Deutsche wollen in der Krise sparen

Beim Abbau der Staatsverschuldung setzen die Bürger aufs Sparen. Vor die Wahl gestellt, ob der Staat lieber sparen und seine Ausgaben einschränken oder – etwa durch Steuererhöhungen – mehr Geld einnehmen sollte, entscheiden sich 73 Prozent von ihnen für größere Sparanstrengungen.

Zugleich macht die Bevölkerung aber gravierende Mängel bei der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland aus. Das zeigt eine aktuelle Meinungsumfrage der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung, die vom Institut für Demoskopie in Allensbach durchgeführt wurde.

Die Ansicht, dass Sparen Vorrang hat, teilt der Umfrage zufolge eine große Mehrheit der Anhänger aller im Bundestag vertretenen Parteien, auch die Anhänger von Bündnis 90 / Die Grünen (65 Prozent) sowie der Linkspartei (60 Prozent). Beim Thema Gerechtigkeit mangelt es der Mehrheit der Befragten zufolge vor allem an Verteilungsgerechtigkeit, Chancengerechtigkeit und Generationengerechtigkeit.

70 Prozent der Befragten sind demnach der Ansicht, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse bei uns kaum oder gar nicht gerecht sind. 60 Prozent monieren, dass die Bundesrepublik den hier lebenden Menschen sehr unterschiedliche Chancen bietet. 59 Prozent kritisieren, dass es kaum oder keine Generationengerechtigkeit gibt.

„Die Bereitschaft zum Sparen zeigt den hohen Realitätssinn der Bevölkerung. Wenn Sparanstrengungen aber erfolgreich sein sollen, müssen sie von den Menschen akzeptiert werden – ohne soziale Gerechtigkeit wird es keine Zustimmung geben“, wertet der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Dr. Gunter Thielen, die Umfrageergebnisse: „Das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft ist ein hohes Gut, dass nicht aufs Spiel gesetzt werden darf.“

Bei den Befragten, die bei der Wahl zwischen Sparen und Einnahmeverbesserung auf höhere Staatseinnahmen setzen, liegen die Anhebung des Spitzensteuersatzes oder die Wiedereinführung der Vermögensabgabe weit vorn. Auf die hypothetische Frage, wofür der Staat eventuelle Steuermehreinnahmen verwenden sollte, rangieren höhere Bildungsausgaben mit 63 Prozent an erster Stelle. 62 Prozent der Bürger votieren bei dieser Fragestellung für den Schuldenabbau, 47 Prozent für eine Senkung der Sozialabgaben, 36 Prozent für eine Senkung der Lohn- und Ein-kommenssteuer und 31 Prozent für eine stärkere Unterstützung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen.

Über den Umfang der staatlichen Unterstützungsleistungen für Hartz IV-Empfänger bestehen in der Bevölkerung unterschiedliche Vorstellungen. Zwar spricht sich eine Mehrheit von 49 Prozent dafür aus, nur den lebensnotwendigen Bedarf wie Nahrung, Kleidung, Unterkunft und medizinische Versorgung abzudecken. Immerhin 39 Prozent fordern darüber hinaus weitergehende Leistungen, die auch gesellschaftlich-kulturelle Teilhabe wie Kino- oder Theaterbesuche ermöglichen.

Die repräsentative Umfrage wurde zwischen dem 8. und 20. Mai 2010 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung und der Heinz Nixdorf Stiftung vom Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführt. Insgesamt 1.767 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren wurden mündlich-persönlich befragt.

Rückfragen an: Robert Vehrkamp, Telefon: 0 52 41 / 81-81 526; E-Mail: robert.vehrkamp@bertelsmann-stiftung.de

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Ute Friedrich idw

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