UKE-Studie: Ecstasy kann das Gedächtnis schädigen

Hoch dosierter und anhaltender Konsum der Droge Ecstasy kann zu Gedächtnisschäden führen. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie, die heute in der renommierten Fachzeitschrift „Addiction“ veröffentlicht wird.

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben herausgefunden, dass fast die Hälfte aktueller Ecstasykonsumenten und mehr als die Hälfte ehemaliger Ecstasykonsumenten einer untersuchten Stichprobe die Kriterien für eine durch Drogen hervorgerufene Gedächtnisstörung (eine so genannte substanzinduzierte kognitive Störung) erfüllen. Auch noch fünf Monate nach Beendigung des Ecstasykonsums waren diese Beeinträchtigungen bei einigen Konsumenten nachweisbar.

Die Forschungsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Rainer Thomasius, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, untersuchte vier Gruppen mit jeweils 30 Probanden, die hinsichtlich Alter, Geschlecht und Ausbildungsstatus übereinstimmten. Die Gruppen wurden nach Konsumgewohnheiten unterschieden:

  • aktuelle Ecstasykonsumenten,
  • ehemalige Ecstasykonsumenten,
  • Mischkonsumenten, die verschiedene Substanzen, jedoch nicht Ecstasy einnehmen (Ecstasykonsumenten nehmen üblicherweise zusätzlich verschiedene andere Substanzen ein, unter anderem Cannabis, Amphetamine, teilweise Kokain. Daher ist es notwendig, sie von der Gruppe der Mischkonsumenten ohne Ecstasykonsum abzugrenzen.)
  • drogenabstinente Kontrollpersonen.

Während in vorausgegangenen Studien anderer Forschungsgruppen Probanden im Selbstbericht über Auswirkungen des Substanzmissbrauchs Auskunft gegeben haben, erfassten in dieser Studie trainierte Psychologen die psychischen Auswirkungen des Konsums mittels standardisierter diagnostischer Kriterien.

Die Ecstasykonsumenten fielen durch häufiges Vorkommen von substanzinduzierten kognitiven und depressiven Störungen sowie Angststörungen auf. Substanzinduzierte Gedächtnisstörungen wurden bei 59 Prozent der ehemaligen Ecstasykonsumenten und 50 Prozent der aktuellen Ecstasykonsumenten diagnostiziert. Bei den Mischkonsumenten ohne Ecstasykonsum waren dies nur 17 Prozent. Substanzinduzierte depressive Störungen wurden bei 24 Prozent der ehemaligen Ecstasykonsumenten und bei 20 Prozent der aktuellen Ecstasykonsumenten gefunden (Mischkonsumenten ohne Ecstasykonsum: 0 Prozent). Die Kriterien für substanzinduzierte Angststörungen wurden von 14 Prozent der ehemaligen Ecstasykonsumenten und von 17 Prozent der aktuellen Ecstasykonsumenten erfüllt (Mischkonsumenten ohne Ecstasykonsum: 3 Prozent). Außerdem wurde bei 73 Prozent der Ecstasykonsumenten eine schwere Abhängigkeit von der Substanz Ecstasy klinisch festgestellt (Kriterien, die zur Diagnose führen: die Kontrollfähigkeit gegenüber Beginn, Beendigung und Menge des Konsums ist vermindert; zunehmend höhere Dosen sind erforderlich; andere Interessen oder Verpflichtungen werden fortschreitend zugunsten des Konsums vernachlässigt; der Konsum hält trotz drogenbedingter Beeinträchtigungen verschiedener Funktionen an).

Aufgrund des Missbrauchs verschiedener Substanzen (Ecstasy, Cannabis, Amphetamine, Kokain) war es nicht immer möglich, eine spezielle Substanz zu identifizieren, welche für die substanzinduzierte psychische Störung verantwortlich ist. Da jedoch die kognitiven und psychischen Störungen bei Konsumenten mit Ecstasykonsum deutlich häufiger vorkamen, resümieren die Forscher, dass Ecstasy für diese Störungen verantwortlich ist oder dass diese Substanz eine erhöhte individuelle Empfindsamkeit für die negativen Auswirkungen anderer Drogen herbeiführt.

In Hinsicht auf substanzunabhängige psychische Störungen weichen die vier Gruppen nicht voneinander ab, auch nicht von der Allgemeinbevölkerung. Das bedeutet, dass die Motivation für den Ecstasykonsum nicht in vor Konsumbeginn bestehenden depressiven Störungen oder Angststörungen liegt.

Da nur „schwere“ Konsumenten mit hoch dosiertem und anhaltendem Konsum untersucht wurden (etwa 800 Konsumeinheiten Ecstasy im Mittel), sind Aussagen in Hinsicht auf moderate Konsummuster nicht möglich.

Bereits in vorausgegangenen Studien der Forschungsgruppe im UKE ergaben sich wiederholt Verdachtsmomente dafür, dass Ecstasy zu langfristigen Schäden im Bereich des zentralen Nervensystems mit Auswirkungen besonders im kognitiven Bereich führen kann. Gestützt wird dieser Verdacht durch die Ergebnisse zu spezifischen Gedächtnisstörungen (vor allem zu mittelfristiger Merkfähigkeit und Wortfindung), die mittels neuropsychologischer Methoden gewonnen wurden, sowie zur Veränderung der Zahl funktionsfähiger Nervenendigungen in bestimmten Hirnarealen (Nachweis durch nuklearmedizinische Methoden). Die deutliche Dosis-Wirkungsabhängigkeit zwischen Ecstasykonsum und neuropsychologisch nachweisbaren Gedächtnisstörungen wird als weiterer wichtiger Hinweis auf eine ursächliche Beteiligung von Ecstasy gewertet.

Die aktuellen Studienergebnisse der Forschungsgruppe im UKE geben erneut Anlass, besonders vor hoch dosiertem, hoch frequentem und in kurzen Abständen wiederholtem Ecstasykonsum zu warnen und auf das Risiko neurotoxischer Wirkungen von Ecstasy hinzuweisen.

Weitere Informationen bei Prof. Dr. Rainer Thomasius, Tel.: 040/42803-4217

Media Contact

Dr. Marion Schafft idw

Weitere Informationen:

http://www.uke.uni-hamburg.de

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