Erinnerungen beeinflussen Entscheidung für oder gegen bestimmtes Essen

„Viele unserer alltäglichen Entscheidungen wie zum Beispiel ´In welches Restaurant gehen wir essen?´ stützen sich auf den Abruf relevanter Informationen aus dem Gedächtnis. Die neuronalen und kognitiven Mechanismen solcher Entscheidungen sind aber bisher kaum untersucht worden“, erläutert Prof. Dr. Christian Büchel, Direktor des Instituts für Systemische Neurowissenschaften des UKE.

Bekannt ist, dass bei diesen Gehirnprozessen der Hippocampus, eine klassische „Gedächtnis-Region“, und der ventromediale präfrontale Kortex im Stirnlappen, eine „Entscheidungs-Region“, beteiligt sind.

In der Studie hatten 30 hungrige, jüngere Probanden eine Aufgabe zu lösen, bei der sie zunächst 48 Snacks danach zu bewerten hatten, wie sehr sie sie mögen – etwa Chips und Schokoladenriegel, Salzgebäck und Gummibonbons.

Anschließend mussten sie sich im Magnetresonanztomographen (MRT) wiederholt zwischen je zwei Essensangeboten entscheiden. Die Snacks wurden ihnen, verbunden mit bestimmten Orten, auf dem Computerbildschirm präsentiert. Bei der Entscheidung wurden dann aber nur die Orte gezeigt, sodass sich die Probanden an die dazugehörigen Snacks erinnern mussten.

Als Ergebnis bevorzugten die Probanden tendenziell Snacks, an die sie sich besser erinnerten. Mehr noch: Besser erinnerte Snacks wurden auch dann gewählt, wenn sie vergleichsweise unattraktiv waren, also von den Probanden initial schlecht bewertet wurden.

Einzig Snacks, die jemand in der Bewertung sehr stark ablehnte, wurden nicht gewählt. Der Vergleichsgruppe mit ebenfalls 30 Probanden wurden die Snacks direkt im Bild präsentiert – bei ihnen deckte sich in der Regel die erste Bewertung mit der späteren Entscheidung.

Die neuronalen Mechanismen der gedächtnisbasierten Entscheidungen untersuchte die Forschungsgruppe mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) im UKE. Sie entwickelten ein mathematisches Modell, das den Entscheidungsprozess abbildet und den Einfluss des Gedächtnisses mit berücksichtigt.

Damit konnten die Wissenschaftler die Stärke der gedächtnisbasierten Aktivierung während der Abspeicherung im Hippocampus bestimmen. Eine Analyse der Aktivierung während der Entscheidungen zeigte, dass eine verstärkte Kommunikation von Hippocampus und dem ventromedialen präfrontalen Kortex stattfindet.

„Unsere Untersuchung bildet eine Brücke zwischen zwei zentralen Forschungsfeldern der Psychologie, der Gedächtnis- und der Entscheidungsforschung“, erläutert der Erstautor der Studie, Dr. Sebastian Gluth, ehemals Institut für Systemische Neurowissenschaften des UKE, jetzt Fakultät für Psychologie der Universität Basel.

Die Kombination von mathematischer Modellierung und den Gehirnscans liefert zudem ein genaues Verständnis darüber, welche Gehirnareale an welchen psychologischen Teilprozessen beteiligt sind und wie die verschiedenen Areale miteinander zusammenspielen. Die Studie entstand in Kooperation mit Dr. Tobias Sommer und Prof. Dr. Christian Büchel, beide ebenfalls aus dem Institut für Systemische Neurowissenschaften des UKE, und Prof. Jörg Rieskamp, Fakultät für Psychologie der Universität Basel.

Literatur:
Sebastian Gluth, Tobias Sommer, Jörg Rieskamp, and Christian Büchel Effective connectivity between hippocampus and ventromedial prefrontal cortex controls preferential choices from memory, Neuron 2015, epub ahead of print. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.neuron.2015.04.023

Kontakt:
Prof. Dr. Christian Büchel
Institut für Systemische Neurowissenschaften
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistr. 52, 20246 Hamburg
Telefon: (040) 7410-54726
E-Mail: buechel@uke.de

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