Entlassungen haben keinen Einfluss auf Erfolg

In diesen Tagen dreht sich das Trainerkarussell der Fußball-Bundesliga besonders schnell: Drei Spitzenclubs – der Hamburger SV, die Münchner Bayern und der FC Schalke 04 – werden ihre Trainer zum Ende der Saison wechseln.

Aber sind Trainerwechsel tatsächlich hilfreich für die Leistungen der jeweiligen Mannschaft? Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sagen Nein. In einer aktuellen Studie kommen zwei Arbeitsgruppen aus der Sportpsychologie und der Physikalischen Chemie zu dem Schluss, dass Trainerentlassungen keinen Einfluss auf die nachfolgenden Ergebnisse haben.

Die Entscheidung der Bayern, auf eine sofortige Entlassung Louis van Gaals zu verzichten, halten die münsterschen Wissenschaftler für sinnvoll. Denn egal, ob die Bayern das nächste Spiel gewinnen oder verlieren: Bei einem Trainerwechsel wäre es, statistisch gesehen, genauso gekommen.

Der Physiker Prof. Dr. Andreas Heuer hat in den vergangenen Jahren den Ausgang von Meisterschaften im Vereinsfußball und von Weltmeisterschaften mithilfe von Computersimulationen vorausgesagt. Er und Prof. Dr. Bernd Strauß (Sportpsychologie) – die Leiter der interdisziplinären Untersuchung – stellen den Sinn der zahlreichen Trainerentlassungen in der Bundesliga in Frage. Demnach dienen Trainerentlassungen meist nur „der Beruhigung der aufgeregten Öffentlichkeit“. Zudem komme es weniger darauf an, welcher Trainer in einem Verein tätig ist, sondern darauf, welche Maßnahmen sie durchsetzen können (zum Beispiel Spielereinkäufe).

Für die Studie analysierten die Wissenschaftler Trainerentlassungen während der Saison in jeder der 46 Spielzeiten seit dem Beginn der Fußballbundesliga 1963 bis zur Saison 2008/09. Besonderes Interesse galt aus statistischen Gründen zunächst jenen 154 Entlassungen (von insgesamt 361), bei denen die Trainer mindestens zehn Spiele vor ihrer Entlassung den Trainerposten übernommen hatten und der neue Coach noch mindestens zehn Spiele für die Mannschaft tätig war. Auch über die Motivation einer Trainerentlassung bringt die Studie neue Erkenntnisse. Oft führen zwei besonders erfolglose Spiele zu einer Entlassung. Typischerweise sind zum Zeitpunkt des Trainerwechsels sechs Punkte weniger auf der Habenseite als erwartet.

Die Arbeitsgruppen untersuchten erstmals auch die Folgen von vorher geplanten Trainerwechseln in der Sommerpause für die Ergebnisse eines Teams. Der Beitrag des neuen Trainers zum Spielerfolg in der folgenden Saison ist dabei recht bescheiden (kleiner als 15 Prozent). Trainerwechsel, ob in oder zwischen den Saisons, folgen eher der Logik des Würfelspiels: Glück oder Pech. Effekte auf die nachfolgenden Ergebnisse des Teams lassen sich nicht nachweisen. Dies lässt sich auch damit erklären, dass die Trainer in der Fußballbundesliga in der Regel eine ähnlich hohe Qualität aufweisen und es unerheblich ist, welcher Trainer einen bestimmten Club trainiert.

Für die beiden Arbeitsgruppen um Andreas Heuer und Bernd Strauß ist die Studie, die demnächst in der renommierten nordamerikanischen Wissenschaftszeitschrift PLoS ONE erscheint, der Startpunkt zu einem gemeinsamen Forschungsprogramm, in dem es um die Physik sozialer Systeme geht.

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