Verbraucherinsolvenzstudie: Die Menschen hinter den roten Zahlen

Überschuldete Haushalte können in Deutschland seit 1999 mit Hilfe der Verbraucherinsolvenz einen geregelten Weg aus der Schuldenfalle finden. In einem mehrstufigen Verfahren können die Betroffenen nach sechs Jahren schuldenfrei werden. Die Zahl der angemeldeten Verfahren steigt seit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung von Jahr zu Jahr. Waren es 1999 noch 1.634 Verfahren, wurden fünf Jahre später 47.230 angemeldet – Tendenz steigend.

Bis heute ist über die Menschen hinter diesen Zahlen jedoch nur wenig bekannt. Die Arbeitsgruppe „Soziale Ungleichheit und Überschuldung“ um Prof. Dr. Ditmar Brock, Inhaber der Professur für Allgemeine Soziologie II der TU Chemnitz, will diese Wissenslücke nun schließen. Mit dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt „Das Verbraucherinsolvenzverfahren – ein funktionierendes Hilfesystem gegen Ausschluss aus dem Wirtschaftssystem?“ soll die Sozialstruktur der Menschen im Insolvenzverfahren erforscht werden.

Zwar findet sich Überschuldung, so die Hypothese der Forscher, in allen sozialen Schichten und Milieus, aber welche Menschen Zugang zum Verfahren finden, ist bis heute ungeklärt. „Von unserer Untersuchung versprechen wir uns für Deutschland erstmals gesicherte Erkenntnisse darüber, welche Bevölkerungsgruppen ins Verfahren kommen und welche Effekte das Verfahren bei den Betroffenen hat“, erläutert Professor Brock, „Jeder einzelne ausgefüllte Fragebogen ist daher wichtig für unser Projekt“. Rund 18.000 Personen, die in den Jahren 2005 und 2006 eine Verbraucherinsolvenz angemeldet haben, erhalten im Rahmen der größten hierzu in Deutschland je durchgeführten Studie im Januar Post von den Chemnitzer Soziologen. Die Untersuchungen konzentrieren sich dabei auf Hessen und Niedersachsen und die neuen Bundesländer.

Aus früheren Untersuchungen wissen die Chemnitzer Forscher bereits, dass es bei den eröffneten Insolvenzverfahren ein Gefälle zwischen Stadt und Land gibt. „Ob auf dem Land die Welt noch in Ordnung ist oder ob Stadtluft frei macht, weil in der Stadt eine bessere Schuldnerberatung zur Verfügung steht, ist eine der wesentlichen Fragen des aktuellen Projekts“, so Projektmitarbeiter Dr. Wolfram Backert.

Derzeit findet in Deutschland eine intensive Debatte um eine erneute Novellierung der Insolvenzordnung statt. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts an der TU Chemnitz könnten wichtige Hinweise für die politischen Entscheidungsträger im Bund und in den Ländern liefern.

Weitere Informationen erteilt Projektmitarbeiter Dr. Wolfram Backert, Telefon (03 71) 5 31 – 35 016, E-Mail wolfram.backert@phil.tu-chemnitz.de oder unter http://www.tu-chemnitz.de/phil/soziologie/brock/ungleichheit

Wichtiger Hinweis für die Medien: Nach Auswertung der Studie können für die Vertreter der Medien ab Juli 2007 die Forschungsergebnisse regionalisiert bzw. lokalisiert und mit dem Rest des jeweiligen Bundeslandes und der gesamten Untersuchung verglichen werden. Anfragen dazu richten Sie bitte an Dr. Wolfram Backert.

(Autoren: Wolfram Backert und Nicole Leithold)

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Mario Steinebach idw

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