"Zu einem modernen Lebensstil gehören Kinder"

Bundesministerin Renate Schmidt und Prof. Dr. Renate Köcher präsentieren Studie zu Zeitfenstern für Kinderwünsche

Unter welchen Bedingungen sich junge Menschen im Lebensverlauf für Kinder entscheiden, zeigt die Studie „Das subjektive Zeitfenster für die Elternschaft“ des Instituts für Demoskopie Allensbach, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben hat. Bundesfamilienministerin Renate Schmidt und die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Prof. Dr. Renate Köcher, stellten Ergebnisse und Folgerungen aus der Studie heute in Berlin vor.

„Wir brauchen Zeit für Kinder – das gilt nicht nur für Männer und Frauen, die bereits Eltern sind. Das gilt besonders auch für Männer und Frauen, die sich die Erfüllung ihrer Kinderwünsche versagen, weil sie meinen, keine Zeit für Kinder zu haben. Es muss wieder üblich werden, dass zu einem erfüllten Leben gehört, Kinder zu haben. Denn zu einem modernen Lebensstil gehört ein Leben mit Kindern“, erklärte Bundesministerin Renate Schmidt.

Die Ergebnisse der Studie stützen sich auf die repräsentative Befragung von 1.856 Personen im Alter zwischen 16 und 44 Jahren. Sie geben Auskunft darüber, wie Kinderwünsche und Familienplanung derzeit blockiert werden. So zeigt die Studie, dass sich zwar das biologische „Zeitfenster“, in dem eine Frau Mutter werden kann, vergrößert hat. Jedoch hat sich im Gegenzug das Zeitfenster für die subjektiven Kinderwünsche verengt – je älter die Menschen, desto geringer ihr Kinderwunsch. Auch soziokulturelle Faktoren, wie z. B. gesellschaftliche Leitbilder, beeinflussen die Familiengründung.

Die Studie bestätigt die nachhaltige Familienpolitik der Bundesregierung. Unterstützung bekommt die Bundesregierung von den wichtigen gesellschaftlichen Institutionen und prominenten Vertreterinnen und Vertretern der Verbände, der Gewerkschaften, der Kirchen und der Wirtschaft. „Mein Ziel ist es, dass wir Deutschland bis zum Jahr 2010 gemeinsam zum familienfreundlichsten Land Europas machen“, sagte Bundesministerin Renate Schmidt. „Unsere Gesellschaft muss den Kinderwunsch von Frauen und Männern ernst nehmen und ihnen Mut zum Kind geben – gleich, ob sie junge oder ältere Eltern werden. Wir müssen die Erst-Mal-Mentalität überwinden, die vor das Kind ’erst mal’ Berufseinstieg, Hausbau, Heirat, großes finanzielles Polster setzt. Junge Menschen sind überfordert, wenn sie in einer kurzen Phase alles auf einmal bewältigen müssen. Wir brauchen eine zeitliche Entzerrung.“

Eine familienfreundliche Hochschule kann helfen, Elternschaft vor dem Berufseinstieg z. B. während Ausbildung attraktiver zu gestalten. 11 Universitäten und (Fach-)Hochschulen beteiligen sich mit diesem Ziel bereits an der Bundesinitiative „Lokale Bündnisse für Familie“, so in Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Jena, Kassel, Mannheim, Freiburg und Trier. Die Bundesministerin will die Rektorenkonferenz ansprechen, um sie für weitere Bündnisbeteiligungen zu gewinnen. Familiengründung in der Ausbildung wird auch ein Thema des Zusammenschlusses von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften „Allianz für die Familie“ werden. „Kammern und Unternehmen betreiben Zukunftssicherung, wenn sie dafür Sorge tragen, dass Schwangerschaft in der Ausbildung für junge Mütter nicht mehr automatisch gleichbedeutend ist mit dem Abbruch der Ausbildung“, hob die Bundesministerin hervor und betonte ferner: „Im internationalen Vergleich hat Deutschland zu lange Ausbildungszeiten. Andere Länder zeigen: Bildung muss früh beginnen, damit Ausbildung früher enden kann.“ Der Wissenschaftliche Beirat für Familienfragen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte kürzlich empfohlen, Regelungen für Ausbildung in Teilzeit einzuführen, um Auszubildenden mit Kindern den Abschluss ihrer Ausbildung zu ermöglichen.

Zentrale Ergebnisse der Studie „Das subjektive Zeitfenster für die Elternschaft“:

  • Seit 1990 hat sich das generative Verhalten zunehmend verändert. Es werden nicht nur weniger Kinder geboren, sondern diese auch später: Bis 1990 hatten fast 60 Prozent der Frauen zwischen 25 und 29 Jahren bereits Kinder, heute sind es nur noch 29 Prozent. Die biologisch besten Jahre vor 30 werden nur noch halb so oft genutzt. Lange dachte man, die Geburten würden nur aufgeschoben, aber das ist nur die halbe Wahrheit: Die Geburtenzahlen der älteren Jahrgänge gleichen den Verlust bei den jüngeren bei weitem nicht aus. Entscheidender Grund: mangelnder Kinderwunsch.
  • Ab 35 Jahren nimmt der Kinderwunsch rapide ab. 94 Prozent der 16- bis 26-jährigen Frauen und 86 Prozent der Männer wünschen sich Kinder, aber zwischen 35 und 44 Jahren sind es nur noch 45 Prozent der Männer und sogar nur 30 Prozent der Frauen, über 40 Jahren nur noch 7 Prozent. Wenn es eine Chance für Kinder gibt, so liegt sie in den jüngeren Jahren.
  • Höhere Qualifizierung verhindert viele Familiengründungen. In einfachen und mittleren Bildungsschichten kommen die Kinder heutzutage später. Aber sie kommen. In höheren Bildungsschichten kommen sie später – aber immer seltener: Das führt zu steigender Kinderlosigkeit bei gut ausgebildeten Frauen. Seit 1991 ist ihr Anteil unter den 20- bis 44-jährigen Frauen von 24 Prozent auf 31 Prozent gestiegen.
  • Lange Ausbildungszeiten sind familienfeindlich. Zwischen 1975 und 1995 hat sich die Ausbildungszeit in Deutschland deutlich ausgedehnt: Junge Menschen beenden heute einen Lehrberuf 2,4 Jahre später, sie verlassen die Fachhochschule fast 3 Jahre und die Universität 1,8 Jahre später.
  • Problematische Leitbilder: Anerkennung ohne Kinder – aber nicht ohne Beruf Leitbilder bestimmen unsere Prioritäten, und hier rangiert der Beruf eindeutig vor dem Kind: Nur 7 Prozent finden, dass Kinder die Voraussetzung für gesellschaftliche Anerkennung sind. Aber 29 Prozent sagen, dass dies der Beruf ist. Kinder kollidieren heutzutage oft mit beruflichen Interessen. Von den unter 27-jährigen Kinderlosen erwarten 29 Prozent eine solche Kollision – bei höherer Bildung sind es sogar 61 Prozent.
  • Elternschaft vor Dreißig passt nicht ins Leitbild Zwar meint die große Mehrheit, dass die beste Zeit für Geburten für Frauen zwischen 20 und 25 Jahren liegt. Doch de facto erwarten 38 Prozent Nachteile und nur 25 Prozent Vorteile, wenn sie in diesem Alter Kinder bekommen. Im Osten Deutschlands sind diese Vorbehalte mit 34 Prozent (West: 39 Prozent) etwas weniger ausgeprägt.
  • Einstellungen in Ost- und Westdeutschland zur mütterlichen Erwerbstätigkeit 55 Prozent der Westdeutschen meinen, eine Mutter solle ihrem Kind zuliebe (vorübergehend) ihren Beruf aufgeben, aber nur 41 Prozent der Ostdeutschen. Im Hinblick auf die Investitionen in die Ausbildung wollen 29 Prozent im Westen, aber 47 Prozent im Osten unverändert weiterarbeiten. Im Hinblick auf Schwierigkeiten beim beruflichen Wiedereinstieg sind es 33 Prozent im Westen gegenüber 57 Prozent im Osten.
  • Die meisten Mütter in Deutschland scheiden (zumindest vorübergehend) aus dem Beruf aus Über 76 Prozent der befragten Mütter haben nach der Geburt ihres Kindes den Beruf aufgegeben (53 Prozent) oder eingeschränkt (23 Prozent). Nur zehn Prozent haben unverändert weiter gearbeitet. Zwar bedauern nur 15 Prozent den (zeitweisen) Rückzug aus dem Beruf, aber er bringt sie in einen Konflikt: Sie müssen auf das verzichten, was gesellschaftliche Anerkennung bringt und die Existenz der Familie sichert.
  • Mängel der Vereinbarkeit werden für gravierender gehalten als finanzielle Belastungen durch Kinder Insbesondere für gut ausgebildete Frauen gilt: 43 Prozent der 23- bis 26-Jährigen fürchten Probleme bei der Vereinbarkeit. Unter den 31- bis 35-Jährigen befürchten 33 Prozent finanzielle Belastungen durch ein Kind. Aber 38 Prozent befürchten berufliche Probleme durch ein Kind.

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