Zählen durch Sprachmangel unmöglich

Studie kritisiert den linguistischen Determinismus

Die amazonischen Stämme können keine größeren Zahlenaufgaben lösen, da ihnen durch ihr Zählsystem von „eins“, „zwei“ und „viele“ keine weiteren Zahlenbegriffe bekannt sind. Psychologen, Anthropologen und Linguisten erforschen schon jahrelang, ob Zahlen wahrgenommen werden können, auch wenn die nötige Sprache zur Beschreibung fehlt. Eine neue Studie des Verhaltensforschers Peter Gordon von der Columbia Universität hat nun das Sprachverhalten der Piraha-Stämme im Amazonas dahingehend untersucht, ob Menschen ohne Zahlenbegriff zählen können oder nicht. Die Studie sorgte für heftige Diskussionen um den linguistischen Determinismus, berichtete das Wissenschaftsmagazin Nature.

„Der Piraha-Stamm ist eine Jäger-und Sammler-Gruppe von rund 200 Menschen. Sie haben die ihnen gestellten Zähl-Aufgaben teilweise sehr mühsam erledigt und konnten bei längeren Zahlen nicht mehr folgen. Sie waren unfähig den Unterschied zwischen vier und fünf Objekten in einer Reihe zu erkennen, da in ihrem Leben noch keine Möglichkeit des Zählens bestand“, erklärte Gordon. Bei ansteigender Zahl der Objekte war es ihnen mit der Zeit unmöglich die gestellten Aufgaben zu lösen.

„Es gibt sicherlich einige Dinge, über die wir nachdenken, aber nicht reden können. Ich habe bewiesen, dass eine Sprachbegrenzung die Kognition beeinflusst. Die Studie ist der erste überzeugende Beweis, dass im Falle der Piraha ein Sprachmangel davon abhält über längere Zahlen nachzudenken“, sagte Gordon.

Ob die Sprache Gedanken formen kann, sollte unter anderem durch diese Studie bewiesen werden, dennoch sind die Forscher weit von einer Übereinstimmung entfernt. „Der linguistische Determinismus wird also weiterhin heftig diskutiert werden“, sagte Randy Gallistel, Psychologe der Rutger Universität in Piscataway, in New Jersey. Lisa Feigenson, Psychologin der John Hopkins Universität in Baltimore, hält die Studie für eines der besten Beispiele um darzustellen wie die Sprache Menschen komplett neu denken lässt. Gallistel glaubt, dass die Piraha es nicht erkannten, wenn ein Objekt mit einem anderem übereinstimmte und so hatten sie ernsthafte Probleme die Aufgaben zu lösen. Er argumentiert, dass es angeboren ist Zahlen zu begreifen und die Sprache nur ein Hilfsmittel zur Verfeinerung darstellt. Die Psychologin Susan Carey der Harvard Universität in Massachusettes behauptet, dass das Gegenteil der Fall sei, denn es mangelt uns an angeborenen Fähigkeiten, wie die Schwierigkeiten der Piraha mit Zahlen beweisen.

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Cavita Bolek pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.nature.com

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