Trendstudie zu Not leidenden Krediten (Distressed Debt) in Deutschland aus Sicht der Banken

Der Handel mit Not leidenden Krediten (Distressed Debt) von Unternehmen wird sich in den kommenden beiden Jahren abschwächen: Die Banken rechnen mit einem deutlichen Rückgang des Transaktionsvolumens bei Unternehmenskrediten von heute rund 21 Milliarden Euro auf 7,5 Milliarden Euro im Jahr 2007 und etwa 10 Milliarden Euro im Folgejahr. Dies ist das Ergebnis einer Trendstudie von Roland Berger Strategy Consultants über Distressed Debt in Deutschland aus Bankensicht. Das größte Handelshindernis sind aus Sicht der Befragten die unterschiedlichen Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern. Daher wünscht sich mehr als die Hälfte der befragten Manager eine Kreditbörse für Distressed Debt, die den Handel einfacher und transparenter gestalten würde.

Für diese Trendstudie hat Roland Berger Strategy Consultants im Jahr 2006 47 für Distressed Debt Verantwortliche an renommierten Banken aus Deutschland befragt. Die Hälfte (48 Prozent) der befragten Manager befasst sich seit über fünf Jahren mit Distressed Debt.

Sinkendes Transaktionsvolumen

Das Transaktionsniveau von Distressed Debt für Unternehmenskredite in Deutschland wird nach Einschätzung der Banken von rund 21 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf 7,5 Milliarden Euro (2007) sinken und 2008 rund 10 Milliarden Euro betragen. Das Transaktionsvolumen für Hypothekendarlehen/Immobilienkredite wird ebenfalls sinken und sich im gleichen Zeitraum von rund 39 Milliarden Euro auf etwa 21,4 Milliarden Euro verringern. Auch Portfoliotransaktionen werden laut Studie um fast zehn Prozentpunkte abnehmen, von 39 auf 29,1 Prozent. Zulegen können lediglich Einzel- und Basket-Transaktionen (von 47,7 auf 55,1 Prozent bzw. von 13,3 auf 15,8 Prozent).

Insgesamt geht die Mehrheit der befragten Banken (85 Prozent) von einem Gesamtvolumen Not leidender Unternehmenskredite von unter 100 Milliarden Euro aus. Das unsichere Immobilienkreditvolumen taxieren die Finanzinstitute hingegen höher. 71,4 Prozent gehen von einem Gesamtvolumen von bis zu 100 Milliarden Euro aus; 28,6 Prozent glauben, dass es sogar noch höher liegt.

Gründe für Distressed Debt-Verkauf

Drei Viertel (79 Prozent) der im Distressed Debt tätigen Banken treten ausschließlich als Verkäufer von Krediten auf. Reine Käufer gibt es unter den befragten Banken nicht. 21 Prozent der Kreditinstitute agieren jedoch auch als Händler. Michael Blatz, Leiter des Kompetenzzentrums Restructuring & Corporate Finance bei Roland Berger Strategy Consultants und Autor der Studie begründet dies so: „Viele Institute möchten sowohl ihr Kreditbuch neu ordnen als auch am Kredithandel verdienen.“

Banken verkaufen Not leidende Kredite, um ihr Kreditbuch zu bereinigen (74,1 Prozent) oder weil sie einen attraktiven Verkaufspreis erzielen können (20,4 Prozent). Weniger wichtig für den Verkauf ist eine verringerte Eigenkapitalunterlegung (14,8 Prozent) oder eine bessere eigene Bonität (11,1 Prozent).

Hindernisse für den Kreditverkauf

Wie die Studie ergab, stellen unterschiedliche Preisvorstellungen (88,9 Prozent) und rechtliche Rahmenbedingungen (72,2 Prozent), beispielsweise eine fehlende Banklizenz, bislang die größten Hindernisse für den Handel mit Distressed Debt dar. Daher wünschen sich 58 Prozent, dass der Handel mit Problemkrediten künftig über eine Kreditbörse organisiert wird. Denn eine Börse macht den Markt transparenter und Kredite sind so leichter handelbar. Allerdings wissen die Banken noch nicht, wie ein solcher Handel im Detail organisiert sein könnte.

Zur Zeit dominieren vor allem Unternehmenskredite das Portfolio Not leidender Kredite bei Banken (53,2 Prozent). Es folgen Hypothekendarlehen/Immobilienkredite (34,1 Prozent) und Konsumentenkredite (12,7 Prozent). Ein weiteres Ergebnis der Studie: Der Mittelstand ist stärker als Großkonzerne von Problemkrediten betroffen. 24,7 Prozent der Distressed Debt bei den befragten Banken entfallen auf Unternehmen mit weniger als 10 Millionen Euro Umsatz im Jahr, jeweils rund 30 Prozent auf Firmen mit einem Umsatz zwischen 10 und 100 Millionen sowie zwischen 100 und 500 Millionen Euro Umsatz. Nur 15,9 Prozent der Problemkredite betreffen Großkonzerne mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz.

Banken vertrauen auf interne Frühwarnsysteme

Um möglichst früh Not leidende Kredite zu erkennen und die Gefahr einzuschätzen, vertrauen 61,3 Prozent der Institute auf interne Frühwarnsysteme. Zudem ziehen die Banken Zahlungsverzug (22,6 Prozent) und die Ausfallkriterien nach Basel II (19,4 Prozent) zur Klassifizierung von Krediten heran. Eine schlechte wirtschaftliche Situation des Kreditnehmers dient 16,1 Prozent als Indikator.

Wie die Studie zeigt, ist bei zwei Drittel der befragten Banken die Workout-Abteilung (Restrukturierung/Spezialkreditmanagement) für den Kreditverkauf zuständig. 90 Prozent der Kreditinstitute haben keine festen Verkaufskriterien festgelegt, sondern beurteilen und entscheiden jeden Fall individuell.

Reputation des Käufers für Kreditverkauf entscheidend

Als wichtigstes Kriterium (41,2 Prozent) beim Verkauf Not leidender Kredite nannten die Befragten die Reputation des Käufers. Für die Banken ist es zudem wichtig, dass ihr eigener Ruf durch den Verkauf nicht leidet und der Käufer in der Abwicklung sehr erfahren ist (jeweils 29,4 Prozent). „Vor allem Spezialinstitute möchten ihr eigenes Reputationsrisiko minimieren und suchen Käufer mit hoher Sanierungskompetenz, um negative Auswirkungen auf ihr Geschäft zu vermeiden“, sagt Nils Kuhlwein von Rathenow, Partner im Kompetenzzentrum Restructuring & Corporate Finance bei Roland Berger Strategy Consultants und Co-Autor der Studie. Nur für 15 Prozent der Banken ist der Preis das allein entscheidende Verkaufskriterium.

Fast alle befragten Banken verkaufen vorrangige Darlehen bzw. haben sie in der Vergangenheit verkauft. 63,2 Prozent der Kreditinstitute setzen den Schwerpunkt auf Avale/Garantien, während 52,6 Prozent nachrangige Darlehen/Mezzanine veräußern.

Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit 32 Büros in 23 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. 1.700 Mitarbeiter haben im Jahr 2005 einen Honorarumsatz von rund 550 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von mehr als 130 Partnern.

Media Contact

Susanne Horstmann presseportal

Weitere Informationen:

http://www.rolandberger.com

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