Kein Verlass auf Ad hoc Netze – Darmstädter Studie legt Schwächen offen

Darmstädter Multimedia-Forscher warnen: Effiziente und verlässliche Kommunikation in heutigen Ad hoc Netzen nahezu unmöglich.

Darmstadt. „Eine effiziente und verlässliche Kommunikation in heutigen Ad hoc Netzen ist nahezu unmöglich“, sagt Matthias Hollick vom Lehrstuhl Multimedia Kommunikation (KOM) der TU Darmstadt. Unter seiner Leitung hat die Mobile Networking Gruppe des KOM verschiedene Bedrohungsszenarien für Ad hoc Netze simuliert. Unzulänglichkeiten machte sie vor allem bei Protokollen für das „Multihop-Routing“ aus. Diese Protokolle sollen sicherstellen, dass Daten über mehrere benachbarte Knoten geleitet werden. So können auch Geräte miteinander kommunizieren, die sich außerhalb der jeweiligen Funkreichweite befinden.

Störgrößen einkalkuliert

„Bei den Standardisierungsbemühungen der Internet Engineering Task Force stehen bislang hauptsächlich Kriterien wie Protokoll-Effizienz und Leistungsfähigkeit für statische und dynamische Netztopologien im Vordergrund. Die entworfenen Protokolle gehen dabei jedoch stets von kooperativen Netzknoten aus“, so Hollick. Die Darmstädter haben dagegen eigennützige Knoten und „Schwarze Löcher“ innerhalb von Ad hoc Netzen in ihre Untersuchung einbezogen. Eigennützige Knoten arbeiten unter der Prämisse, Strom zu sparen. Sie leiten Datenpakete deshalb nur dann weiter, wenn sie selbst Quelle oder Ziel der Kommunikation sind. Bösartige Angreifer, die alle Pakete gezielt anziehen um sie anschließend zu verwerfen, nennt man „Schwarze Löcher“. Ohne Rücksicht auf eigene Verluste missbrauchen sie die Protokollmechanismen gezielt, um dem Netz Schaden zuzufügen.

„Schwarze Löcher“ schaden besonders

Unter diesen Umständen sinkt die Verlässlichkeit von Ad hoc Netzen rapide. Die Forscher fanden heraus, dass für ein Szenario mit geringer Mobilität in mittleren bis großen Ad hoc Netzen (100 bis 500 Knoten)bereits fünf Prozent eigennützige Knoten einen durchschnittlichen Datenverlust von 20 Prozent hervorrufen können. Noch deutlich gravierender wirken sich nach Darmstädter Erkenntnissen die „Schwarzen Löcher“ aus. Schon bei einem Prozent solcher Knoten übersteigt der Verlust 50 Prozent aller Datenpakete für ein vergleichbares Szenario. Die Studie untersuchte außerdem, wie sich die Knotenmobilität sowie ausgewählte Protokolloptimierungen auf die Leistung und Robustheit des Netzes auswirken. „Mit dieser Untersuchung ist es gelungen ein ebenfalls in Darmstadt entwickeltes analytisches Modell zur Vorhersage von Wirkungen fehlverhaltender Knoten zu validieren und zu ergänzen“, ordnet KOM-Leiter Prof. Ralf Steinmetz die Forschungsergebnisse in die Arbeit seines Instituts ein. Derzeit arbeite man verstärkt daran, so Ralf Steinmetz, Lösungen für die beschriebenen Probleme zu finden.

Hintergrund Ad hoc Netze

Schon in wenigen Jahren erwarten Kommunikationsexperten Netze, die sich spontan bei Bedarf aus vorhandenen Rechnersystemen formen und, im Gegensatz zu heutigen Mobilfunknetzen, keinerlei feste Netzinfrastruktur benötigen. Anwendungen für diese sogenannten Ad hoc Netze sind beispielsweise die drahtlose Vernetzung persönlicher Multimedia-Geräte oder die Kommunikation von Sensoren und Aktoren in smarten Häusern. Im Gegensatz zu existierenden drahtlosen Kommunikationsnetzen, wie Mobilfunknetzen oder drahtlosen lokalen Netzen, benötigen Ad hoc Netze keine Basisstationen, sondern nutzen die direkte Kommunikation zwischen den Endsystemen. Die einzelnen Teilnehmer (Endknoten) übernehmen gleichzeitig die Rolle des Endsystems und des Routers (Zwischenknoten). Befinden sich zwei Knoten nicht in direkter Funkreichweite, muss ein Kommunikationspfad über andere Knoten aufgebaut werden. Dieses „Multihop-Routing“, also das Finden eines Weges sowie das Weiterleiten der Datenpakete über mehrere benachbarte Knoten, ist eine wichtige Basisfunktion in Ad hoc Netzen.

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