Gemobbte Kinder stärker suizidgefährdet
Forscher der University of Warwick sehen eine Korrelation in Mobbing und Suizidgedanken bei elfjährigen Kindern. Kinder, die Opfer oder Täter von Mobbing sind, neigen dreimal so häufig dazu, sich das Leben zu nehmen.
Faktoren wie Familie spielten bei der Erwägung von Suizid keine Rolle. Kinder, die nie geärgert werden, haben vergleichsweise selten Suizidgedanken, so die Forscher. Je länger der Zeitraum sei, in dem die Kinder schikaniert wurden, desto öfter würden diese an Selbstmord denken.
Zigaretten, Alkohol und Marihuana
„Ärzte sollten sich bewusst sein, dass es eine Beziehung zwischen Mobbing und Suizid gibt“, sagt Studienautor Dieter Wolke in Warwick. Suizidbezogenes Verhalten sei ein ernstes Problem für vorpubertäre Jugendliche. Eine Studie der Ohio State University http://ehe.osu.edu zeigt auch, dass sich Opfer und Täter in ihrem Verhalten ähneln. Die US-Forscher konnten belegen, dass sowohl geschädigte Jugendliche als auch die „Tyrannen“ häufiger zu Zigaretten, Alkohol und Marihuana greifen als unbeteiligte Kinder.
Laut Kisha Radliff, Hauptautor der Studie und Assistant Professor für Psychologie an der Schule der Ohio State University gehören Schüler, die häufig lügen oder falsche Gerüchte über andere erzählen, auch zur Kategorie der „Täter“, nicht nur diejenigen, die Gewalt anwenden oder anderen Angst einjagen. Die Ergebnisse der US-Studie zeigen auch, dass Mobbing bei den jüngeren und Drogenkonsum bei den älteren Schülern verbreitet ist. Dennoch variieren Mobbingbeteiligung und der Gebrauch von Drogen.
Mobbing als Extremsituation
Reinhold Jäger, Psychologe am Zentrum für Empirische Pädagogische Forschung der Uni Landau http://zepf.eu , würde in beiden Fällen keinen ursächlichen Zusammenhang erstellen. Dass Kinder, die gemobbt werden, öfter an Suizid denken, liegt für den Psychologen auf der Hand. „Das Kind ist in einer Extremsituation. Wenn einer Person die Freiheit beraubt und wenn sie immer mehr eingeengt wird, denkt dieser Mensch eher an Selbstmord“, sagt Jäger gegenüber pressetext.
Dass die Täter mit derartigen Gedanken spielen würden, kann sich der aber Wissenschaftler kaum vorstellen. Kinder tyrannisieren andere häufig aus einer Situation heraus. Sie üben dann Macht aus, wenn sie Machtpositionen von zu Hause mitbekommen haben. Oft verselbständigt sich das Verhalten der vermeintlichen Täter. „Sie werden durchaus beklatscht, haben ein höheres Ansehen und werden von Kindern bestärkt, die ähnlich agieren“, sagt Jäger.
Typische Oper-Täter-Strukturen
Als Opfer werden die schwächeren Kinder gewählt, die sich rhetorisch und körperlich nicht wehren können. „Das Opfer ist häufig ein Kind, das sehr ungeschickt ist. Ein Kind, das über seine eigenen Füße stolpert“, erklärt Jäger. Die Opfer sind in der Regel physisch und psychisch schwächer als die Täter. Dass die Opfer häufiger zu Drogen greifen, könne daran liegen, dass sie ihre Rolle als Schikanierte vergessen möchten.
Den ursächlichen Zusammenhang sieht Jäger aber hier auch nicht. Dass die Unterdrücker häufiger Drogen nehmen, könne damit zusammenhängen, dass sie einem entsprechenden Freundeskreis angehören. Das sei aber bei Mobbingopfern auch nicht anders: Der Zugang zu Rauschmitteln muss gegeben sein.
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