Energie vom Acker – für Landwirte ein lohnendes Geschäft

Raps als Diesel-Ersatz? Experten bescheinigen der Ölpflanze ein großes Potential (c) Dr. Thomas Mauersberg / Universität Bonn

Jeder Besitzer eines Dieselfahrzeugs in Deutschland hat wohl schon einmal unbewusst Biodiesel getankt: Drei bis fünf Prozent RME setzt die Mineralölwirtschaft inzwischen ihrem Dieselkraftstoff zu – nicht, weil sie dazu gesetzlich verpflichtet ist, sondern absolut freiwillig. Grund ist die Steuerbefreiung, die bislang für Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen gilt. „Sie macht Biodiesel für die Ölkonzerne vergleichsweise kostengünstig“, sagt Thomas Breuer vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn. Da es den Motoren überdies egal ist, wenn sie neben dem Diesel zu einem geringen Prozentsatz chemisch veredeltes Salatöl verfeuern, steht einer Beimischung auch technisch nichts im Wege.

Zwar ist es mit der Steuerfreiheit wohl bald vorbei: Nach den Plänen der Bundesregierung sollen künftig beim Verkauf eines Liters Biodiesel 9 Cent für den Fiskus fällig werden. Gleichzeitig wird aber für die Ölkonzerne die Beimischung von mindestens 4,4 Prozent RME zum Dieselkraftstoff Pflicht. „Zudem soll zumindest das reine Rapsöl bis 2008 steuerfrei bleiben“, sagt Breuer. Gut für die Landwirte: „Die Rapspreise zeigen steigende Tendenz“, erklärt Breuer. „Und dieser Boom dürfte vorerst anhalten, wenn der gesetzliche Rahmen so bleibt.“

Rapsöl: Die Bayern haben's besser

Aus Sicht der Landwirte sind die Bedingungen für Rapsöl in Bayern besonders gut: Dort gibt es nur wenige große zentrale Rapsmühlen. Viele Bauern im Freistaat pflanzen daher nicht nur Raps, sondern erledigen auch das Pressen der Ölsaat. „Dabei sind die Wertschöpfungspotenziale am größten“, sagt Breuer. „Die relativ geringen Investitionen, die für eine dezentrale Rapsmühle anfallen, sind schnell wieder eingespielt.“ Konkurrenzfähig sind diese dezentralen Anlagen aber nur dann, wenn nicht die nächste Großpresse direkt vor der Haustür steht. In Nordrhein-Westfalen mit seinen vier zentralen Ölmühlen lohnt es sich daher nur an wenigen Standorten, den Raps selbst zu pressen.

Zudem müssen sich deutsche Rapsbauern gegenüber dem Weltmarkt preislich behaupten – ein Druck, dem beispielsweise Biogas-Produzenten nicht ausgesetzt sind. Deren Anlagen werden nämlich vor allem mit Gülle und Energiemais gefüttert – also Ausgangsstoffen, die aus der Region kommen müssen, da ihr Transport zu kostenaufwändig wäre. Zudem holt eine Biogasanlage aus einem Hektar Fläche fünfmal soviel Energie wie eine Rapspresse.

Richtig rentabel wird eine Biogasanlage aber erst ab einer gewissen Größe. „Die Kosten gehen für eine moderne Anlage schnell in die Millionen“, erklärt Thomas Breuer. Zumal das Gas noch in Strom umgewandelt werden muss, bevor der „Energiewirt“ kassieren kann. Bis zu 11,5 Cent pro Kilowattstunde garantiert der Gesetzgeber den Betreibern momentan, dazu kommt ein etwa halb so hoher Bonus, falls die Anlage ausschließlich nachwachsende Rohstoffe vergärt. Moderne Biogas-Kraftwerke heizen durch ihre Abwärme zudem gleich noch das benachbarte Schwimmbad mit. Für dieses Feature – Kraft-Wärme-Kopplung genannt – gibt es noch einmal 2 Cent mehr. „Diese Anlagen sind aufgrund des hohen Wirkungsgrades natürlich besonders rentabel und umweltfreundlich“, weiß Breuer.

Vor allem in Pflanzenöl, Biodiesel und Biogas sieht der Agrarökonom eine zukunftsträchtige Chance für die deutsche Landwirtschaft. Und zwar eine, von der die Bundesrepublik insgesamt profitieren kann, löst sie doch gleich drei Probleme auf einen Streich: Erstens sinkt damit die Abhängigkeit von ausländischen Erdöl- und Erdgas-Lieferungen, zweitens schützt die Energieerzeugung aus Biomasse das Klima. Und drittens bietet diese Strategie einen Ausweg aus der EU-weiten Nahrungsmittel-Überproduktion: Statt Flächen einfach stillzulegen, können Landwirte sie mit Energiepflanzen bebauen und sich damit neue Einkommenspotenziale erschließen. „Auf unsere Landwirte kommen damit aber auch völlig neue Herausforderungen zu“, betont Breuer. So erfordere eine Biogasanlage ein entsprechendes technisches wie ökonomisches Know-how. „Leider gibt es für dieses zukunftsträchtige Feld noch nicht genügend Ausbildungs- und Beratungsangebote.“

Letztlich könnte der Boom aber auch für denjenigen Bauern helfen, die gar keine Energiepflanzen anbauen: „Die Konkurrenz um Agrarflächen wird zunehmen“, erwartet Breuer. „Und damit könnten auch die Lebensmittelpreise langfristig wieder steigen.“

Kontakt:
Thomas Breuer
Telefon: 0228/73-2325
E-Mail: thomas.breuer@ilr.uni-bonn.de

Media Contact

Frank Luerweg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer