Wie leben wir im Jahr 2030?

Studenten der TU Chemnitz und der Universität Magdeburg entwickelten Zukunftsprognosen – Arbeitslosenproblem wird nicht vollständig lösbar sein

Keiner weiß, was die Zukunft bringen wird. Immer neue schlechte Nachrichten verunsichern die Menschen. Die Frage, wie es weitergehen soll, wird immer öfter gestellt. Und eben dieser Problematik ist ein Seminar nachgegangen, das gemeinsam von der Technischen Universität Chemnitz und der Universität Magdeburg durchgeführt wurde. Darin entwickelten insgesamt 34 Studenten verschiedene Thesen zu der Frage: „Wie leben wir 2030?“ Die Seminarteilnehmer griffen dabei auf etwa 120 Fachartikel zurück, studierten 130 Quellen im Internet und werteten 40 Bücher von Zukunftsforschern aus. Prognosen von verschiedenen renommierten Institutionen wie dem Statistischen Bundesamt und dem Deutschen Institut für Altersvorsorge wurden ebenso ausgewertet.

„Die Erwartungen sind pragmatisch und in keiner Weise weder pessimistisch noch unrealistisch optimistisch“, so Prof. Dr. Friedrich Thießen, Inhaber der Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre der TU Chemnitz, zu den Ergebnissen. Folgende Gebiete wurden in der Studie untersucht: Arbeitsmarkt, Rentensystem, Wohnungsmarkt, Kapitalanlagen, Technik und Finanzmarkt, Rohstoffe und Energie sowie Freizeit, Gesundheitssystem und Bildung. Unterstützt wurden die Studenten neben Prof. Dr. Friedrich Thießen auch von Prof. Dr. Fritz Helmedag, der die Chemnitzer Professur Mikroökonomie innehat und von Prof. Dr. Horst Gischer, Professor der Volkswirtschaftslehre der Universität Magdeburg. Das Projekt startete im Juli 2004. Die Ergebnisse wurden nun in einer Studie zusammengefasst und sind online abrufbar.

Hier einige Kernaussagen der Studie:

Auf dem zukünftigen Arbeitsmarkt sehen die Studenten Veränderungen hinsichtlich der Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit – trotz des derzeit gegenläufigen Trends. Das Arbeitslosenproblem wird sich wegen anhaltender struktureller Veränderungen in der Wirtschaft nicht vollständig lösen lassen. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit wird sich gleichwohl stark verringern, was insbesondere über ein wachsendes Einkommensgefälle erreicht wird. Der geringe Anteil Erwerbstätiger an der Zahl zu versorgender Menschen zwingt einfach dazu, mit Sozialleistungen weniger großzügiger zu sein. Folge ist auch ein Anstieg des Durchschnittsalters der Arbeitnehmer. Hoffnungen, die Arbeitslosigkeit einfach und automatisch durch die abnehmende Bevölkerungszahl lösen zu können, haben die Studierenden nicht. Politiker, die daran glauben, machen es sich ihrer Meinung nach zu einfach.

Die Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen, die mit Dienstleistungen verschiedener Art verbunden sind, wird durch die zunehmende „Vergreisung“ der Bevölkerung steigen. Parallel wird das Angebot steigen. Dabei werden auch aus Kostennotwendigkeiten heraus ganz neue Wohnformen entwickelt werden. Das traditionelle Altenwohn- oder Pflegeheim wird nur eine Alternative unter vielen darstellen – entsprechend vorsichtig sollte man bei Investitionen in Wohnanlagen für Ältere sein.

Das Internet wird nicht mehr wegzudenken sein. Es wird weiter ausgebaut und neue zusätzliche attraktive Leistungen bieten. Dies gilt für die gesamte Informationstechnologie. In diesem Punkt stehen wir erst am Anfang spektakulärer Entwicklungen. Angesichts viele heute bereits bekannter, vielversprechender Basistechnologien, die noch ausbaufähig sind, nehmen die Studenten an, dass Forschung und Entwicklung bis 2030 einen hohen Stellenwert behalten und die Wandlung zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft in den Industrieländern weiter fortgesetzt wird.

Die Grundbedürfnisse der Menschen werden sich aber nicht ändern, so dass heute bekannte Freizeittrends in Verbindung mit Natur, Pflege, Wellness, Spiel und Unterhaltung auch 2030 noch die Regel sein werden. Im gesundheitlichen Bereich sind die Reduzierung von Leistungen und/oder die Erhöhung der Beitragssätze absehbar. Gleichwohl wird die Daseinsvorsorge nicht großflächig auf kapitalgedeckte Systeme übertragen werden, weil die Sicherungswirkung derartiger Systeme unabsehbar ist. Umlagefinanzierte Systeme werden auch 2030 als gerechter empfunden werden und daher das Hauptstandbein der Kranken-, Alters- und Risikoversicherung bleiben.

Die Bildung wird weiterhin vom Staat getragen und auch staatlich finanziert. Mittelfristig werden aber alle Bundesländer Studiengebühren erheben, die Finanznot der Hochschulen bleibt dennoch bestehen – auch deshalb, weil man in diesem Bereich sparen kann, ohne dass es der breiten Wählermasse auffällt.

Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Friedrich Thießen, Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre der TU Chemnitz, Telefon (03 71) 5 31 – 41 74, E-Mail friedrich.thiessen@wirtschaft.tu-chemnitz.de und Prof. Dr. Fritz Helmedag, Inhaber der Professur Mikroökonomie der TU Chemnitz, Telefon (03 71) 5 31 – 41 82, E-Mail f.helmedag@wirtschaft.tu-chemnitz.de .

Die vollständigen Studienergebnisse im Internet: www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl4/leben2030.pdf .

(Autorin: Daniela Müller, Praktikantin in der Pressestelle der TU Chemnitz)

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Alexander Friebel Technische Universität Chemnitz

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