Kommunen optimistisch: Wirtschaftlichere Haushaltsführung dank Doppik

Deutschlands Kommunen sind optimistisch, durch die von der Innenministerkonferenz geforderte Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens ihre Haushalte besser in den Griff zu bekommen. Die Einführung der doppelten kaufmännischen Buchführung (Doppik) ist nach Ansicht der meisten Städte und Kreise geeignet, die Haushaltskonsolidierung zu unterstützen.

Vier von fünf Städten (81 Prozent) und über die Hälfte der Kreise (60 Prozent) gehen davon aus, dass die Doppik einen besseren Überblick über den „Konzern Kommune“ gestattet. 60 Prozent der Städte und die Hälfte der Kreise glauben, dank Doppik künftig wirtschaftlicher haushalten zu können. Das hat eine bundesweite Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG zum Thema „Haushaltskonsolidierung und Doppik“ ergeben, bei der mehr als 200 Kommunen befragt wurden (Rücklaufquote: 43 Prozent).

Dabei schätzen die Städte und Kreise das Konsolidierungspotenzial durchaus realistisch ein: „Die Doppik erschließt weder neue Geldquellen noch senkt sie bestehende finanzielle Belastungen. Viele von uns befragte Kommunen sind sogar der Ansicht, dass der Haushaltsausgleich durch die kaufmännische Rechnungslegung zunächst erschwert wird“, sagt Ulrich Maas, KPMG-Vorstand und Leiter Public Sector.

Finanzierungsdefizit macht Reformbedarf deutlich

Das Finanzierungsdefizit der kommunalen Haushalte belief sich 2003 auf fast 10 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Ursache: Die Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen sind rückläufig; gleichzeitig nehmen aber die Ausgaben für die Sozial- und Jugendhilfe zu. Vor diesem Hintergrund drängt die Innenministerkonferenz seit 1999 verstärkt auf eine grundlegende Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens. Die alte Verwaltungskameralistik soll durch die Doppik oder eine durch kaufmännische Stilelemente wesentlich erweiterte Kameralistik ersetzt werden. Nordrhein-Westfalen bildet die „Speerspitze“ der Reform: Dort ist die doppelte kaufmännische Buchführung ab 2009 für alle Kommunen verbindlich.

Doppik hat Steuerungsvorteile

Wie die KPMG-Umfrage ergab, kennen 85 Prozent der Städte und 72 Prozent der Kreise in Deutschland die Vollkosten (die Summe aus fixen und variablen Kosten) ihrer wichtigsten Gemeindeaufgaben nicht oder nur teilweise. Vor allem Kommunen, die ein Haushaltssicherungskonzept haben, um wieder einen ausgeglichenen Haushalt erreichen zu können, sehen offenbar die Steuerungsdefizite der Kameralistik und sprechen sich für eine grundlegende Reform des Gemeindehaushaltsrechts aus. Von ihnen ziehen fast 90 Prozent die Einführung der Doppik der erweiterten Kameralistik vor. Bei den Städten und Landkreisen ohne Haushaltssicherungskonzept sind es laut Umfrage 75 Prozent. Manfred zur Mühlen, Partner bei KPMG: „Die kritische finanzwirtschaftliche Lage vieler Kommunen wird sich durch die Einführung der Doppik allein natürlich nicht verändern. Die Doppik stellt aber umfassendere und bessere Informationen als die alte Kameralistik zur Verfügung. Wenn und soweit es gelingt, diese Informationen für die kommunale Entscheidungsfindung zu nutzen, könnte das durchaus im Sinne einer langfristigen Konsolidierung sein. Die Vorteile der Doppik müssen also eher langfristig gesehen werden.“

Chance zur Reorganisation

Kurzfristig könnte der mit der Doppikeinführung verbundene Aufwand sogar zu Lasten der Konsolidierung gehen, sagt etwa die Hälfte der Kommunen. Auch Prof. Gunnar Schwarting, Geschäftsführer des Städtetages Rheinland-Pfalz und Mitautor der Studie, konzediert: „Unstrittig ist, dass die Umstellung nicht zum Nulltarif zu haben ist: Vielleicht wird der erforderliche Aufwand von nicht wenigen Kommunen gar unterschätzt.“ Er weist in diesem Zusammenhang aber auch auf zwei Punkte hin: „Erstens bedarf die EDV-Plattform des Rechnungswesens in vielen Kommunen ohnehin dringend der Ablösung durch modernere, integrierte Verfahren. Insoweit entsteht durch die Doppikeinführung nur ein begrenzter zusätzlicher Aufwand. Außerdem bietet die Doppik die Chance zur Reorganisation, zur Vereinfachung und Entrümpelung von Verwaltungsabläufen. Das galt ähnlich bereits bei der Jahr 2000-Problematik und der Einführung des Euro. Hierdurch lassen sich durchaus auch auf mittlere Sicht Konsolidierungspotenziale heben.“

Mehrheit hat noch nicht mit Umstellung begonnen

Erst 33 Prozent der Städte und 41 Prozent der Kreise haben, so die KPMG-Umfrage, mit der Einführung der doppelten kaufmännischen Buchführung begonnen. Der überwiegende Teil führt erste Diskussionen oder beschäftigt sich mit der Projektvorbereitung. Als Laufzeit für die Umstellung des Haushalts- und Rechnungswesens veranschlagen Städte und Landkreise zwischen zwölf und 65 Monate. Rund 60 Prozent der Kommunen planen den Projektabschluss für 2007 oder 2008.

Sorgfältige Planung tut Not

„Fest steht: Die Doppik kommt“, so KPMG-Vorstand Ulrich Maas. „Ob sie aber auch positive Wirkung für die Haushaltskonsolidierung entfaltet, wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sorgfältig und zielführend man die Umstellungsmaßnahmen plant und wie der Umstellungsprozess gesteuert wird.“ 80 Prozent der Städte und Kreise veranschlagen etwa drei Jahre für die Doppikeinführung. KPMG-Manager Mark Fudalla: „Derart kurze Projektlaufzeiten erfordern eine individuelle und sehr genaue Projektablauf- und Ressourcenplanung und werden sich auch nur dann realisieren lassen, wenn dem Projekt in größerem Umfang Ressourcen zugeteilt werden.“ Die Umfrageergebnisse legen indes nahe, dass in diesen Bereichen teils erheblicher Nachholbedarf besteht. Viele Kommunen scheinen etwa den Ressourcenbedarf für die Umstellung noch nicht veranschlagt zu haben. Die Umfrageergebnisse sprechen außerdem dafür, dass die Kommunen die eher technischen Fragen der Umstellung sehr stark in den Vordergrund gerückt haben, etwa die Softwareauswahl und Vermögenserfassung. Darin kann eine Gefahr liegen: „Ebenso wichtig sind die so genannten weichen Faktoren: der Umgang mit Ängsten und Befürchtungen sowie die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese Faktoren gilt es von Anfang an systematisch in der Projektplanung zu berücksichtigen“, unterstreicht Fudalla.

Media Contact

Marita Reuter KPMG

Weitere Informationen:

http://www.kpmg.de

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