Eins zu null für Deutschland

Zwölf deutsche WM-Städte haben ihre Hausaufgaben gemacht / Arbeiten an den WM-Stadien und an wichtigen Infrastrukturprojekten sind weitgehend abgeschlossen / Aktuelle Umfrage von PricewaterhouseCoopers (PwC) untersuchte den Stand der Vorbereitungen sowie Perspektiven für die Zeit nach der Weltmeisterschaft


Die Deutschen stehen schon jetzt als Weltmeister fest. Allerdings noch nicht auf dem Rasen, sondern in der Vorbereitung und Organisation der Fußballweltmeisterschaft 2006. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) haben die Stadtkämmerer und Organisatoren der zwölf Spielstätten dem Hauptverantwortlichen des deutschen Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk gemacht und melden übereinstimmend „wir sind bereit“. Weit weniger Gedanken haben sich die Austragungsorte allerdings über die Perspektiven nach dem Berliner Finale gemacht. „Für die Zeit nach der Fußballweltmeisterschaft gibt es teilweise noch keine belastbaren Business-Pläne“, bilanziert PwC-Vorstand Dr. Norbert Vogelpoth die Konzepte der WM-Städte.

„Die Welt zu Gast bei Freunden“ – Hohe Messlatte für den Erfolg

Die Städte haben enorme Anstrengungen unternommen, um Gastfreundschaft, Weltoffenheit und Professionalität zu beweisen. Immerhin erwartet Deutschland 3,2 Millionen Fußballfans, 15.000 Medienvertreter und unzählige Millionen von Fernsehzuschauern weltweit. Der ausländische Durchschnitts-Fußballfan wird etwa zehn Tage in Deutschland verweilen und in der Regel drei Spiele besuchen, schätzt die Sportwissenschaftliche Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Alle Blicke werden sich deshalb auf die Stadien und die Austragungsorte richten. Und die Städte haben diese Herausforderung angenommen. Sie haben in kurzer Zeit nicht nur ihre Stadien WM-tauglich gemacht, sondern gleichzeitig erheblich in Verkehrsinfrastruktur (Straßenbau und Nahverkehr), ins Stadionumfeld, in Kulturprojekte und auch in Sicherheitsmaßnahmen Millionen Euro investiert. Die Organisatoren setzen laut PwC-Umfrage die Messlatte für den Erfolg der Fußballweltmeisterschaft sehr hoch an: Man erwartet nicht nur perfekt organisierte Spiele, sondern auch eine hohe Servicebereitschaft und ein umfassendes Sicherheitskonzept.

Das eigens für die WM entworfene Sicherheitskonzept sieht ein nationales und internationales Lagebild vor, das täglich angepasst wird. Dazu gehört auch, präventiv alle möglichen Szenarien durchzuspielen und auf Unglücke aller Art vorbereitet zu sein. Der Stellenwert des Themas Sicherheit wird auch daran deutlich, dass infolge der hohen Präsenz bereits manche Sicherheitsdienste über Personalmangel klagen, wie ein Befragter zu Protokoll gab.

„Marshall-Plan“ Weltmeisterschaft – Chance für strukturschwache Regionen

Die PwC-Umfrage stellt fest, dass die Städte hinsichtlich der Investitionen und der Perspektiven nach der Weltmeisterschaft ein überaus heterogenes Bild abgeben. Manche Städte zählen nur die direkten, von der Stadt zu verantwortenden Investitionen, andere wiederum lassen Investitionen weg, die „ohnehin“ anstehen oder die durch vorgezogene Maßnahmen, Budgetverdichtungen oder -umschichtungen erreicht werden. Weiter verkompliziert wird das Bild dadurch, dass zwar alle Städte Straßen, Wege und den öffentlichen Nahverkehr – allein das Bundesverkehrsministerium hat nach eigenen Angaben 4,4 Milliarden Euro für Investitionen aufgewendet – modernisiert haben, jedoch am wichtigen Stadienbau teilweise nicht beteiligt waren. In vielen Fällen ist davon die Rede, dass die WM den „Anstoß“ zu Modernisierungen, baulichen Erweiterungen oder auch technischen Neuentwicklungen gegeben hat, die ohnehin eigentlich hätten kommen müssen, nur „normalerweise später gekommen wären“. Es fällt auf, dass die Begeisterung je nach Strukturstärke oder -schwäche der Region noch leichte Unterschiede aufweist. In Regionen wie in Gelsenkirchen – „Wir freuen uns wahnsinnig auf die WM!“ – werden die WM und die damit verbundenen Impulse als ungleich größere Chance für die Region/die Stadt erlebt als zum Beispiel in München.

Gemeinsam sind wir stark: Kommunen entdecken Public Private Partnership

Angesichts leerer Kassen und der Höhe der investierten Mittel setzen einige WM-Städte verstärkt auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit privaten Investoren (Public Private Partnership PPP). Die Tatsache, dass in vielen Fällen private Betreibergesellschaften in die Verantwortung eingebunden sind, erleichtert nach Aussage mehrerer Befragter die Abwicklung und wird sie in auch Zukunft erleichtern. Man erwartet, dass durch solche Lösungen Refinanzierung und Vermarktung flexibler und damit leichter zu bewerkstelligen seien als in städtischer Verantwortung „mit der Last des Apparats“. Trotz einer gewissen Ambivalenz in der Beurteilung der PPP – die Städte verlieren an Einfluss und an Kontrolle – haben die Kommunen nach eigenen Angaben im Zuge der WM-Zusammenarbeit „Berührungsängste“ abgebaut. PPP, so die Umfrage, sehen Städte als Finanzierungsinstrument zukünftig auch in anderen Bereichen (zum Beispiel bei Schulen) als möglich und wünschenswert an.

Rechnet sich die Weltmeisterschaft für die Austragungsorte? Viele Städte sind zurzeit schlichtweg damit überfordert, diese Frage zu beantworten. Der Grund: Zum einen sind die Berechnungsgrundlagen unterschiedlich. Andererseits werden auch unterschiedliche Betrachtungsweisen ins Feld geführt. So erwartet die Berliner IHK einen Konsumschub von ca. 100 Millionen Euro durch Übernachtungsgäste. Dagegen befürchten Städte wie Nürnberg oder München, die auch ohne die WM Besucher anziehen, einen Rückgang von Tagungen, Kongressen und „normalen“ Touristen, die der Rummel abschreckt. Übereinstimmend sehen alle WM-Städte vor allem zwei Wirtschaftzweige als Profiteure der Weltmeisterschaft: die Hotellerie und die Gastronomie. Mit etwas Abstand folgen dann der Einzelhandel, Nahverkehr und das Transportgewerbe. Aber auch bei Werbefirmen, Dienstleistern und Freizeiteinrichtungen wie Zoos oder Spaßbädern werden die Kassen nach Einschätzung der Organisatoren klingeln.

Was kommt nach dem Abpfiff?

Die Pläne und Konzepte für eine weitere Verwendung der Spielstätten nach der WM werden von dem Prinzip Hoffnung dominiert. Die Fußball-Bundesligisten spielen dabei eine zentrale Rolle – unabhängig von ihren derzeitigen Erfolgsaussichten. „Unser Bundesligist ist der Hauptnutzer. Insofern geht es uns nicht schlecht. Leipzig muss da als Viertligist ganz andere Probleme haben“, brachte ein Verantwortlicher das Dilemma auf den Punkt. Auch die übrigen Pläne sind eher vage: Von American Football und sonstigen (Sport-)Veranstaltungen bis hin zu Flohmärkten reichen die Vorstellungen. Aber auch Biathlon, Turnfeste und Konzerte möchte man in die Stadien locken. Auffallend ist dabei in den meisten Fällen die fehlende Konkretisierung der Pläne. Einige Verantwortliche setzen auf Sportstätten-GmbHs, die die modernen Arenen vermarkten sollen.

Eine noch größere Rolle spielt die Hoffnung bei der Beantwortung der Frage, ob sich die Kosten für Stadionbau und Infrastrukturmaßnahmen in Zukunft amortisieren. Einige Städte verneinen dies schlicht oder weisen daraufhin, dass es sich bei der Beteiligung an der WM um eine politische und nicht um eine wirtschaftliche Entscheidung gehandelt hat. Fazit eines Befragten: „Die WM ist ein Kulturprojekt.“ Andere verweisen auf einen kaum bezifferbaren Imagegewinn der Stadt und auf indirekte Effekte. Sofern überhaupt Schätzungen abgegeben werden, nennen einzelne Städte bis zu zweistellige Millionenbeträge für die jährliche Unterdeckung. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. So geben sich beispielsweise Hannover und Frankfurt sehr optimistisch und rechnen damit, dass sich die laufenden Kosten decken lassen. Stuttgart und München rechnen mit Teilamortisierungen.

Die Ergebniszusammenfassung zur aktuellen Umfrage „WM Spielstätten 2006: Bereit zum Anpfiff? – Was kommt nach dem Abpfiff?“ von PricewaterhouseCoopers können Sie bei karim.schaefer@de.pwc.com als PDF-File bestellen.

Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).

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Dr. Norbert Vogelpoth presseportal

Weitere Informationen:

http://www.pwc.com

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