Wie ökologisch sind BtL-Kraftstoffe?

Das IFEU-Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg bewertet synthetische Biokraftstoffe, so genannte BtL (Biomass-to-Liquid)-Kraftstoffe, in einer aktuellen Studie unter ökologischen Gesichtspunkten. Die Analyse, über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit Mitteln des Bundeslandwirtschaftsministeriums gefördert, vergleicht BtL-Kraftstoffe mit fossilen und anderen Biokraftstoffen und mit der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biomasse. Auch innerhalb der BtL-Produktion wurde nach dem ökologisch vorteilhaftesten Herstellungsweg gefragt. Ergebnis: Der Tendenz nach sind Reststoffe wie Waldrestholz und Stroh besonders umweltverträgliche Rohstoffe, aber auch Anbaubiomasse wie Kurzumtriebsholz und Getreide zeigt große ökologische Potenziale.

Mit steigenden Preisen für fossile Energieträger wächst die Nachfrage nach der Alternative Biomasse. Nicht nur in Biokraftstoffe, auch in biogenen Strom und biogene Wärme soll sie mit Hilfe diverser Verfahren umgewandelt werden. Konkurrenzen zwischen den verschiedenen Nutzungspfaden sind somit absehbar.

Vor diesem Hintergrund müssen auch BtL-Kraftstoffe beweisen, dass das zukünftig knapper werdende Gut Biomasse für sie sinnvoll verwendet ist. Der Teufel steckt dabei wie so oft im Detail, denn für die Bewertung sind nicht nur die eingesetzten Rohstoffe relevant, sondern auch die Verfahren, die Nutzung von Nebenprodukten, das jeweilige Vergleichsprodukt und die ökologischen Präferenzen. Um zu entscheiden, ob eine Variante als ökologisch vorteilhaft gilt, können unterschiedliche Parameter herangezogen werden. Die Studie betrachtet die Einsparung von fossiler Energie und Treibhausgasen sowie Umweltwirkungen wie Nährstoffeintrag, Versauerung und Ozonabbau, die aus Emissionen von Stoffen wie Ammoniak, Lachgas (N2O), Stickoxiden (NOx) oder Schwefeldioxid (SO2), stammen.

Zunächst verglich das Forscherteam um Dr. Guido Reinhardt BtL-Kraftstoffe mit fossilen Kraftstoffen. Im Ergebnis spart man mit der Nutzung des pflanzlichen Sprits eindeutig fossile Energieträger und Treibhausgase gegenüber Diesel und Benzin ein, trägt aber zur Verstärkung negativer Umwelteffekte wie Versauerung, erhöhtem Nährstoffeintrag in Böden und Ozonabbau bei. Wie bei vielen anderen Biokraftstoffen auch sind dafür zum Großteil Emissionen ursächlich, die durch die landwirtschaftliche Produktion und den Einsatz stickstoffhaltiger Düngemittel entstehen. Dieser Nachteil ist weniger ausgeprägt, wenn BtL aus Reststoffen gewonnen oder Biomassen mit geringem Düngerbedarf wie zum Beispiel Kurzumtriebsholz angebaut werden.

BtL aus diesem Rohstoff schneiden auch im Vergleich zu anderen Biokraftstoffen positiv ab, nur Ethanol und ETBE aus Zuckerrohr sind bezüglich der eingesparten fossilen Energie und Treibhausgase noch vorteilhafter. Dies ist allerdings nur bedingt miteinander vergleichbar, denn Zuckerrohr lässt sich in Europa nicht in nennenswerten Mengen anbauen.

In der Gegenüberstellung mit Biodiesel und reinem Pflanzenöl ist BtL aus Getreide oder aus Kurzumtriebsholz die ökologisch vorteilhaftere Variante.

Setzt man Biomasse statt zur BtL-Produktion zur Erzeugung von Strom und Wärme ein, ist dies ökologisch vorteilhafter, wenn dies in hocheffizienten Anlagen geschieht und dadurch weniger effiziente fossile Technologien ersetzt werden. Ein Beispiel sind Heizkraftwerke, vor allem mit hocheffizienter Vergasertechnologie, die Netzstrom sowie Wärme aus fossilen Heizwerken ersetzen.

Am Schluss stellten sich die Forscher im Rahmen diverser Sensitivitätsanalysen die Frage, in welchen Bereichen ökologische Optimierungen die größten Auswirkungen haben. Dies sind der Wasserstoff-Import, die Pelletierung, die BtL-Nutzung in Fahrzeugen und die Auswahl der Biomasse: So wirkt sich ein Zukauf von Wasserstoff zur Erhöhung der BtL-Ausbeute aus Umweltsicht in der Regel eher kontraproduktiv aus. Ist die Pelletierung erforderlich, verschlechtert dies die Energiebilanz deutlich. Zeitpunkt und Ausmaß des BtL-Einsatzes und die dann verbreitete Motortechnologie haben signifikanten Einfluss auf die Emissionseinsparungen, die durch den Kraftstoff realisiert werden können, und schließlich ist auch die Auswahl der Rohstoffe relevant für die Ökobilanz: Reststoffe sind, so sie überhaupt verglichen werden können, ökologisch vorteilhafter als Anbaubiomasse und bei dieser ist Kurzumtriebsholz ökologisch vorteilhafter als Getreide.

Bemerkenswert ist, dass der Faktor Transport wider Erwarten kaum ins Gewicht fällt und auch dezentrale Konzepte nicht unbedingt vorteilhafter sind als zentrale: Der geringere Transportaufwand kann den gleichfalls geringeren Wirkungsgrad dezentraler Anlagen nicht ausreichend kompensieren.

Die Studie „Ökobilanzen zu BtL: Eine ökologische Einschätzung“ des IFEU-Institutes steht auf http://www.fnr-server.de/pdf/literatur/pdf_251ifeu-btl-studie-fnr.pdf im Bereich Literatur zum Download bereit.

Die FNR ist Projektträger des Bundeslandwirtschaftsministeriums und unterstützt Forschung, Markteinführung und Öffentlichkeitsarbeit rund um die nachwachsenden Rohstoffe.

Nicole Paul

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
Hofplatz 1
18276 Gülzow
Tel.: 03843/69 30-0
Telefax: 03843/69 30-102
e-Mail: info@fnr.de
V.i.S.d.P.: Dr.-Ing. Andreas Schütte
Nr. 498 vom 19. Dezember 2006
Weitere Informationen:
http://www.nachwachsende-rohstoffe.de
http://www.fnr.de
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Dr. Torsten Gabriel idw

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