Wie der Handel von Toyota lernen will

Lean Retailing senkt die Kosten und steigert den Gewinn – Neue Untersuchung zum Supply Chain Management im europäischen Einzelhandel

Erst hat Toyota die Welt-Automobilproduktion revolutioniert. Jetzt wollen andere Branchen von den Japanern lernen. Nach Lean Production kommt „Lean Retailing“ – ein effizientes Prozessmanagement, mit dem der deutsche Einzelhandel seine anhaltend schwache Profitabilität steigern will. Bei konsequenter Umsetzung können Händler ihren Gewinn um bis zu 25 Prozent erhöhen. Möglich wird das durch genau aufeinander abgestimmte Aktivitäten in der gesamten Lieferkette vom Produzenten bis ins Verkaufsregal. Vereinfachte Prozesse sorgen dafür, dass Waren schneller zum Kunden gelangen, teure Lagerbestände sinken und dem Händler mehr Zeit für Service bleibt. Das sind Ergebnisse einer neuen Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company und Professor Ulrich Thonemann von der Universität zu Köln. In der bislang umfangreichsten Erhebung zum Thema Supply Chain Management im Handel hat die internationale Unternehmensberatung die Lieferketten von 33 Einzelhändlern in vier europäischen Ländern unter die Lupe genommen.

Die Untersuchung zeigt: Händler, die Lean Retailing anwenden, bringen es auf einen im Durchschnitt 61 Prozent geringeren Leerstand in den Regalen und einen um 37 Prozent niedrigeren Warenbestand. Bei Wettbewerbern ohne schlankes Supply Chain Management sind bis zu 20 Prozent des Sortiments für den Käufer nicht verfügbar. Auch bei den Logistikkosten haben Einzelhändler mit effizienten Prozessen die Nase vorn. Sie wenden dafür durchschnittlich 3,4 Prozent ihres Umsatzes auf; bei ihren Konkurrenten sind es 4,5 Prozent und bei Einzelnen sogar mehr als 6 Prozent.

„Noch immer glauben viele Händler, dass stets gefüllte Regale und guter Service gleichzeitig hohe Kosten bedeuten. Doch das ist kein Widerspruch. Obwohl sich alle Befragten der zunehmenden Bedeutung von effizientem Supply Chain Management bewusst sind, hapert es bei einem Großteil an der konsequenten Umsetzung“, so Klaus Behrenbeck, Director im Kölner McKinsey-Büro und Leiter des deutschen Konsumgüter- und Handelssektors.

Fünf Faktoren sind erfolgsentscheidend

Kennzeichnend für besonders leistungsfähige und umsatzstarke Händler sind nach der McKinsey-Studie fünf Erfolgsfaktoren: eine schlanke Filiallogistik, ein effizienter Warenfluss, eine fokussierte Zusammenarbeit mit Herstellern, eine automatisierte und nachfrageorientierte Steuerung des Nachschubs sowie eine prozessübergreifende Supply-Chain-Organisation.

Die in der Untersuchung am besten abschneidenden Händler setzen die Kooperation mit Herstellern gezielt zur Leistungssteigerung ein. So tauschen 60 Prozent mit der Industrie Kennzahlen zum Regalbestand oder der Lieferzuverlässigkeit aus – doppelt so häufig wie weniger aufgeschlossene Wettbewerber. Strafzahlungen bei verspäteter Lieferung oder schlechter Produktqualität sollen helfen, dem Kunden konstante Leistungen anzubieten und die eigenen Bearbeitungskosten zu senken.

In puncto Radio Frequency Identification (RFID) zeigt sich der Einzelhandel skeptisch. Bis zum Jahr 2010 streben die Befragten an, sechs Prozent ihrer Produktverpackungen mit der neuen Technologie zu kennzeichnen. Auch die flächendeckende Einführung von RFID für Paletten oder Kartons wird länger dauern als von vielen erwartet. Erschwerend kommt hinzu, dass noch nicht entschieden ist, wer die Kosten für RFID-Chips übernehmen wird – der Handel oder die Industrie.

Weiter zunehmende Konzentration, anhaltender Preisdruck und neue technologische Möglichkeiten sind nach der McKinsey-Studie Herausforderungen, denen sich Supply Chain Manager künftig stellen müssen. Bis 2010 wird der Anteil des Umsatzes, für den der Händler selbst die Logistik übernimmt, von derzeit durchschnittlich neun auf 23 Prozent steigen. Darüber hinaus nimmt der elektronische Datenaustausch zu und macht den Warenfluss transparenter. Intelligente Prognosesysteme wickeln die Nachbestellungen der Händler künftig automatisch ab.

Die Autoren der Studie, Ulrich Thonemann, Klaus Behrenbeck, Jörn Küpper und Karl-Hendrik Magnus, haben ihre Ergebnisse in einem Buch zusammengefasst. Die Monografie „Supply Chain Excellence im Handel“ ist im Gabler Verlag erschienen.

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http://www.mckinsey.com

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