Bewegungsstörungen kündigen schizophrene Psychose an

Motorische Störungen sind Biomarker für den Verlauf schizophrener Erkrankungen

Koordination verschlechtert sich kurz vor Ausbruch

Heidelberger Wissenschaftler haben herausgefunden, dass scheinbar unwichtige Bewegungsstörungen den Ausbruch einer schizophrenen Psychose ankündigen. In der weltweit ersten prospektiven Studie zur Bedeutung dieser sanften Symptome konnte das Forscherteam um Johannes Schröder zeigen, dass Koordinationsschwächen in akuten Krankheitsphasen vermehrt auftreten. Erholen sich die Patienten dagegen, werden auch Bewegungsstörungen seltener. „Damit stellen diese sanften Symptome körperliche Marker für eine seelische Störung dar“, erklärt Johannes Schröder, Leiter der Sektion Gerontopsychiatrische Forschung der Psychiatrischen Uni-Klinik Heidelberg im pressetext-Interview.

Über einen Zeitraum von einem Jahr haben die Heidelberger Wissenschaftler eine Gruppe von 39 schizophrenen Patienten mit einer Gruppe von 22 Gesunden verglichen. Dazu absolvierten Kranke und Gesunde 16 verschiedene Tests, die hauptsächlich die Bewegungskoordination sowie ihre Verknüpfung mit den Sinneswahrnehmungen und der räumlichen Orientierung prüfen. So mussten beispielsweise die Daumen der Fingerreihe einander gegenüber gestellt oder auf einer geraden Linie balanciert werden.

Bei den Tests fanden die Forscher heraus, dass sich die Testergebnisse der in ambulante Behandlung entlassenen Patienten während eines Jahres signifikant verbesserten. Die sanften Symptome für eine schizophrene Psychose wurden seltener, womit sich die Reduzierung von durchschnittlich 15,7 auf 10,1 Punkte der Heidelberger Skala erklären lässt. In der Kontrollgruppe blieb der Wert annähernd konstant (von 4,8 auf 4,6). Bemerkenswert ist überdies, dass sich die Werte von 18 Kranken nicht verbesserten, da ihre schizophrene Psychose zu einem chronischen Leiden wurde. Ihr Wert senkte sich mit einer Änderung von 13,8 auf 13,5 Punkte kaum. Bei den 21 Patienten, deren Zustand sich besserte, schrumpfte dieser Wert dagegen deutlich von 17,3 auf 7,2 Punkte.

„Der Blick auf motorische Ausfälle erlaubt es, den Krankheitsverlauf zu beurteilen und erleichtert gleichzeitig das Verständnis um die Entstehung“, betont Schröder die Bedeutung des Studienergebnis. Weltweit sind etwa ein Prozent der Bevölkerung von schizophrener Psychose betroffen. Die Erkrankung beginnt meist im frühen Erwachsenenalter und führt meist zu schweren Einschränkungen der Selbstständigkeit und Arbeitsfähigkeit. Was genau zum Ausbruch führt, ist noch ungeklärt. Als Grundlage dafür wird eine besondere Verletzlichkeit betrachtet, die wahrscheinlich von Geburt an besteht und genetisch bedingt ist. Dadurch sind diese Menschen anfälliger für Stressfaktoren wie familiäre Probleme oder Verluste. Die Bewegungsstörungen sind das Resultat krankheitsbedingter Veränderungen im Gehirn.

Media Contact

Lisa Hartmann pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

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