Bildung ist nicht allen Bundesländern gleich viel wert

Die deutschen Bundesländer investieren unterschiedlich viel Geld in ihr Bildungssystem, die Absolventenstrukturen der Schulen unterscheiden sich ebenso wie die Anteile der Studienberechtigten, die tatsächlich auch ein Studium aufnehmen. Dies geht aus einem Bericht des RWI Essen hervor, der die aktuellsten verfügbaren Daten zum deutschen Bildungssystem aus unterschiedlichsten Quellen erstmals für die Öffentlichkeit im Bundesländervergleich auswertet. Bildung und Ausbildung sind die Voraussetzung für künftige Innovationen und damit für künftiges Wirtschaftswachstum.

Betrachtet man beispielsweise, wie viel Geld die Bundesländer im Jahr 2003 pro Schüler/Studierenden für Bildungseinrichtungen ausgegeben haben, stehen die Stadtstaaten Hamburg (8.400 Euro), Berlin (8.100 Euro) und Bremen (8.000 Euro) an der Spitze und liegen weit über dem Bundesdurchschnitt von 7.000 Euro. Ebenfalls noch über dem Bundesdurchschnitt liegen die westdeutschen Flächenländer Bayern (7.400 Euro) und Baden-Württemberg (7.100 Euro). Schlusslichter sind Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Brandenburg (jeweils 6.600 Euro) sowie Nordrhein-Westfalen (6.500 Euro).

Noch größer sind die Unterschiede bei den Ausgaben für den Hochschulbereich. Hier liegen Mecklenburg-Vorpommern (9.500 Euro pro Studierenden), Baden-Württemberg und Niedersachsen (jeweils 8.700 Euro) sowie Sachsen-Anhalt (8.200 Euro) vorne und weit über dem Bundesdurchschnitt (7.100 Euro), Schlusslichter sind Rheinland-Pfalz (6.300 Euro), Nordrhein-Westfalen (5.800 Euro) und Hessen (5.600 Euro). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die relativ hohen Ausgaben in den neuen Bundesländern stark durch die vergleichsweise niedrigen Studentenzahlen bestimmt werden. Setzt man die Ausgaben je Studierenden ins Verhältnis zu den Ausgaben je Absolventen, schneiden insbesondere Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern gut ab, was für ein effizientes Hochschulsystem spricht. Ein deutlich schlechteres Verhältnis ergibt sich in Nordrhein-Westfalen, seit dem Untersuchungszeitraum 2002/2003 haben sich dort jedoch viele Langzeitstudenten wegen der zwischenzeitlich eingeführten Studiengebühren exmatrikuliert, so dass die Relation dort aktuell besser aussehen dürfte.

Nur ein Drittel der Schulabgänger mit Fachhochschulreife studiert auch

Betrachtet man die allgemeinbildenden Schulen, variiert im Bundesländervergleich bereits dort die Absolventenstruktur. So verließen beispielsweise im Schuljahr 2002/03 in Nordrhein-Westfalen nur 6,9% der Schüler die Schule ohne Hauptschulabschluss, gefolgt von Baden-Württemberg (7,3%) und Brandenburg (8,4%). In Hamburg waren es hingegen 11,5% der Schüler, in Sachsen-Anhalt sogar 14,3%, und damit deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt von 8,9%. In Brandenburg verließ 2002/03 gleichzeitig mit 28% bundesweit der höchste Anteil von Schülern mit allgemeiner Hochschulreife die Schule, gefolgt von Hessen (26,6%) und Thüringen (26,5%). Am Ende und damit unter dem Bundesdurchschnitt von 23,6% lagen Niedersachsen (20%) und Bayern (19,1%).

Von den Schülern, die die Schule mit Hochschulzugangsberechtigung (Abitur oder Fachhochschulreife) verlassen, nehmen längst nicht alle auch ein Studium auf. So studierten von den studienberechtigten Schulabgängern des Jahres 2000 im Verlauf der nächsten Jahre 85,8% der Berliner und 85,1% der Bremer. Auch Bayern (82,2%) und Baden-Württemberg (78,4%) schnitten gut ab und lagen über dem Bundesdurchschnitt von 73,1%. Nordrhein-Westfalen (66,2%) wies als einziges westdeutsches Flächenland eine Quote im Bereich der der neuen Länder auf, die Schlusslichter waren Hamburg (64,4%) und Brandenburg (58,7%). Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Inhabern von allgemeiner und Fachhochschulreife – während im Bundesdurchschnitt 83,3% der Abiturienten des Jahrgangs 2000 ein Studium aufgenommen haben, waren es nur 34,1% der Studienberechtigten mit Fachhochschulreife. Zudem hat die Studienbereitschaft in den alten Bundesländern flächendeckend nachgelassen. Während dort 1980 noch 91,6% aller Abiturienten studierten, waren es 2000 nur noch 82,2%.

Anteil der Heranwachsenden mit Hochschulabschluss sinkt

Abgenommen hat in Deutschland auch der Anteil der Heranwachsenden mit Hochschulabschlüssen an der gleichaltrigen Bevölkerung. 2004 verfügten 27% der 35- bis 44-Jährigen, aber nur 23% der 25- bis 34-Jährigen über einen so genannten tertiären Bildungsabschluss. In den meisten anderen OECD-Ländern liegt der Anteil tertiärer Bildungsabschlüsse jüngerer Jahrgänge hingegeben über dem älterer Jahrgänge. Im Bundesländervergleich finden sich besonders hohe Anteile von Abschlüssen im Tertiärbereich in den Stadtstaaten Berlin (30%), Hamburg (27,7%) und Bremen (26,4%), von den westdeutschen Flächenländern nehmen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (jeweils 22,1%) die Spitzenposition ein. Schlusslichter sind Mecklenburg-Vorpommern (14,2%) und Brandenburg (13,8%). Die Stadtstaaten profitieren dabei von der Zuwanderung von Studienanfängern und Studierenden aus anderen Bundesländern. Doch nicht einmal sie erreichen den OECD-Durchschnitt von 34,8%, der Bundesdurchschnitt liegt bei vergleichsweise mageren 20,6%.

Die Fachstudiendauer lag 2003 im Durchschnitt aller Diplomstudiengänge (ohne Lehrämter) an Universitäten bei 11,2 Semestern, an Fachhochschulen bei 8,6 Semestern. Bereits besonders weit vorangekommen mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge waren zum Sommersemester 2006 Berlin mit einem Anteil von 69,1% an allen Studienangeboten, Bremen (58,4%) und Brandenburg (52,1%). In Bayern und Sachsen beträgt der Anteil jeweils erst 20,6%. Durchschnittswerte sagen jedoch wenig über die Situation an einzelnen Hochschulen aus.

Im Ausbildungsbereich ist das duale System weiterhin weit verbreitet

In der beruflichen Erstausbildung dominiert in Deutschland weiter das duale System der betrieblichen und schulischen Ausbildung. In allen Bundesländern absolvieren mehr als zwei Drittel der Jugendlichen, die berufsqualifizierende Ausbildungsgänge besuchen, eine solche Lehre. Während ihr Anteil jedoch in Bayern 90,3% beträgt, ist er in Nordrhein-Westfalen mit 73,2% bedeutend niedriger und beträgt in Baden-Württemberg nur 67,5%. Allerdings nimmt das duale System seit Jahren nicht mehr alle Jugendlichen auf, die es im Sinne der deutschen Berufsbildungskonstruktion eigentlich aufnehmen müsste. Beunruhigend ist auch, dass immer mehr Lehrverträge vorzeitig gelöst werden, allein im Jahr 2004 waren es im Bundesgebiet fast 127.000.

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Joachim Schmidt idw

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