Weltwirtschaft 2050: E7 lassen G7 hinter sich

PwC-Studie: China steigt bis 2050 zur zweitgrößten Wirtschaftsnation auf / Aufholprozess bietet allen Ländern ökonomische Perspektiven / Deutschland fällt im globalen Ranking hinter Mexiko zurück

Die Gewichtsverteilung in der Weltwirtschaft verschiebt sich in den kommenden Jahrzehnten deutlich zu Gunsten der so genannten Emerging Economies. Bis 2050 wird das Bruttoinlandsprodukt der E7-Staaten (Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland und die Türkei) nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) etwa 25 Prozent über dem der derzeitigen G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA) liegen. Heute erreichen die E7-Staaten nur rund 20 Prozent der Wirtschaftsleistung der führenden Industrienationen.

Auch wenn der rasante wirtschaftliche Aufholprozess der Emerging Economies die G7-Staaten zum Teil vor erhebliche Anpassungsprobleme stellen dürfte, überwiegen insgesamt die Vorteile – und zwar für beide Wirtschaftsgruppen, wie aus der Studie „The World in 2050: How big will the emerging market economies get and how can the OECD compete?“ hervorgeht. „Voraussetzung ist jedoch, dass die G7-Staaten komparative Kostenvorteile konsequent ausnutzen und der Versuchung widerstehen, nicht konkurrenzfähige Branchen durch Zölle, Subventionen oder andere protektionistische Maßnahmen abzuschotten. Denn nur dann können Unternehmen und Konsumenten von kostengünstigen Importen aus den Emerging Economies profitieren und ihrerseits Exportchancen auf den neuen Märkten wahrnehmen“, betont Hans Wagener, Sprecher des PwC-Vorstands.

China wird zweitgrößte Wirtschaftsmacht – Deutschland fällt stark zurück

Vor allem die demographische Entwicklung trägt dazu bei, dass sich die Rangfolge der größten Wirtschaftsmächte bis 2050 deutlich verschieben wird. Zwar können die USA ihre Position als größte Volkswirtschaft der Welt voraussichtlich bis 2050 halten, China dürfte jedoch mit nur geringem Abstand auf dem zweiten Rang folgen. Umgerechnet in Kaufkraftparitäten läge die chinesische Wirtschaftsleistung sogar fast beim anderthalbfachen Wert des US-Bruttoinlandsprodukts. Japan und Deutschland, die 2005 noch 39 Prozent beziehungsweise 23 Prozent der US-amerikanischen Wirtschaftsleistung erreichen und damit die Plätze zwei und drei im weltweiten Ranking belegen, fallen bis 2050 deutlich zurück: Deutschland liegt den PwC-Berechnungen zufolge auf Rang acht hinter Mexiko, Japan ist immerhin noch die viertgrößte Wirtschaftsnation hinter Indien und knapp vor Brasilien.

Die Verlagerung der wirtschaftlichen Zentren geht einher mit der deutlich unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklung. So wächst die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in fast allen Emerging Economies außer in China und Russland. Der Bevölkerungsrückgang in China aufgrund der Ein-Kind-Politik ist auch dafür verantwortlich, dass sowohl in Indien als auch Indonesien die Wirtschaft bis zur Mitte des Jahrhunderts schneller wachsen dürfte als die chinesische Volkswirtschaft. Bei den G7-Staaten verzeichnen nur die USA, Australien und Kanada eine positive Bevölkerungsentwicklung. Entsprechend verringert sich beim Pro-Kopf-Einkommen zwar der Abstand zwischen den Staaten der E7 und G7, jedoch bleibt ein erheblicher Niveauunterschied: Nach PwC-Berechnungen vervielfacht sich das Pro-Kopf-Einkommen zwischen 2005 und 2050 beispielsweise in Indien von 674 auf knapp 12.773 US-Dollar und in China von rund 1.664 auf 23.534 US-Dollar. Für Deutschland prognostizieren die Experten demgegenüber einen Anstieg von 33.457 auf 68.261 US-Dollar.

Gewinner und Verlierer in G7-Staaten

Der anhaltende Boom in den Emerging Economies lässt zwar den Anteil der G7-Staaten an der weltweiten Wirtschaftsleistung unweigerlich sinken. Steigende Einkommen in den E7-Ländern schaffen jedoch für die Unternehmen der etablierten Industrieländer neue Absatzpotenziale – sofern sie sich konsequent auf ihre spezifischen Vorteile gegenüber Konkurrenten aus den Emerging Economies konzentrieren. Zwar lässt sich die Entwicklung komparativer Kostenvorteile über längere Zeiträume kaum seriös einschätzen, für die kommenden zehn Jahre sind aber zumindest vorsichtige Prognosen über potenzielle Gewinner und Verlierer in den G7-Staaten möglich.

Auf Unternehmensseite dürften vor allem die großen Einzelhandelskonzerne vom Aufholprozess der E7-Länder profitieren. Sie gewinnen sowohl durch kostengünstige Importe als auch neue Expansionsmöglichkeiten. Die deutsche Metro-Gruppe beispielsweise ist bereits seit zehn Jahren in China präsent und betreibt dort mittlerweile über 20 Großmärkte. Die französische Kette Carrefour eröffnete im Februar bereits ihre 72. Niederlassung in China. Ebenfalls auf der Gewinnerseite sieht die Studie beispielsweise global führende Markenhersteller, Dienstleistungsunternehmen und Energieversorger. Auf der anderen Seite zählen Massenhersteller voraussichtlich zu den Verlierern – und zwar sowohl im Low-Tech- als auch im High-Tech-Bereich. Doch auch Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister müssen mit zunehmender Konkurrenz aus den E7-Staaten rechnen und könnten sich auf der Verliererseite wieder finden, wenn sie sich auf den Märkten der Emerging Economies nicht als Anbieter etablieren.

Für die Einwohner der G7-Länder stellen sich Vor- und Nachteile der Entwicklung individuell unterschiedlich dar. Als Konsumenten profitieren sie von den billigeren Importen aus den E7-Staaten, als Arbeitnehmer stehen sie jedoch unter wachsendem Konkurrenzdruck durch Produktionsverlagerungen und die Migration billigerer Arbeitskräfte aus dem Ausland. Von dieser Entwicklung könnten künftig auch hoch qualifizierte Berufstätige wie Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Banker oder Finanzanalysten betroffen sein. Gut ausgebildete und hoch motivierte Fachleute aus den E7-Staaten drängen zunehmend nach London oder New York, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich in Asien vergleichbare Finanzzentren herausbilden – mit klaren Wettbewerbsvorteilen für Muttersprachler.

Protektionismus ist kein Ausweg

Der Aufholprozess der Emerging Economies setzt die Regierungen der G7-Staaten unter Druck: Sie müssen die richtigen Antworten auf Arbeitsplatzverluste in den Verliererbranchen und die voraussichtlich zunehmende Einkommensungleichheit finden. „In erster Linie zählt dazu die Anhebung des Ausbildungsniveaus sowie eine konsequente Weiterbildung beziehungsweise Umschulung der Arbeitnehmer aus Verliererbranchen“, hebt Wagener hervor. Zusätzlich könnten auch neue staatliche Maßnahmen zur Abfederung der Einkommensungleichheit notwendig werden. Bei einer stärkeren Steuerbelastung höherer Einkommen sind jedoch stets die Auswirkungen auf international mobile Arbeitnehmer und Unternehmer zu bedenken.

Zusätzliche Informationen zur Studie „The World in 2050: How big will the emerging market economies get and how can the OECD compete?“ finden Sie unter: www.pwc.com/uk/economicoutlook

Redaktionshinweis:

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).

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