Schwerstarbeit über den Wolken?

IfADo -Biomechaniker berechnen Rückenbelastung bei Flugpersonal

Wer in der Ferienzeit im Flugzeug sitzt, freut sich meist auf den wohlverdienten Urlaub – und denkt nur selten darüber nach, dass der Ferienflieger für andere auch ein Arbeitsplatz ist. Manchmal als „Saftschubser“ (oder im Englischen „Trolley dollies“) verunglimpft, wird das Flugbegleitpersonal nicht immer angemessen gewürdigt. Dabei kann der Bordservice teilweise Schwerarbeit sein – das ergaben neue Untersuchungen einer von der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen initiierten Studie, an der neben namhaften Fluggesellschaften das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitsschutz in Sankt Augustin (BGIA), das Institut für Arbeitswissenschaften der TU Darmstadt und das Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (IfADo) beteiligt waren.
Vor allem bei Kurzstreckenflügen wird der Getränke- und Essensservice auch während des Steig- und Sinkfluges durchgeführt. Dabei kann der Kabinenboden eine deutliche Steigung aufweisen, über die die schweren Servierwagen hochgeschoben oder gezogen werden. Je nach Beladung und Bodenschräge bedeutet dies dann harte körperliche Arbeit.

Die TU Darmstadt untersuchte bei etwa 500 Flugbegleitern die individuelle Leistungsfähigkeit, und in Sankt Augustin wurden in einer aufwendigen Labornachbildung des Flugzeugganges die Körperhaltungen und ausgeübten Kräfte von Flugbegleitern beim Bewegen der Trolleys gemessen. Darauf aufbauend untersuchte das IfADo-Team um den Biomechaniker Matthias Jäger die Belastung der Lendenwirbelsäule mit Hilfe von komplexen Computersimulationen. In einigen Fällen fanden die Wissenschaftler eine starke Überlastung der Wirbelsäule, die auf Dauer zu körperlichen Schäden führen kann – aber auch rückenschonendere Handhabungen, die dies verhindern können.

Die Servierwagen gibt es in einer langen und einer kurzen Ausführung, wobei gerade die kurzen Trolleys beim Ziehen extrem leicht kippen. Geschicktes Greifen verhindert das Kippen, wodurch gleichzeitig die Wirbelsäule entlastet wird. Bei den anderen Handhabungen kann ebenfalls durch geschicktes Arbeiten der Rücken entlastet werden, fanden die Dortmunder Forscher heraus.

Die im Rahmen der Untersuchungen entwickelten Messtrolleys eignen sich auch dafür, zukünftiges Bordpersonal zu schulen und so rückengerechtere Bewegungen zu trainieren. Passendes Schuhwerk mit flachen Absätzen und griffigen Sohlen erweisen sich ebenfalls als sinnvoll. „Außerdem sollte schon bei der Konstruktion der Trolleys besonders auf die Kippstabilität geachtet werden und die Erhaltung der Rollfähigkeit durch regelmäßige Wartung gewährleistet werden“, betont Jäger. Wenn schließlich bei der Arbeitsorganisation noch berücksichtigt wird, dass sich besonders schwere Wagen besser zu zweit bewegen lassen, wird das Risiko von Dauerschäden verringert – und das Lächeln der Flugbegleiter vielleicht noch strahlender bei der Frage: „Was möchten Sie trinken?“

Kontakt: PD Dr. Matthias Jäger, 0231-1084-267, mjaeger@ifado.de

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Cornelia von Soosten idw

Weitere Informationen:

http://www.ifado.de

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