Klima: Vor 125.000 Jahren kam Deutschland ins Schwitzen

Wem die vergangenen Sommer schon zu heiß waren, den tröstet vielleicht ein Blick in die Vergangenheit: Während der letzten Warmzeit vor 125.000 Jahren lagen die Sommertemperaturen in Deutschland durchschnittlich noch um ein bis zwei Grad höher als heute. Zu diesen Ergebnissen kommen Klimaforscher aus Hamburg und Berlin zusammen mit Paläontologen der Universität Bonn. In ihrer Studie haben sie eine Computersimulation gegen ein Verfahren antreten lassen, das Klimadaten aus Pflanzenfossilien herleitet. Erfreuliches Ergebnis: Beide Methoden lieferten ähnliche Resultate; die Klimamodelle scheinen also auch für die Vergangenheit gut zu funktionieren.

Ursache der hohen Temperaturen waren damals übrigens nicht die Treibhausgase – deren Konzentration war in vorindustrieller Zeit weit niedriger als heute. Unterschiede in Erdneigung und -umlaufbahn sorgten stattdessen in hohen Breiten für eine stärkere Sonneneinstrahlung. Der Artikel ist in der renommierten Zeitschrift „Geophysical Research Letters“ (Band 32, Heft 11) erschienen und wurde von den Herausgebern zum „Journal Highlight“ gewählt.

Jede Blume, jeder Baum, jeder Strauch hat sein ganz spezifisches „Wohlfühl-Klima“. Damit neben einer Buche auch noch Bärlauch und Buschwindröschen wachsen, muss das Klima allen drei Pflanzen zusagen. „Wir finden häufig an ein und derselben Fossillagerstätte Pflanzenreste wie Früchte, Samen oder Blütenstaub von über zehn verschiedenen Arten“, erklärt Professor Dr. Thomas Litt, Paläobotaniker an der Universität Bonn. „Für keine dieser Pflanzen ist es damals zu warm oder zu kalt, zu feucht oder zu trocken gewesen. Aus ihren Standortansprüchen können wir daher Wahrscheinlichkeitsaussagen über das Klima ableiten und somit ziemlich genau die damaligen Temperaturen rekonstruieren.“

Mit dieser Methode haben Litt und sein Mitarbeiter Norbert Kühl Klimakarten für die so genannte Eemwarmzeit vor etwa 125.000 Jahren gezeichnet. Frank Kaspar vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und Ulrich Cubasch von der FU Berlin haben einen Klimarechner an dieselbe Aufgabe gesetzt. Mit vergleichbarem Ergebnis: „Nördlich der Alpen war es damals im Sommer rund ein bis zwei Grad wärmer als heute“, fasst Litt die Resultate zusammen. Im Winter herrschten dagegen in Westeuropa um ein bis zwei Grad kältere Temperaturen, während man sich in Skandinavien und Osteuropa nicht so dick hätte vermummen müssen wie heute: In Finnland war es damals mehr als 5 Grad wärmer.

Vor 125.000 Jahren bevölkerten erst wenige Menschen unseren Planeten; die Treibhausgas-Konzentration lag erheblich niedriger als heute. Dennoch kam es in den letzten 800.000 Jahren immer wieder zu extremen Klimaschwankungen, die einem strengen Rhythmus folgten: Auf Warmzeiten von durchschnittlich 11.000 Jahren Länge folgte jeweils eine Periode der Abkühlung; dieser Zyklus wiederholte sich alle 100.000 Jahre. Als Grund dafür sehen viele Experten regelmäßige Änderungen der Erdbahn-Parameter. So läuft die Erde nur alle 100.000 Jahre auf exakt derselben Bahn um die Sonne, und auch die Neigung der Erdachse bleibt nicht konstant: Sie pendelt zwischen 21,8 und 24,4 Grad; momentan liegt sie bei 23,5 Grad. Diese so genannten „Milankovich-Zyklen“ beeinflussen die Sonneneinstrahlung.

Die Berliner und Hamburger Forscher haben ihren Rechner daher vor der Simulation mit den Erdbahnparametern während der Eeemwarmzeit sowie der damaligen Konzentration der Treibhausgase gefüttert. Dass die klimatischen Fieberkurven nun bei beiden Methoden nahezu parallel verlaufen, bestätigt den enormen Einfluss, den Erdumlaufbahn und -Neigung auf unser Klima haben. Für die damaligen milden Winter sind überdies ein erhöhter Transport von warmen ozeanischen Luftmassen und eine geringere Eisbedeckung des arktischen Meeres verantwortlich.

Media Contact

Frank Luerweg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

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