Zeitzeugen-Wissen abzielen. „Vor allem brauchen wir soziale Angebote zwischen Generationen, die Wertschätzung erfahren lassen. Möglich wäre es, Pensionisten- und Studentenheime zu verbinden, wobei eine Patenschaft für einen Alten den Studenten Vergünstigungen bringt“, so die Expertin. Zugute kommen würde solchen Projekten das entspannte Verhältnis zur Enkelgeneration. „Anders als zwischen aufeinander folgenden Generationen oft Konflikte, verschwindet zur übernächsten Generation alles Belehrende.“

Die Altenmedizinerin fordert darüber hinaus eine Neuausrichtung der öffentlichen Diskussion. „Immer wieder ist zu hören, dass Alte zu teuer sind, was etwa Ausgaben für Gesundheit oder Pensionen betrifft. Alten gibt das Angst um ihre Lebensgrundlage“, so Pils. Entschärfen könnte man diese Situation, wenn anerkannt würde, dass jede Altersgruppe auf ihre Weise Ressourcen aus der Gesellschaft entnimmt. „Junge erhalten die Ausbildung, und auch Arbeitende nutzen die Infrastruktur bis hin zu Kranken- und Versicherungsleistungen, die alte Menschen gar nicht mehr brauchen.“

Abstract zur Studie zu Glück unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20110722 bzw. zur Zufriedenheit unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20110723

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.iastate.edu

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