Forsa-Umfrage im Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung: Hepatitis – das verkannte Risiko

Das ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Wissenschaftsjahres Gesundheitsforschung zum Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli. Dieser will das Thema verstärkt in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit rücken, denn insbesondere bei jungen Menschen sind die Wissenslücken groß.

Laut der World Health Organization (WHO) sind weltweit mehr als 500 Millionen Menschen von chronischer Hepatitis B oder C betroffen. Auch in Deutschland ist die Zahl der Infizierten mit rund einer Millionen Patienten groß. Trotzdem konnten 24 Prozent der Befragten kein Krankheitsbild mit Hepatitis verbinden. Nur 62 Prozent wussten auf Anhieb, dass es sich um eine Erkrankung der Leber handelt.

Das Wissen hängt stark vom Alter der Befragten ab: Den Umfrageteilnehmern über 45 Jahre war mit rund 70 Prozent überdurchschnittlich häufig bekannt, was Hepatitis ist. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren wussten nur 35 Prozent, welches Organ von der Infektion betroffen ist.

„Das Problem ist, dass die Funktionen der Leber kaum bekannt sind – entsprechend gering ist die Kenntnis über Erkrankungen dieses lebenswichtigen Organs“, erklärt Professor Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitarbeiter der Deutschen Leberstiftung. „Hinzu kommt der heimtückische Verlauf von Hepatitis: Symptome wie Müdigkeit, Fieber oder Übelkeit machen sich nur schleichend bemerkbar, oft erst Jahre nach der Infektion.“ Vorurteile, zum Beispiel dass hauptsächlich Drogen- oder Alkoholabhängige betroffen sind, verringern das Risikobewusstsein zusätzlich, so der Hepatitis-Experte. Dass die Krankheit in der Bevölkerung eine unterschätzte Gefahr ist, zeigt auch die Sorglosigkeit der Befragten: 80 Prozent erklärten, sich bislang keine Gedanken über eine Ansteckung zu machen. Bei den jüngeren Studienteilnehmern gaben sogar 85 Prozent an, noch nie Angst vor einer Hepatitis-Infektion gehabt zu haben.

Es gibt im Wesentlichen drei Infektionsquellen für Hepatitis, von denen eine allerdings hierzulande fast keine Rolle spielt: Hepatitis A wird meist über Nahrungsmittel oder Wasser übertragen. Diese Form zählt zu den häufigsten Reisekrankheiten und heilt meist ohne Komplikationen wieder aus. Hepatitis B und C dagegen können chronisch werden. Hauptquellen sind nach wie vor Blutkontakte durch beispielsweise kontaminierte Nadeln von Drogensüchtigen, aber auch der Austausch von Körperflüssigkeiten, etwa beim Geschlechtsverkehr. Die Mehrheit der Befragten kannte diese Übertragungswege nicht: Körperflüssigkeiten war nur 40 Prozent und Blut 32 Prozent der Befragten als Infektionsquelle geläufig, verunreinigtes Wasser und Essen nannten 27 Prozent.

Trotz der Wissenslücken betreibt fast jeder zweite Befragte Vorsorge: 46 Prozent der Umfrageteilnehmer sind gegen Hepatitis geimpft. Besonders hoch ist die Rate bei den 18- bis 29-Jährigen. Bei ihnen sind zwei von drei Befragten geschützt – wohl ein Ergebnis der verstärkten Präventionsarbeit in Deutschland, die speziell auf junge Menschen abzielt: Seit 1995 empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut eine generelle Schutzimpfung gegen Hepatitis B im Kindesalter. Zudem wurde 1998 die sogenannte J1-Untersuchung für 12- bis 14-Jährige eingeführt, die Haus-, Kinder- und Jugendärzte anbieten und unter anderem die Möglichkeit einschließt, Impfungen nachzuholen.

Laut der Deutschen Leberstiftung besteht nach einer Hepatitis-A-Vorsorge wahrscheinlich ein lebenslanger Schutz: Es sind keine Infektionen nach erfolgreicher Impfung bekannt. Bei Hepatitis B dagegen gibt es in fünf bis zehn Prozent der Fälle sogenannte „Impfversager“. Trotzdem: Laut Ständiger Impfkommission sollten vor allem Reisende in Tropengebiete vorbeugen. Auch zwei von drei Studienteilnehmern halten eine Impfung vor einem Aufenthalt in bestimmten Ländern für notwendig.

Die meisten Befragten sind mit einer Kombination gegen Hepatitis A und B geschützt. Für Hepatitis C existiert keine Impfung, allerdings laufen derzeit mehrere Forschungsprojekte, um einen Schutz vor der Erkrankung zu ermöglichen. Die Therapieforschung macht ebenfalls Fortschritte: So gibt es beispielsweise neue virushemmende Substanzen, die eine Infektion ausheilen können. Auch das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gegründete und von der Deutschen Leberstiftung getragene „Kompetenznetz Hepatitis“ treibt die Grundlagenforschung voran, um die Behandlung der Patienten zu verbessern. „Zum Beispiel wird derzeit erforscht, warum bei manchen Betroffenen die Erkrankung spontan ausheilt, damit wir Rückschlüsse auf neue Therapien erhalten“, sagt Professor Heiner Wedemeyer. „Ich hoffe, dass uns die nächsten Jahre bei der Bekämpfung von Hepatitis einen großen Schritt voranbringen.“

Die Wissenschaftsjahre sind eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam mit Wissenschaft im Dialog (WiD). Seit 2000 dienen sie als Plattform für den Austausch zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft entlang ausgewählter Themen. Im Wissenschaftsjahr 2011 – Forschung für unsere Gesundheit steht der Mensch im Mittelpunkt – und mit ihm die Individualisierte Medizin als Zukunft von Vorsorge, Diagnostik und Therapie.

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