Neue Entwicklungen erhöhen Sicherheit von Stammzellentransplantationen bei der Behandlung von Leukämie

Die erste Studie, durchgeführt vom Medical Center der Universität Leiden (LUMC), bewies erstmals, dass umgebungsspezifische Zellen die Abstossreaktionen infolge einer Stammzellentransplantation positiv beeinflussen können. Die zweite Studie, vom wissenschaftlichen Institut San Raffaele in Mailand (I), zeigt, dass ein „Suizidgen“ zum Abbruch der Abstossreaktionen infolge einer Stammzellentransplantation eingesetzt werden kann. Beide Entdeckungen erhöhen die Sicherheit von Stammzellentransplantationen und bedeuten einen Schritt vorwärts bei der Behandlung bösartiger Blutkrankheiten wie etwa Leukämie.

Die Stammzellentransplantation wird zur Behandlung einer Reihe bösartiger Blutkrankheiten wie Lymphom, Leukämie oder andere Krebsarten eingesetzt. Die Gewinnung von Stammzellen erfolgt auf zweierlei Weise:

einerseits durch mehrfaches Ansaugen des Knochenmarks( Knochenmarkaspiration) – dieser Transplantationstyp wird als Knochenmarktransplantation bezeichnet – oder durch Gewinnung von Stammzellen aus dem Blut. In diesem Falle spricht man von Stammzellentransplantation. Dabei werden dem Patient gesunde, funktionstüchtige Stammzellen intravenös zugeführt, also direkt ins Blut injiziert. Diese Stammzellen wandern in das Knochenmark der Knochen und beginnen mit der Produktion von Blutzellen. Dieser Vorgang ist für die Genesung des Patienten äusserst wichtig. Eine häufige Komplikation, die nach einer Stammzellentransplantation auftritt, manifestiert sich in einer Abstossreaktion im Körper des Patienten, die tödliche Auswirkungen haben kann.

Die Bedeutung von Umgebungszellen

Stammzellen sind in einer Umgebung angesiedelt, die ausschliesslich im Knochenmark zu finden ist. Derzeit werden lediglich blutbildende Stammzellen, jedoch nicht deren Umgebungszellen für Stammzellentransplantationen eingesetzt. Die LUMC-Studie zeigte, dass gerade diesen umgebungsspezifischen Zellen eine wichtige Rolle bei der Mediation möglicher Abstossreaktionen nach einer Transplantation zukommt.

Ein Abstoss der Stammzellentransplantation durch den Körper des Patienten ist eines der Probleme im Zusammenhang mit Stammzellentransplantationen zur Behandlung von Leukämie und anderen Erkrankungen. Diese umgebungsspezifischen Zellen, als mesenchymale Stammzellen bezeichnet, sind imstande, Immunreaktionen im Körper zu unterdrücken.

Prof. W.E.Fibbe vom LUMC dazu:“ Grossartig an dieser Entdeckung ist unter anderem die Tatsache, dass diese umgebungsspezifischen Zellen nicht nur Immunreaktionen unterdrücken, sondern auch hervorrufen können, je nach Spender oder Empfänger. Diese Eigenschaft umgebungsspezifischer Zellen wurde bis dato noch nie so erkannt“.

„Ursprüngliches Ziel dieser vom LUMC durchgeführten Studie war die Unterdrückung unerwünschter Abstossreaktionen nach einer Stammzellentransplantation. Diese Entdeckung ermöglicht uns jedoch nun die Erforschung einer Vielzahl an neuen Möglichkeiten“, fuhr er fort.

In Zukunft könnte diese neue Erkenntnis bei Organtransplantationen und der Behandlung anderer Erkrankungen, u.a. Autoimmunerkrankungen, angewandt werden.

'Suizidgen' verhindert Abstossreaktion: ein Spender für jeden Patienten

Die zweite, vom wissenschaftlichen Institut San Raffaele (Mailand) durchgeführte Studie, erreichte drei Ziele:

– Verfügbarkeit eines Spenders für praktisch jeden Leukämie-Patienten;

– Effizientere Mediation der Abstossreaktion mithilfe einer „Suizidgen“-Therapie;

– Raschere Erholung des Immunsystems zur Bekämpfung lebensbedrohlicher Infektionen;

Ein Spender für jeden Leukämie-Patienten

Im Allgemeinen werden Geschwister getestet, um eine exakte Gewebeübereinstimmung ausfindig zu machen. Die Erfolgsrate hierbei ist gering (25%). Bei dieser italienischen Studie wurden Familienangehörige als Spender eingesetzt, die lediglich eine 50%-ige Übereinstimmung mit dem Empfänger aufwiesen. Dies machte es möglich, einen geeigneten Spender für jeden Patient zu finden.

Mediation der Abstossreaktion und raschere Erholung des Immunsystems

Die bei einer Stammzellentransplantation vorhandenen Immunzellen können im Körper des Empfängers eine schwere Abstossreaktion hervorrufen; diese wird als „Transplantat-gegen-Wirt“-Reaktion (bzw. Graft-versus-Host-Reaktion) bezeichnet. Begleitet wird sie von lebensbedrohlichen Symptomen, von denen hauptsächlich Haut, Leber und Darm betroffen sind.

Gleichzeitig greifen die Immunzellen des Spenders die Leukämiezellen im Empfänger an: die Transplantat-gegen-Leukämie-Reaktion.

Diese Immunreaktionen infolge einer Stammzellentransplantation wurden von Dr. F. Ciceri und seinem Team mithilfe einer sogenannten 'Suizidgen'-Therapie wirksam bekämpft. Dabei wird ein Gen in die Spenderimmunzellen eingebracht. Ein spezieller Wirkstoff löst hierauf den 'Selbstmord' der Immunzellen aus, wodurch die schädliche Immunreaktion gestoppt wird.

Dr. Ciceri hat Infusionen mit genetisch modifizierten Spenderimmunzellen nach einer Transplantation erfolgreich eingesetzt, was eine raschere Erholung des Immunsystems des Empfängers ermöglichte und die Patientensterblichkeit aufgrund schwerer Infektionen von 53% auf 12,5% senkte.

11. EHA-Kongress in Amsterdam

Der 11. Kongress der European Hematology Association (EHA), der vom 15. – 18. Juni im RAI Kongresszentrum in Amsterdam stattfindet, dient dem Wissens- und Informationsaustausch im Bereich Hämatologie unter wissenschaftlichen Forschern und klinischen Hämatologen in Europa.

Zahlreiche aktuelle Themen und Forschungen auf dem Gebiet der Hämatologie werden im Rahmen dieses Kongresses präsentiert. Die EHA hofft, auf diese Weise zu einer Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Patienten mit gutartigen und bösartigen Blutkrankheiten beizutragen.

Hinweise an Redakteure:

Die European Hematology Association (EHA) wurde im Juni 1992 gegründet und ist eine wissenschaftliche Organisation, die sich der Unterstützung von Forschung, Bildung und klinischer Praxis im Bereich Hämatologie widmet.

Die EHA zählt derzeit mehr als 2000 aktive Mitglieder aus 95 Ländern.

Für eine Kontaktaufnahme mit Prof. Dr. W.E. Fibbe, Dr. F. Ciceri oder einem der anderen Forscher wenden Sie sich bitte an Petra Stork.

Weitere Informationen zum EHA-Kongress finden Sie unter www.ehaweb.org

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http://www.ehaweb.org

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