Fehlendes Morgenlicht verzögert den Schlaf

Wer am Morgen kein wachmachendes Tageslicht sieht, verspielt damit eine natürliche Einschlafhilfe am Abend. Das berichten Forscher vom New Yorker Rensselaer Polytechnic Institute in der Zeitschrift Neuroendocrinology Letters.

Im ersten Feldversuch in einer Schule konnten sie bisherige Laborforschungen bestätigen, denen zufolge fehlende Aufnahme von kurzwelligem Morgenlicht das Einschlafen am Abend nach hinten hinausschiebt. Die Ursache sehen die Forscher in der Verzögerung der Produktion des Einschlaf-Hormons Melatonin.

Die Wissenschaftler um Marina Figueiro verpassten den an der fünftägigen Studie teilnehmenden Jugendlichen eine spezielle orangefarbene Brille, die den blauen Anteil des Morgenlichts abschirmt. Es zeigte sich, dass die Schüler schon nach fünf Tagen durchschnittlich eine halbe Stunde später einschliefen als sonst. Hormontests vor und nach dem Brillentragen zeigten, dass die Melatonin-Produktion täglich um sechs Minuten später begann. Das habe Folgen für die innere Uhr und somit auf Körpertemperatur, Wachheit, Appetit, die weitere Hormonproduktion und die Schlafrhythmen.

Zu wenig Sonne am Schulweg

Da der Körper Melatonin üblicherweise erst zwei Stunden vor dem Einschlafen produziert, fehlt mit dem Morgenlicht der Stimulus der inneren Uhr, die Jugendlichen zur üblichen Zeit ins Bett gehen lässt. Damit bekommen sie weniger Schlaf und schneiden womöglich auch schlechter in Leistungstests ab. „Diesen Zustand bezeichnet man neuerdings als 'Nachteulen-Syndrom'“, erklärt die Studienleiterin. Da viele Schüler schon bei oder vor Sonnenaufgang in der Schule seien, würden sie zuwenig am stimulierenden Morgenlicht abbekommen. Es gebe zwar auch Tageslicht-Lampen mit hohem Blauanteil, doch seien diese bisher noch kaum in Schulen installiert.

„Mehr Tageslicht in den Schulen ist eine einfache, nicht-medikamentöse Form, um den Schlaf von Kindern und Jugendlichen zu verbessern“, resümiert Figueiro. Besonders würden jedoch Schichtarbeiter und Alzheimerpatienten an unregelmäßigem Schlaf leiden. Eine bewusste Wegnahme oder Erhöhung des Tageslichts zu bestimmten Zeiten könnte diesen Gruppen besseren Schlaf und somit auch bessere allgemeine Befindlichkeit bringen. Eine deutsch-österreichische Studie zeigte erst vor kurzem, dass Beleuchtung mit mehr Blauanteil Demenzpatienten mehr Agilität verleiht (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090709024/ ).

Blaues Licht gegen den Winterblues

„Ein deutlicher Hell-Dunkel-Wechsel zwischen Tag und Nacht hilft dabei, tags aktiver und nachts schläfriger zu sein“, bestätigt Vivien Bromundt vom Zentrum für Chronobiologie an der psychiatrischen Universitätsklinik Basel http://www.chronobiology.ch gegenüber pressetext. Besondere Ausnutzung finde dieser Umstand in der Lichttherapie. „Etwa gegen Winterdepressionen setzt man Lampen mit hohem Blauanteil ein, die Lichtstärken bis 10.000 Lux haben. Sie liefern ein grelles, sehr weißes Licht.“ Deutlich stärker sei freilich das Licht eines schönen Sommertages, das bis zu 100.000 Lux erreicht.

Schaden kann die künstliche Beleuchtung mit mehr Blauanteil nach bisherigem Wissensstand nicht. „In extrem seltenen Fällen kommt es zu Kopfweh oder Übelkeit. Fälle von Netzhautschädigungen sind hingegen nicht bekannt, da gute Lichttherapielampen auch einen ausreichenden UV- und Infrarotschutz haben“, so Bromundt. Licht sei somit ein schonenderer Eingriff zur Behandlung des Schlaf-Wach-Rhythmus als Medikamente.

Abstract des Originalartikels unter http://node.nel.edu/?node_id=9849

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Johannes Pernsteiner pressetext.schweiz

Weitere Informationen:

http://www.rpi.edu

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