Gesundheit, Familie und Gesellschaft – Die Eckpfeiler europäischer Lebensqualität

Der europaweiten Erhebung zur Lebensqualität (Second European Quality of Life Survey – 2EQLS) der in Dublin ansässigen EU-Agentur Eurofound zufolge, sehen Deutsche die Qualität und Zugangsmöglichkeiten zu ihrem Gesundheitssystem im europäischen Vergleich als durchschnittlich an.

Diese Umfrageergebnisse stehen auf gleicher Stufe mit Ergebnissen aus Estland, sind dabei jedoch weit höher als in vielen neuen EU-Mitgliedsstaaten. Deutsche Bürger schätzen ihre individuelle Gesundheit niedriger als der EU-Durchschnitt ein und Deutschland liegt damit auf gleicher Ebene wie Finnland, Österreich und Belgien. Indessen ist das Vertrauen in politische Institutionen in Deutschland höher als in Großbritannien, jedoch geringer als in Frankreich und Spanien. Die Erhebung, die am 25. März unter tschechischer EU-Präsidentschaft in Prag veröffentlicht werden soll, deckt ebenso auf, dass EU-Bürger im Allgemeinen mit ihrer Lebensqualität zufrieden sind, wobei gravierende Unterschiede hinsichtlich des Niveaus von Lebenszufriedenheit und Glücklichkeit bestehen, insbesondere zwischen den 12 neuen EU-Mitgliedsstaaten.

In der Europäischen Union geben vier von fünf Menschen (81%) an, dass Gesundheit eine große Rolle im Zusammenhang mit der Bewertung ihrer Lebensqualität spiele. Hinsichtlich ihres aktuellen Gesundheitszustandes bewerten mehr als zwei von drei EU-Bürgern (67%) diesen als „sehr gut oder gut“, einer von vieren (24%) als „mittelmäßig“ sowie einer von zehn (9%) als „schlecht oder sehr schlecht“. In den 12 neuen EU-Mitgliedsstaaten und den drei EU-Kandidatenländern schätzt eine größere Anzahl von Menschen ihre individuelle Gesundheit als „schlecht oder sehr schlecht“ ein, insbesondere Frauen. Die Tatsache, dass schlechte Gesundheit wesentlich häufiger mit zunehmendem Alter genannt wird, sollte dabei keine Überraschung sein: Für die EU27 gaben weniger als 2% der Befragten im Alter von 18 bis 34 einen schlechten Gesundheitsstand an, im Gegensatz zu 18% der Befragten im Alter von 65 oder darüber. Die Erhebung deckt auch auf, dass ein beträchtlicher Teil von EU-Bürgern Schwierigkeiten dabei hat, Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Einer von vier Befragen (25%) gab dabei Probleme hinsichtlich der zurückzulegenden Distanz zwischen Wohnort und Arztpraxis bzw. Krankenhaus an, wobei mehr als zwei von fünf (38%) Befragten Wartezeiten bei der Vereinbarung von Arztterminen hinnehmen müssen und mehr als einer von vier Befragten (27%) Schwierigkeiten bei der Aufbringung der Kosten einer ärztlichen Untersuchung hat.

Gleichermaßen deckt die Erhebung auf, dass das Familienleben eine Schlüsselrolle hinsichtlich der Lebensqualität spielt: sieben von zehn (68,7%) Menschen in Europa gaben an, dass ein gesundes Familienleben für sie ein entscheidender Faktor in Bezug auf die Lebensqualität ist. Die Erhebung zeigt auch, dass sich einer von drei Befragten für die EU27 (30%) täglich mit Kinderbetreuung befasst, wobei kleinere Unterschiede zwischen NMS12- (33%) und EU15-Ländern (29%) bestehen. Im Hinblick auf die tatsächlich damit verbrachte Zeit, Kinder zu betreuen oder zu erziehen, gaben Frauen 33 und Männer über 18 Wochenstunden an. Frauen gaben ebenso an, über 18 Stunden pro Woche mit Kochen und Hausarbeit zu verbringen, im Gegensatz zu den 10 Stunden pro Woche, die Männer mit derartigen Tätigkeiten verbringen. Einer von fünf (20%) Befragten in EU15-Ländern ist der Ansicht, dass sie mehr Hausarbeit als eigentlich nötig verrichten – ein Wert der in den NMS12- und KL3-Ländern (18% bzw. 17%) nur geringfügig niedriger ausfällt.

Die subjektiv wahrgenommene Qualität der Gesellschaft ist ein weiterer elementarer Bestandteil des mehrdimensionalen Konzepts der Lebensqualität. Das Ausmaß des gesellschaftlichen – und nicht nur des individuellen – Wohlbefindens wird im Rahmen der Lissabon-Agenda ausdrücklich betont und steht somit im Fokus der EU-Sozialpolitik. Die politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen der zwei jüngsten EU-Erweiterungen zeigen sich im Hinblick auf die Einkommensverteilung, des Vertrauens in politische Institutionen und soziale Beziehungen. Innerhalb der 12 neuen EU-Mitgliedern ist das Vertrauen in politische Institutionen in Polen, Ungarn, Litauen und der Tschechischen Republik am niedrigsten, wobei Italien, Portugal und Großbritannien in dieser Hinsicht zu den EU15-Ländern zählen. Die Frage, das anderen Menschen in ihrem Land entgegengebrachte Maß an Vertrauen auf einer Skala von 1 bis 10 zu bewerten, ergab, dass Menschen in den Nordländern und den Niederlanden ihren Mitmenschen das höchste Maß an Vertrauen entgegenbringen. Menschen in Zypern dagegen äußerten, am wenigsten Vertrauen in andere Menschen in ihrem Land zu haben, gefolgt von Bürgern der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien („EJRM“).

„Die Herausforderungen, die sich aus sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung, sich ändernden Familienstrukturen, neuen Geschlechterrollen sowie der EU-Erweiterung allgemein ergeben haben, haben gleichzeitig bewirkt, dass Probleme bezüglich der allgemeinen Lebensqualität in den Vordergrund politischer Debatten der EU gerückt sind“, erklärt Jorma Karppinen, der Leiter von Eurofound. ‘Die europäische Erhebung zur Lebensqualität dokumentiert nicht nur Lebensbedingungen und wirtschaftliche Umstände der Menschen in Europa, sondern auch wie diese Menschen über diese Themen und die Gesellschaft, in der sie leben, denken“.

Die EQLS untersucht soziale Beziehungen im Hinblick auf Spannungen zwischen bestimmten Gruppen sowie die Haltung gegenüber Migranten. Innerhalb der EU15-Länder zeigt die Erhebung, dass die größten Spannungen zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Jung und Alt in Luxemburg (23% bzw. 25%) bestehen, gefolgt von Spanien (20% bzw. 19%) und Griechenland (18% bzw. 21%). Dänemark (6% bzw. 5%) befindet sich dabei am unteren Ende der Skala. Von den 12 neuen Mitgliedsstaaten sticht Ungarn (20% bzw. 30%) besonders hervor, gefolgt von, Bulgarien, Zypern und Malta.

Angehörigen eines Staates die Möglichkeit zu geben, ein Gleichgewicht zwischen ihrem Familienleben, persönlichen Verpflichtungen und dem Arbeitsleben herstellen zu können, hat sich zu einem zentralen Thema in der Diskussion um die EU-Sozialpolitik entwickelt. Dennoch gab fast die Hälfte (48%) aller befragten EU-Bürger in bezahlten Beschäftigungsverhältnissen an, als direkte Folge ihrer Arbeit mehrmals im Monat zu müde zu sein, um Hausarbeiten zu verrichten. Der Bericht zeigt dabei auch, dass Männer und Frauen in den EU27-Ländern fast im gleichen Ausmaß damit zu kämpfen haben, eine Balance zwischen Beruf und Privatleben herzustellen. Etwa 22% der arbeitenden Männer geben an, mehrmals pro Woche zu müde zu sein, um Hausarbeiten zu erledigen, wobei 21% der Frauen dasselbe Problem beklagen. Indessen geben 11% aller Männer an, aufgrund ihrer Arbeit mehrmals pro Woche Probleme damit zu haben, ihren familiären Verpflichtungen nachzukommen, verglichen mit 10% aller Frauen.

Die Erhebung zeigt deutlich, dass materielle Umstände, Lebensstandard und allgemeines Wohlbefinden der Menschen in starker Abhängigkeit zu persönlichem Einkommen sowie zum wirtschaftlichen Reichtum des Landes, in dem sie Leben, stehen. Der 2EQLS zufolge war einer von vier Haushalten in KL3-Ländern und einer von fünf Haushalten in NMS12-Ländern nicht dazu im Stande, ihre Nebenkostenabrechung pünktlich abzuwickeln. Diese Werte sind wesentlich höher als in EU15-Ländern, wo lediglich einer von zehn Haushalten nicht in der Lage war, Rechnungen pünktlich zu begleichen.

„Zwischen November 2007 und Februar 2008 wurden im Rahmen dieser Erhebung 35.000 persönliche Befragungen mit Menschen in 31 Ländern quer durch Europa durchgeführt”, so Robert Anderson, der Abteilungsleiter des Teams für Lebensbedingungen und Lebensqualität bei Eurofound. „Die Erhebung bietet einen einzigartigen und zeitgerechten Einblick in das mehrdimensionale Konzept der Lebensqualität in Europa und stellt außerdem Informationen bezüglich des Lebensstandards und der Lebensqualität von Europäern bereit, die für politische Entscheidungsträger und Interessengruppen mit dem Ziel, eben diese Lebensqualität zu verbessern, unentbehrlich sind.“

Der komplette Bericht ist verfügbar unter: www.eurofound.europa.eu/publications/htmlfiles/ef0902.htm

Ein spezielles Kartographie-Werkzeug, das Daten aus diesem Bericht übersichtlich in leicht zugänglichen Formaten bereitstellt, ist verfügbar unter: www.eurofound.europa.eu/areas/qualityoflife/eqls/eqls2007/results.htm

Eine Zusammenfassung in allen 22 offiziellen EU-Sprachen ist verfügbar unter: www.eurofound.europa.eu/publications/htmlfiles/ef0852.htm

Ein Pressepaket der Europaweiten Erhebung zur Lebensqualität ist verfügbar unter: http://www.eurofound.europa.eu/press/presspack/eqls2007/index.htm

Für weitere Informationen, kontaktieren Sie bitte:

Måns Mårtensson, Pressechef, per E-Mail: mma@eurofound.europa.eu, bzw. per Telefon: +353-1-204 3124 oder Mobil +353-876-593 507.
Teresa Renehan, Information Liaison Officer, per E-Mail: ter@eurofound.europa.eu, bzw. per Telefon: +353-1-204 2126.

Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions – Eurofound) ist ein dreigeteiltes EU-Gremium, dessen Aufgabe darin besteht, den wichtigsten Handelsträgern der Sozialpolitik Untersuchungsergebnisse, Sachkenntnis und Rat aus der vergleichenden Forschung zur Verfügung zu stellen. Die Stiftung wurde durch die Verordnung EWG Nr. 1365/75 des Rates vom 26. Mai 1975 gegründet und hat ihren Sitz in Dublin (Irland).

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Elaine Funnell prnewswire.co.uk

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