Chemotherapie neuer Ansatz zur Behandlung von Vogelgrippe

WHO soll Wissenschafter Hypothese prüfen lassen

Chemotherapie gegen eine Störung des Immunsystems könnte auch bei der Behandlung von Menschen wirksam sein, die mit der durch H5N1 verursachten Form der Vogelgrippe infiziert sind. Mit einer Sterblichkeit von 50 Prozent beim Menschen, der Möglichkeit von Resistenzen gegen antivirale Medikamente, ohne entwickelte Impfstoffe und einer weltweiten Ausbreitung der Vogelgrippe seien neue Denkansätze dringend notwendig, argumentiert ein Team des schwedischen Karolinska Institutet Ihre Argumentation wurde jetzt im Fachmagazin The Lancet veröffentlicht, nur zehn Tage nach der Einreichung.

Der Onkologe Jan-Inge Henter bemerkte, dass die Symptome von mit H5N1 infizierten Patienten jenen ähnlich waren, die an einer hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) erkrankt waren. Dabei handelt es sich um eine häufig tödliche Immunerkrankung. Tatsächlich finden sich in wissenschaftlichen Arbeiten zu H5N1-Patienten Hinweise darauf, dass zu den Symptomen auch eine schwere Überreaktion des Immunsystems gehört, die auch bei HLH-Patienten auftritt. Die Überproduktion bestimmter Botenstoffe des Immunsystems wie Interleukin-6 tritt bei H5N1-Patienten auf. Die Todesursache steht wie bei HLH häufig mit einer Sepsis und einem multiplen Organversagen in Zusammenhang.

Eine hämophagozytische Lymphohistiozytose kann mit einem Cocktail an Medikamenten behandelt werden, zu denen auch das Chemotherapiemedikament Etoposid gehört, dass überschüssige Immunzellen vernichtet. Wird die Chemotherapie sofort verabreicht, verbesserte die Behandlung die Überlebensraten von 56 auf 90 Prozent. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie mit Patienten, die an der mit dem Epstein-Barr-Virus zusammenhängenden Form an HLH erkrankt waren. Laut Henter ist Etoposid bei Immunzellen ein ausgezeichneter Auslöser eines programmierten Zelltodes. „Wir glauben, dass bei Patienten mit einer schweren H5N1-Infektion die Regulierung des Immunsystems außer Kontrolle geraten ist. Wir versuchen, durch das gezielte Zerstören von Zellen wieder eine Balance herzustellen.“ Henter hat die WHO aufgefordert, Wissenschafter zur Erforschung dieser Hypothese anzuregen. Er argumentiert, dass mit diesem Ansatz die Arbeit mit Tiermodellen umgangen werden kann und man sich direkt auf Patienten mit H5N1 konzentrieren kann, die an HLH leiden.

Henter erklärte gegenüber New Scientist, dass Etoposid für diese Indikation zugelasssen und allgemein bekannt ist. Es werde bei Menschen mit schweren Vireninfektionen seit mehr als zehn Jahren eingesetzt. Zusätzlich stehe es allgemein zur Verfügung und sei kostengünstig. Der Wissenschafter räumt ein, dass dieser Behandlungsansatz für schwerkranke Patienten Risiken bergen könnte. Er betont jedoch, dass eine unbehandelte HLH-Erkrankung an sich bereits ein hohes Sterberisiko bedeute. Die WHO hat bis jetzt noch keine formelle Erklärung abgegeben. Nikki Shindo, der die H5N1-Arbeitsgruppe der WHO leitet, teilte New Scientist jedoch mit, dass Wissenschafter der Yüzüncü Yil Üniversitesi den Einsatz ähnlicher Medikamente während des Ausbruches der Vogelgrippe in der Türkei ebenfalls diskutiert hatten. Ende März wird die WHO Mediziner aus allen Ländern, in denen es zu Erkrankungen an Menschen gekommen ist, zu einer Diskussion der besten Behandlungsmöglichkeiten einladen.

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Michaela Monschein pressetext.austria

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