European Science Foundation warnt davor, dass der Nutzen der Nanomedizin ohne grössere Investitionen verloren geht

Neuer Bericht verlangt koordinierte europäische Strategie zur Schaffung neuer medizinischer Hilfen für Diagnose und Therapie

Die European Science Foundation gab heute die Schlussfolgerungen aus ihrer weitreichenden Zukunftsstudie über die Nanomedizin bekannt und verlangte eine klare Strategie samt Investitionsplan, um sicherzustellen, dass Europa den Nutzen nicht verpasst. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Nanomedizin vor einem Paradigmenwechsel im Gesundheitswesen steht, bei dem es möglich sein wird, Menschen auf der Grundlage bekannter genetischer Prädispositionen zu überwachen, Krankheiten zu diagnostizieren, bevor Symptome auftreten, Medikamente gezielt zu verabreichen und nicht invasive bildgebende Hilfsmittel einzusetzen, um zu zeigen, dass die Behandlung wirksam war. Der ESF-Bericht merkt an, dass Europa auf vielen Gebieten der für die Fortschritte in der Nanomedizin erforderlichen Nanotechnologie besonders stark ist und dass verschiedene europäische Firmen auf diesem Gebiet auf dem neuesten Stand der Forschung sind. Eine weitere positive Anmerkung ist der Hinweis, dass die Finanzierung der Forschung im Bereich der Nanotechnologie rasch wächst. Der Bericht warnt jedoch auch davor, dass Europas Vermögen, eine führende Rolle zu spielen und entsprechenden Nutzen zu ziehen, aufs Spiel gesetzt wird, wenn nicht eine Reihe wichtiger Empfehlungen befolgt wird.

Ein Nanometer wird als der milliardste Teil eines Meters definiert – 1.000 mal kleiner als der Querschnitt eines menschlichen Haars. Die Nanomedizin nutzt Hilfsmittel, deren Grösse im Nano-Bereich liegen, um Krankheiten zu diagnostizieren, ihnen vorzubeugen und sie zu behandeln und komplexe kausale Faktoren besser zu verstehen.

Die Zukunftsstudie der ESF zur Nanomedizin erstreckte sich über einen Zeitraum von zwei Jahren; sie begann Ende 2003 und wurde im November 2005 nach der Erkenntnis fertiggestellt, dass die Nanomedizin – definiert als Disziplin, die im „Nano“-Bereich miniaturisierte molekulare Hilfsmittel und das Wissen über den menschlichen Körper auf molekularer Ebene zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten einsetzt – Wirklichkeit werden würde. Ein ähnliches Muster ist auf dem Elektronik- und Werkstoffsektor erkennbar. Durch Einbeziehung führender europäischer Experten auf diesem Gebiet aus Hochschule und Industrie machte man sich in der Studie daran, das Gebiet zu definieren, die zukünftigen Auswirkungen auf Gesundheit und Gesellschaft zu diskutieren, die gegenwärtige Situation sowie Europas Stärken und Schwächen zu bewerten, Empfehlungen zu zukünftigen Forschungstrends abzugeben und Prioritäten für die Finanzierung zu setzen sowie zur Erfolgssicherung auf nationaler und europäischer Ebene erforderliche organisatorische und strukturelle Veränderungen zu benennen.

Der ESF-Bericht stellte fest, dass die Nanomedizin bereits einen erheblichen Nutzen durch neue Diagnoseverfahren, bildgebende Hilfsmittel und sogar Nano-Arzneimittel selbst bietet. Die genannten Beispiele behandeln u.a. Biosensoren von Oxford Biosensors, bildgebende Systeme von Philips und Schering sowie die auf Polymeren basierende Krebstherapie von Celltech.

Unter dem Vorsitz von Frau Professor Ruth Duncan von der Cardiff University, VK, gibt der Bericht folgende Empfehlungen:

– Eine strategische Konzentration auf die Nano-Therapie bei schweren Erkrankungen wie z.B. Krebs, neurodegenerativen Erkrankungen und Störungen des Herz-Kreislauf-Systems

– 5- und 10-Jahrespläne, um die Fertigungsindustrie in die Lage zu versetzen, sich auf die Herstellung von in vitro Multi-Analyte-Nanodiagnostika und in vivo Nanosensoren und -geräten einzustellen

– Interdisziplinäre Weiterbildung und Schulung in Nanomedizin, um sicherzustellen, dass Europa über genügend Spezialisten auf dem Gebiet verfügt und um die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte zu verhindern

– Unterstützung von Kollaborationen in der Nanomedizin zwischen Wissenschaftlern und der Industrie einschliesslich Zugang zu Produktionseinrichtungen

– Eine Bestätigung, dass Nano-Arzneimittel eine neue Klasse von Pharmazeutika darstellen und dass ein neuer genehmigungsbehördlicher Ansatz erforderlich ist

– Eine Gegenüberstellung von Sicherheits- und Umweltbelangen wie z.B. die Toxizität

– Die Gewähr, dass Politiker, Presse und Öffentlichkeit über die Nanomedizin informiert sind und ihre Vorteile und möglichen Nachteile verstehen

„Wir hoffen, dass dieser Bericht begrüsst wird und für entsprechendes Handeln sorgt,“ schliesst Frau Professor Duncan. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns am Beginn einer neuen Ära befinden und dass die Umsetzung dieser Empfehlungen Europa in die Lage versetzen sollte, weiterhin eine führende Rolle bei der kontrollierten Entwicklung der Nanomedizin zu spielen.“

Der Geschäftsführer der ESF, Bertil Andersson, sagte, dass er „mit dem erfolgreichen Abschluss dieser Zukunftsstudie als einer ersten Aufgabe dieser Art, die sich auf medizinische Anwendungen der Nanowissenschaft und Nanotechnologie konzentriert, zufrieden“ ist. Er fügte hinzu, dass die Umsetzung der in der Zusammenfassung der Grundsätze dargelegten Empfehlungen sicherstellen sollte, dass Europe weiterhin auf dem neuesten Stand der Forschung und Entwicklung in der Nanomedizin bleibt. Ganz wichtig ist, dass dies zu einer „Reduzierung der Kosten im Gesundheitswesen und zu einer raschen Realisierung des medizinischen Nutzens für alle Bürger Europas führen wird.“

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Claus Nowotny presseportal

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