Wie fühlt das Gehirn?

Wie unterscheidet sich die Gehirnaktivität bei Patienten mit psychischen Erkrankungen von der bei Gesunden? Was ändert eine Psychotherapie daran?

Diese Fragen wollen Wissenschaftler der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg um Professor Dr. Sabine Herpertz mit Hilfe eines neuen Magnetresonanztomographen (MRT) auf den Grund gehen.

Die Kosten für den 3-Tesla-MRT von Siemens und einen Anbau im Innenhof der Kopfklinik belaufen sich auf 3,5 Millionen Euro, 1,2 Millionen Euro davon übernimmt die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Am 13. Juli 2011 wird der Forschungsscanner im Rahmen einer Pressekonferenz offiziell übergeben; erste Studien laufen bereits.

„Mit dem neuen Gerät steht uns erstmals ein MRT allein für wissenschaftliche Projekte und Studien zur Verfügung“, erklärt Frau Professor Herpertz, Ärztliche Direktorin der Universitätsklinik für Allgemeine Psychiatrie Heidelberg. „Ich gehe davon aus, dass das unsere Forschung deutlich beschleunigen wird.“ Andere Kernspintomographen des Universitäts-klinikums dienen hauptsächlich der Patientenversorgung: Bei Notfällen mussten geplante Experimente daher abgebrochen werden. An dem neuen Scanner forschen in Zukunft neben weiteren Wissenschaftlern des Psychosozialen Zentrums (Geschäftsführender Direktor: Professor Dr. Wolfgang Herzog) auch Neurologen, Neuroradiologen und Radiologen. Untergebracht ist das Gerät in der Abteilung für Neuroradiologie der Neurologischen Universitätsklinik (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Martin Bendszus), von der es auch betrieben wird.

Frau Professor Herpertz und ihr Team wollen mit dem neuen MRT sichtbar machen, welche Netzwerke im Gehirn an der Verarbeitung von Gefühlen, an ihrer Aktivierung, aber auch an ihrer Kontrolle beteiligt sind, und wie sich diese Aktivität bei psychischen Erkrankungen verändert. Aktuell läuft eine Studie zum Vergleich verschiedener Therapien bei Borderline-Störung, die mit heftigen, als unkontrollierbar erlebten Gefühlsausbrüchen einhergeht. Vorarbeiten des Teams zeigten bei Borderline-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen deutliche Abweichungen der Gehirnaktivität, wenn es um die Kontrolle und auch Wahrnehmung von Gefühlen geht.

Wie verändert eine Psychotherapie die Gehirnaktivität?

Im Rahmen der Studie prüfen die Wissenschaftler, wie sich die therapeutischen Interventionen auf die Gehirnaktivität der Betroffenen auswirken und Funktionsstörungen kompensieren. Dazu vergleichen sie MRT-Messungen des Gehirns davor und danach. „Wir werden damit erstmals zeigen, welche Veränderungen die einzelnen Therapien im Zusammenspiel der neuronalen Netzwerke im Gehirn verursachen“, so die Psychiaterin. „So haben wir die Möglichkeit, die psychotherapeutischen Methoden gezielt zu verbessern.“ Darüber hinaus sollen die Ergebnisse auch die Therapiewahl erleichtern: „Wir erhoffen uns Hinweise darauf, welche Intervention sich am besten für welchen Patienten eignet“, erklärt Herpertz.

In einer weiteren Studie geht es um den Vergleich zweier Therapiemethoden bei chronischer Depression. Die multizentrische Studie unter Federführung des Universitätsklinikums Freiburg startete im März. Dr. Knut Schnell, leitender Oberarzt der Klinik, ist verantwortlich für die begleitenden, neurobiologischen Untersuchungen. Im Fokus der Wissenschaftler steht dabei die sogenannte Verhaltensprädiktion, also die Fähigkeit das Verhalten eines Mitmenschen vorauszusehen und entsprechend darauf einzuwirken. „Chronisch Depressive glauben, auf ihre Mitmenschen keinen Einfluss zu haben. Wir prüfen, ob man dieses Denkmuster an der Aktivität bestimmter Gehirnareale festmachen kann, und wie die Therapien diese beeinflussen“, so Herpertz.

Ansprechpartnerin für Journalisten:
Professor Dr. Sabine Herpertz
Ärztliche Direktorin
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Universitätsklinikum Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 44 66
E-Mail: Sabine.Herpertz@med.uni-heidelberg.de
Weitere Informationen im Internet:
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Presseunterlagen.22.0.html
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

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