Genetische Varianten beeinflussen Lust und Sexualität

60 Prozent tragen lusthemmendes Gen

Die wichtigsten Varianten der menschlichen Sexualität werden von jeher als das Ergebnis angeeigneten Verhaltens beziehungsweise psychischer Probleme betrachtet. Über die biologische Grundlage der individuellen Unterschiede im sexuellen Verhalten ist bisher kaum etwas bekannt. Wissenschaftler des Scheinfeld Center for Human Genetics in the Social Sciences der hebräischen Universität Jerusalem und der Ben Gurion Universität in Be’er Sheva haben in einer aktuellen Studie jetzt nachweisen können, dass zwischen vielfältig vorkommenden Varianten in DNA-Sequenzen einerseits und Lust, Erregung und sexuelles Funktionieren anderseits ein direkter Zusammenhang besteht. Die Ergebnisse wurden nun in der online Zeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlicht.

Für diese Studie untersuchten die Wissenschaftler die DNA von 148 gesunden männlichen und weiblichen israelischen Studenten. Darüber hinaus ließen sie die Teilnehmer umfassende Fragebogen in Bezug auf Lust, Erregung und sexuelles Verhalten ausfüllen. Aus einem Vergleich der Daten stellte sich heraus, dass zwischen Variationen im D4-Rezeptorgen, das für die Produktion des Dopamin-Rezeptor-Proteins (DRD4) zuständig ist, und die Weise worauf die Studenten ihre Sexualität erfahren, eine Korrelation besteht.

Interessanterweise hat sich erwiesen, dass bestimmte Varianten des D4-Gens einen beeinträchtigenden Einfluss auf Lust, Erregung und das sexuelle Verhalten haben, während andere häufig vorkommende Varianten eine gegenteilige Wirkung erzielen und in einer Zunahme der sexuellen Lust resultieren. Angenommen wird, dass Letztgenannte eine relativ junge Mutation ist, die „erst“ seit 50.000 Jahren bei Menschen vorkommt. Schätzungsweise 30 Prozent der menschlichen Bevölkerung sind Träger der Mutation, die zu gesteigerter sexueller Erregung führt, während annähernd 60 Prozent die beeinträchtigende Variante tragen.

Die Studie hat zu der Erkenntnis geführt, dass viele sexuellen Varianten, wie etwa „wenig sexuelle Lust“, ganz normal sind und nicht notwendigerweise aus sexuellem Dysfunktionieren hervorgehen. Dieser neue Einblick in der biologischen Grundlage der menschlichen Sexualität ermöglicht es, sexuelle Variationen zu betrachten, ohne sofort ein moralisches Urteil zu fällen. Daher erwarten die Forscher, dass ihre Studie zu einer Neudefinition der sexuellen Dysfunktion führen wird. Darüber hinaus wird die Studie vermutlich dazu führen, dass der Schwerpunkt bei der Behandlung von sexuellen Abweichungen künftig von einem psychologischen auf einem pharmakogenetischen Ansatz verschoben wird.

Media Contact

Reanne Leuning pressetext.austria

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer