Werkzeuge für die nächste Web-Generation

Im Gleichschritt mit der Informationstechnik macht die Medizintechnik große Schritte in die Zukunft. Komplizierte Eingriffe werden immer öfter mit modernsten computergestützten Instrumenten durchgeführt. Von Dokumentationstätigkeiten bis hin zur OP-Lampe, die sich per Sprachbefehl einschalten lässt, reichen die technischen Entwicklungen, die das Krankenhaus der Zukunft mit prägen werden. Für neue Märkte sind Themen wie Proteomics, Telemonitoring, Expertensysteme und -datenbanken, Spracheingabe für Dokumentationstätigkeiten oder Datenzugriff von überall aus besonders interessant, so ein Resümee einer Studie des Forschungsprojekts für aktuelle und zukunftsorientierte Informations- und Medientechnologie und deren Nutzung in Baden-Württemberg (Fazit).

Chris Löwer hat für das Handelsblatt die Fortschritte im Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn (UKB) untersucht: Während man in vielen Operationssälen vor lauter Technik kaum Bewegungsfreiheit hat, so ein erstes Fazit, hat man hier „freie Bahn“. Monitore, Lampen und Geräte an beweglichen Armen können so positioniert werden wie es passt. „Dazu muss teilweise noch nicht mal Hand angelegt werden – die Lage des OP-Tisches etwa lässt sich mit einfachen Sprachkommandos verändern, und mit einem beherzten 'OP-Lampe an!' kommt Licht in die sehr aufgeräumte Szenerie“, so das Handelsblatt. Die komplizierte OP-Technik ist vernetzt und kann wahlweise per Touchscreen oder Spracheingabe gesteuert werden. Klaus Radermacher vom Lehrstuhl für Medizintechnik der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sieht gegenüber der Zeitung einen klaren Trend hin zu einer intelligenten OP-Umgebung. „Sprach- und Gestenerkennung, interaktive Navigationssysteme und sensorgesteuerte Miniaturroboter werden den OP-Saal zu einem intelligenten Assistenten machen.“

Daneben lassen sich auch zeitaufwändige Dokumentationstätigkeiten im Gesundheitswesen durch Sprachtechnik vereinfachen, meint Lupo Pape, Geschäftsführer von Semanticedge www.semanticedge.de in Berlin. „Moderne Diktiersoftware ersetzt zum Beispiel das aufwendige Abtippen von Tonbanddiktaten über Krankheitsbilder oder Visiten“, sagt Pape. Darüber hinaus sieht er die Sprachtechnik als wirksames Mittel zur Serviceverbesserung und Vorqualifizierung für Kundenanfragen etwa bei Krankenkassen: „Standardprozesse wie Adressdaten- und Bankverbindungsänderung oder die Identifizierung eines Anrufers über die Eingabe der Kundennummer könnten hier ohne Wartezeit und rund um die Uhr abgearbeitet werden“, weiß der Sprachdialogexperte.

Das Krankenhaus der Zukunft soll aber noch mehr können, geht es nach Alexander Cavallaro, Radiologe am Universitätsklinikum Erlangen. „Mit Kollegen arbeitet der 41-jährige Mediziner an einem Entwicklungsprogramm zum medizinischen Einsatz von Informationstechnologie, das weltweit einmalig ist.“ Das berichtet die Wirtschaftswoche. Mediziner der Uni Erlangen, Forscher des Siemens-Konzerns, Wissenschaftler der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sowie der Fraunhofer Gesellschaft wollen „ein rechnergestütztes Assistenzsystem für die Erkennung und Diagnose von Krankheiten entwickeln.“

In fünf Jahren könnte das Ganze schon Realität werden: „Läuft alles nach Plan, wird der Rechner nicht nur selbst Röntgenbilder und Aufnahmen aus dem Computertomografen auswerten.“ Die so genannte Medico-Software könnte dann in Bildern „zudem medizinische Auffälligkeiten erkennen, wird die Daten automatisch katalogisieren, Vergleichsbilder und Behandlungsberichte aus Datenbanken in aller Welt zusammentragen und dem Arzt so alle relevanten Daten und Therapievorschläge liefern“, berichtet das Magazin. Das Projekt mit dem Namen Theseus ist eines der so genannten „Leuchtturmprojekte“, auf die das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) seine Forschungsförderung verstärkt ausrichtet. „Was wir entwickeln, sind die Werkzeuge für die nächste Generation des Internets“, sagt Professor Wolfgang Wahlster, Chef des Deutschen Forschungszentrums für künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken gegenüber der Wirtschaftswoche. Die Möglichkeiten dabei reichen von einem medizinischen Assistenten „über eine automatische Wissens- und Beratungsplattform für Unternehmen bis hin zu Softwareagenten – Computerprogrammen, die im Auftrag der Nutzer das Web nach Daten durchforsten und dabei auf Wunsch selbstständig komplexe Aufgaben übernehmen.“

Theseus sei außerdem der Versuch, Deutschland als Wissens- und Forschungsstandort international zu festigen, nachdem die so genannten Web-2.0-Angebote hauptsächlich von den Nutzern selbst geschaffen wurden, so Wahlster, der auch Schirmherr des Bonner Fachkongresses Voice Days ist und dort die wichtigsten Sprachtechnologietrends vorstellen wird. Das Ideal, so die Wirtschaftswoche, sei das Semantische Web. „Was die Entwickler ihren Rechnern beibringen wollen, ist nicht mehr und nicht weniger als ein nahezu kognitives Verständnis für das komplette in den Netzen verfügbare Wissen.“ Hier setzt auch Lupo Pape an. „Softwaresysteme müssen intelligenter werden, damit sie besser verstehen, was der Mensch von ihnen will und damit sie sich umgekehrt dem Menschen einfacher verständlich machen“, fordert Pape am Beispiel der Sprachdialogsysteme.

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Gunnar Sohn pressetext.deutschland

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