Forschungsbericht: Sprachkommunikation bei Verkehrsgeräuschen

Die moderne Arbeitswelt verlangt heute eine möglichst störungsfreie Sprachkommunikation. Dies trifft vor allem auf den Dienstleistungsbereich und den Bereich Bildung und Erziehung mit ihren hohen Kommunikationsbedarf zu. Die Störung von Sprachverständigung durch Verkehrsgeräusche wurde bisher nur wenig systematisch untersucht. Eine neue Studie im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) trägt dazu bei, Sprachkommunikation und ihre Qualität in die Gestaltungsgrundsätze für Arbeitsplätze und Ergonomie einfließen lassen zu können.

In einer umfassenden experimentellen Untersuchung wurden der Einfluss von Verkehrslärm, aber auch die Eigenschaften des Sprechers und die ablenkende Wirkung von Nebentätigkeiten auf das akustische Sprachverstehen und die Bewertung der Sprachqualität durch den Hörer ermittelt. Kontextunabhängiges Sprachmaterial wie in einen Trägersatz integrierte Ein-Silben-Worte sowie grammatisch richtige, aber sinnfreie und dadurch unvorhersehbare Sätze aus sechs Worten mussten im Sprachlabor erkannt und wiedergegeben werden.

Dazu wurde der mentale Aufwand und das subjektive Empfinden der Hörer abgefragt: Fünfstufige Antwortskalen von „sehr gut“ bis „schlecht“ vervollständigten dabei Selbstaussagen wie „ich musste mich konzentrieren, um die Sätze verstehen zu können“ oder „ich habe die Bedingungen als störend empfunden, unter denen ich die Sätze verstehen musste.“ Darüber hinaus wurde die Reaktionszeit vom Ende der Wiedergabe bis zum Einsetzen des Nachsprechens erfasst. Sprachmaterial von Muttersprachlern stand ebenso zur Verfügung wie das von Fremdsprachlern. Zur Simulation einer möglichst realistischen Geräuschbelastung wurden Geräuschkulissen aus Straßenlärm, einem vorbeifahrenden Güterzug und neutralem Rauschen präsentiert, die in wechselnder Lautstärke die gesprochene Sprache störten. Die gesamte Bearbeitung des Sprachmaterials erfolgte digital auf einem PC mit Hilfe einer Audio-Editor Software.

Im Ergebnis der komplexen Analysen bleibt die objektivierbare Verständlichkeit auch bei steigenden Signal-Geräusch-Abständen weitgehend konstant. Die Sprachverständlichkeit spielt für die Beurteilung der Sprachqualität zwar eine wichtige Rolle, wird aber von physikalischen und psycho-sozialen Faktoren wie Intensität der Hintergrundgeräusche, Dialekt bzw. Akzent und Hörerzufriedenheit überlagert. Zur Ableitung eines entsprechend angepassten Qualitätsniveaus wurden zwei subjektive Bewertungen der Hörer einbezogen: die Einschätzung, wie leicht die Testaufgaben zu bewältigen waren, und die Konzentration, die der Test erforderte. Es zeigte sich, dass gerade diese Werte empfindlicher auf die Beeinträchtigung der Sprachkommunikation durch Verkehrslärm reagieren als die reine Sprachverständlichkeit, insbesondere dann, wenn die objektive Verständlichkeit relativ hoch ist. Die Autoren der Studie gehen daher von einem erweiterten Konzept von Sprachverständnis aus, das hohe Verständlichkeit bei möglichst niedrigem Aufwand für Sprecher wie Hörer umfasst. Gerade bei mental anspruchsvollen Tätigkeiten, so der Schluss, sollte Sprachkommunikation weitgehend anstrengungslos erfolgen.

Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Forschungsbericht Fb 1091: „Beurteilung der Sprachkommunikation bei Verkehrsgeräuschen“; Ch. A. Sust, R. Steckel, M. Kulka, H. Lazarus, P. Kurtz; 117 S.; ISBN 3-86509-672-2, EUR 14,00. Zu beziehen beim Wirtschaftsverlag NW, Postfach 10 11 10, 27511 Bremerhaven, Tel.: 0471/945 44 61, Fax 0471/945 44 88.

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Jörg Feldmann idw

Weitere Informationen:

http://www.baua.de

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